Ein Tropfen Blut
sich dann aus dem Staub gemacht. Hört sich das nach einem eurer alten Kunden an?«
Schäfer warf einen abfälligen Blick auf ihren Salat und klemmte den Plastikdeckel wieder über den Teller. Dann polierte sie einen der Äpfel an ihrem Ärmel und biss hinein. »Spontan ist uns niemand eingefallen«, erklärte sie kauend. »Der Einzige, der so etwas in ähnlicher Form durchgezogen hat, sitzt.«
»Viel Spaß«, meinte Katharina freudlos. »Wenn das Opfer nicht ‘ne genaue Personenbeschreibung liefern kann, wird das ein verdammt hartes Stück Arbeit. Dem Ganzen scheint eine lange Planung vorausgegangen zu sein.«
»Glaub ich auch. Bisher haben wir nichts gefunden, was uns zum Täter führen könnte, nach dem Bericht des Krankenhauses muss er ein Kondom benutzt haben. Und es würde mich nicht wundern, wenn der die ganze Zeit ‘ne Maske getragen hätte.«
Katharina nuckelte den Rest Kaffee und prokelte die verknautschte Zigarettenbox aus der Hüfttasche ihrer Jeans. Annika war zwar Nichtraucherin, aber der Aschenbecher auf dem Schreibtisch war alles andere als unbenutzt.
»Hoffentlich wird das keine Serie«, unkte sie, nachdem die Spitze ihrer Zigarette angebrannt war.
»Beschrei es nicht«, bat Schäfer und stellte das Fenster auf ihrer Seite auf Kippe.
»Nee, da sind mir Leichen schon lieber«, erklärte Katharina. »Wenn ich mir die Akte so ansehe, die Frau ist doch für den Rest ihres Lebens gezeichnet.«
»Klar, aber wenn ihr den nächsten Mordfall habt, fängt das Lamentieren wieder an«, gab Schäfer mit einem Augenzwinkern zurück.
»Klappern gehört zum Handwerk«, antwortete Katharina. »Ab nächste Woche sind wir mit Bereitschaft dran. Hoffentlich bleibt es ruhig. Wobei… bei dem Zoff, der im Augenblick bei uns abgeht, würde ein frischer Mord vielleicht gut tun.«
»Spielst du auf die Ansprache dieser Staatsanwältin an?«
»Bin ich hier richtig?«, fragte eine schüchterne Stimme von der Tür her.
Die Beamtinnen drehten die Köpfe. Im Türrahmen stand eine zierliche Frau, höchstens eins sechzig groß. Ihre Hände klammerten sich an den Gürtel ihrer Sommerhose, während ihre Augen ängstlich umherirrten.
»Kommt drauf an«, antwortete Schäfer freundlich. »Was kann ich für Sie tun?«
»Sie machen doch das mit Vergewaltigungen?«
Katharina quetschte ihre Zigarette in den Aschenbecher und sah fragend zu Annika hinüber. Schäfer schüttelte unmerklich den Kopf und stand auf.
»Das stimmt, wir bearbeiten diese Delikte. Worum geht es?«
Die Frau lehnte sich an die Türzarge. »Na ja, ich hab das vorhin im Radio gehört. Von der Vergewaltigung heute Nacht.«
»Bitte, kommen Sie doch erst mal rein«, bat Schäfer und schob der Frau ihren Stuhl entgegen. »Haben Sie etwas gesehen?«
Zögernd kam die Frau ein Stück näher und hielt sich schließlich an der Stuhllehne fest.
»Möchten Sie eine Aussage machen?«, fragte Schäfer sanft.
»Ich…«, stotterte die Frau, brach dann aber wieder ab.
»Langsam«, nickte Schäfer. »Wollen Sie vielleicht einen Kaffee?«
Wieder kam nur ein Kopf schütteln als Antwort. »Haben Sie vielleicht eine Zigarette?«, fragte die Frau dann nach einem Räuspern.
Katharina zückte sofort ihre Packung, zog einen Glimmstängel ein Stück heraus und bot ihn der Besucherin an. Endlich setzte sich die Frau und griff gierig nach der Zigarette.
»Nun, worum geht es denn?«, wollte Schäfer wissen, nachdem Katharina ihr Feuerzeug wieder weggesteckt hatte.
»Ich weiß nicht… ob es derselbe war«, stotterte die Frau langsam. »Aber ich bin… ich bin auch vergewaltigt worden.«
Katharina tauschte mit ihrer Kollegin einen Blick. Annika hockte sich auf die Kante ihres Schreibtisches und faltete ihre Hände auf ihrem Oberschenkel.
»Wie heißen Sie denn?«
»Angela. Angela Forell«, kam es leise.
»Nun, Frau Forell, ich kann mir vorstellen, wie schwer es Ihnen gefallen ist, zu uns zu kommen. Aber Sie haben genau das Richtige getan. Können Sie uns erzählen, was Ihnen passiert ist?«
Angela Forell sah die Kommissarin aus feucht werdenden Augen an. Katharina wuchtete sich aus ihrem Sessel und drückte die Tür ins Schloss. »So, jetzt sind wir ungestört.«
Annika nickte ihr dankbar zu.
»Das ist schon ein paar Tage her«, begann Forell endlich ihren Bericht. Zuerst sprach sie stockend, mit vielen Unterbrechungen. Dann wurde ihre Stimme ein wenig kräftiger. Als ihre Zigarette heruntergebrannt war, versorgte sie Katharina mit Nachschub.
Nachdem die Frau ihren
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