Ein Tropfen Blut
Bericht beendet hatte, war es einen Moment ruhig.
»Frau Forell, ich muss Ihnen leider noch ein paar Fragen stellen, es lässt sich leider nicht vermeiden«, brach Annika die Stille. »Einverstanden?«
»Fragen Sie«, antwortete Forell tapfer.
»Der Täter hat am Straßenrand auf Sie gewartet. Können Sie sich erinnern, was das für ein Auto war, in das Sie gezerrt wurden?«
Sofort füllten sich die Augen der Zeugin wieder mit Tränen, aber sie biss die Zähne zusammen. »Ein VW-Bulli. Wissen Sie, das war so ein geschlossener Wagen, an den Seiten und hinten keine Fenster.«
»Können Sie sich zufällig an das Kennzeichen erinnern?«, mischte sich Katharina ohne viel Hoffnung ein.
»Das werde ich wohl nie in meinem Leben vergessen«, flüsterte Forell. »Bochum, KA 4280.«
Schäfer machte sich eine weitere Notiz, aber wenn der Täter nur halbwegs auf Zack war, waren entweder die Kennzeichen oder der ganze Wagen gestohlen. »Können Sie uns den Mann beschreiben?«, fragte sie weiter.
»Sein Gesicht hab ich nicht gesehen, der hatte so eine Motorradmaske auf. Der war vielleicht eins siebzig oder eins achtzig groß, genau weiß ich das nicht.«
»Und?«, bohrte Schäfer vorsichtig weiter. »War er dick? Extrem schlank?«
»Weder noch«, antwortete Forell. »Kräftig war er, aber nicht dick. Vielleicht fünfundsiebzig bis achtzig Kilo.«
»Das ist doch schon jede Menge«, lächelte Schäfer.
»Kriegen Sie den Kerl?«, fragte Forell flehend.
»Wir werden unser Bestes tun, ich bin da recht zuversichtlich.«
»Ich konnte nicht eher kommen«, sagte Forell mehr zu sich selbst. »Ich hab immer gedacht, so etwas passiert immer nur den anderen, nie mir. Und dann… und dann hab ich im Radio gehört, dass schon wieder jemand vergewaltigt worden ist. Bestimmt war das derselbe Kerl wie bei mir. Hat die Frau Ihnen nicht auch von einem VW-Bulli erzählt?«
Schäfer unterdrückte den Wunsch, sich heftig zu räuspern. »Bisher haben wir sie noch nicht befragen können. Sie musste noch heute Nacht operiert werden.«
Forell stand langsam auf und schaute die Kommissarin ungläubig an. »Operiert?«, wiederholte sie.
»Leider. Wenn es derselbe Täter war, ist er jetzt wesentlich brutaler vorgegangen.«
»Da hab ich ja noch richtig Glück gehabt, was?«, fragte Forell tonlos.
Katharina blähte die Wangen auf und blickte peinlich berührt zu Boden. Hatte sie jemals geglaubt, mit ihrem Job im KK 11 Pech gehabt zu haben, sah das nun anders aus.
»Ich muss leider noch ein wenig indiskreter werden« fuhr Schäfer fort. »Einverstanden?«
Forell setzte sich wieder hin und nickte stumm.
»Sind Sie nach der Vergewaltigung zu einem Arzt gegangen?«
»Nein«, kam sofort die einsilbige Antwort.
»Wären Sie trotzdem mit einer gynäkologischen Untersuchung einverstanden? Verstehen Sie, allein Ihre Aussage hilft uns bereits ein großes Stück weiter, aber wir benötigen nun mal stichhaltige Indizien und Beweise.«
Die Rothaarige schluckte einen dicken Kloß herunter und verbarg ihre Augen hinter der hohlen Hand. »Meinetwegen«, krächzte sie.
»Frau Forell, hat der Täter ein Kondom benutzt?«
Schäfers letzte Frage war der berühmte Tropfen zu viel. Die junge Frau schluchzte verzweifelt auf. Katharina konnte nicht mehr. Sie deutete mit dem Kopf zum Flur, nickte Annika zu und öffnete lautlos die Tür.
Als sie endlich draußen auf dem Gang stand, atmete sie tief durch. Und während sie langsam in Richtung ihrer gewohnten Umgebung schlenderte, hoffte sie inständig, niemals in eine vergleichbare Situation wie Angela Forell zu kommen.
16
Feierabend, endlich! Locke verließ den stickigen Betonklotz und pumpte einen Hektoliter Sauerstoff in seine Lungen. Die untergehende Sonne blendete ihn. Klar, seine Sonnenbrille lag in der Ablage des Astras. Nach der unsanften Behandlung durch Achmeds Schläger hatte er sowieso fast ständig Kopfschmerzen. Die helle Funzel am Himmel animierte seine Schmerzrezeptoren zu einer ungewollten Zugabe. Wenigstens parkte der Wagen gleich um die Ecke.
Doch bevor er seinen Zündschlüssel aus der Hosentasche kramen konnte, landete eine schwere Pranke auf seiner Schulter.
»Na, muss der Kleine in die Heia?«
Locke zuckte zusammen. In dem hellen Gegenlicht hatte er die hünenhafte Gestalt im Schatten des nächsten Hauseingangs glatt übersehen. Balu stand hinter ihm.
»Lass mich in Ruhe«, fauchte Locke. »Oder stehst du darauf, mir die Fresse in aller Öffentlichkeit zu
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