Ein Tropfen Blut
gedreht hätte, würde ich die Leiche ganz besonders sorgfältig verstecken. Allein schon, um Zeit zu gewinnen.«
»Vielleicht eine Panikreaktion«, meinte Katharina.
»Kaum vorstellbar. Und wenn der Mörder dieser Vergewaltiger war und der nach seinem bisherigen Schema verfahren ist – in der Nähe des Fundortes der Toten ist keine abgelegene Stelle, an der er den Mord verübt haben könnte.«
»Das Fitnessstudio, in dem Frau Lacour trainiert hat, liegt in der Nähe ihrer Wohnung in Weitmar. Gut und gerne fünf Kilometer vom Fundort weg. Aber zwischen dem Studio und ihrer Wohnung gibt es genug Möglichkeiten, jemanden ungesehen direkt von der Straße in einen VW-Bulli zu zerren.«
»Glauben Sie wirklich, der ist mit der Leiche auf der Ladefläche erst durch die Stadt spazieren gefahren, bis er sie abgeladen hat?«, zweifelte Schäfer.
»Warum denn nicht? So abgezockt, wie der sich bisher verhalten hat, ist nicht auszuschließen, dass der heute Abend wieder auf Brautschau geht.«
»Beschrei es nicht«, bat Katharina.
»Zumindest werden wir nicht arbeitslos. Katharina, Berthold, ihr versucht den Mann der Toten ausfindig zu machen. Vielleicht kann der uns ja eine entscheidende Winzigkeit erzählen. Frau Schäfer, Sie klemmen sich an Ihre Datenbank und überprüfen, wie viele Ihrer Kunden Blutgruppe A negativ haben. Karl Heinz und Herr Heinzel, Sie beide übernehmen die Nachbarschaft der Toten. Vielleicht hat jemand vorgestern Abend Frau Lacour auf ihrem Weg nach Hause gesehen.«
»Und Sie halten hier die Stellung?«, stichelte Brettschneider.
»Keineswegs. Ich werde mich noch einmal mit den beiden anderen Opfern unterhalten. Sehen Sie bitte zu, dass wir das Ergebnis der DNA-Analyse so schnell wie möglich bekommen. Das scheint mir die vielversprechendste Spur zu sein.«
22
»Hier wohnt der?«, wunderte sich Katharina. »Meine Fresse, was für eine Absteige.«
»Nicht jeder kann in so einer Villa leben wie du und dein Lebensgefährte«, gab Hofmann grinsend zurück. »Jetzt drück schon auf die Klingel.«
»Früher warst du mal reizender zu mir«, keuchte die Blonde, als sie hinter ihrem Kollegen durch das schäbige Treppenhaus Richtung Dachgeschoss wanderte. Angesichts der Hitze, die augenblicklich wieder durch die Straßen tobte, hätte sie nichts gegen einen Fahrstuhl einzuwenden gehabt.
Lacours getrennt lebender Gatte residierte in einer Mansarde direkt gegenüber des Trockenbodens.
»Ja bitte?«, fragte er gähnend.
»Kripo, mein Name ist Hofmann, das ist meine Kollegin, Frau Thalbach. Herr Lacour?«
Die Augenbrauen des Wohnungsinhabers zogen sich für einen Moment zusammen, dann starrte er die Gesetzeshüter irritiert an. »Ja. Was gibt es?«
»Können wir nicht vielleicht erst mal reinkommen?«, fragte Katharina.
Lacour warf einen schnellen Blick in seine Diele und trat dann zur Seite. »Meinetwegen.«
Von Ordnung schien der frisch gebackene Witwer nicht viel zu halten. In der kleinen, stickigen Diele standen unausgepackte Umzugskartons, auf denen sich bereits eine kleine Staubschicht gebildet hatte. Die Garderobe barst vor Kleidungsstücken, die für die Jahreszeit entschieden zu warm waren.
Lacour ging ein paar Schritte bis zum Wohnzimmer und zeigte mit einer flüchtigen Bewegung auf die Couch. Hier war es zwar auch nicht gerade anheimelnd, aber immer noch weit gemütlicher als im Flur.
»Und, hab ich etwas verbrochen?«, fragte er, während er sich selbst in einen Sessel fallen ließ.
Hofmann warf einen Blick auf die spärliche Einrichtung, bevor er sich hinsetzte, und musterte dann Lacour aufmerksam. Bisher hatten sie im Dämmerlicht gestanden, aber im Schein der schräg durch das Fenster einfallenden Sonne schillerte der Bluterguss über Lacours rechter Wange eindrucksvoll.
»Wie haben Sie sich denn das Veilchen eingefangen?«, erkundigte sich der Beamte.
»Inliner gefahren«, erklärte Lacour. »Das Laufen funktioniert schon ganz gut, aber das Bremsen… Aber deswegen sind Sie doch sicher nicht hier, oder?«
»Nein«, bestätigte Katharina. Ihr war die Verletzung ebenfalls aufgefallen und auch ohne Brettschneiders profunde Kenntnisse hatte sie erkannt, dass sich Lacour das Hämatom schon vor ein paar Tagen zugezogen haben musste. Der Fleck schillerte in den verschiedensten Blau- und Gelbtönen.
»Es geht um Ihre Frau«, ergänzte Hofmann. »Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?«
»Sabine?«, überlegte Lacour. »Warten Sie mal, das ist schon einige Zeit her.
Weitere Kostenlose Bücher