Ein Tropfen Blut
Tod Ihrer Frau?«, fragte Katharina.
Lacour drückte seine Zigarette aus und nickte schwach. »Klar. Jetzt kann ich mir die Kohle für die Scheidung sparen.«
»Sonst nichts?«
»Nee. Sabine hat vor unserer Trauung auf Gütertrennung bestanden. Ihre Eltern haben ja ein bisschen was an den Füßen, da wollte sie wohl auf Nummer sicher gehen, dass ich nichts davon bekomme, falls ihre alten Herrschaften mal ins Gras beißen.«
Hofmann malte einige abstrakte Kringel auf seinen Block und ließ im Geist die Mundwinkel hängen. Was Lacour so bereitwillig von sich gab, ließ sich alles überprüfen. Ein Motiv für einen Mord war aber nicht zu erkennen.
»Warten Sie«, meinte Lacour plötzlich. »Wir hatten jeder eine Lebensversicherung abgeschlossen. Falls einem von uns etwas passiert.«
»Und?«
»Na ja, nachdem ich ausgezogen bin, hab ich meine sofort gekündigt. Ob Sabine das auch gemacht hat, weiß ich nicht.«
»In welcher Höhe haben Sie sich versichert?«, fragte Hofmann und drückte die Miene seines Kulis wieder ins Freie.
»Hunderttausend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sabine ihre nicht gekündigt hat oder zumindest hat umschreiben lassen. Aber ich weiß es nicht genau. Und bevor es heißt, ich hätte Ihnen etwas verschwiegen…«
»Dann hätte der Tod Ihrer Frau Ihnen doch einen Vorteil gebracht«, sinnierte Katharina und klemmte den Bügel ihrer Handtasche über ihre Schulter. »Was haben Sie vorgestern Abend gemacht?«
»Na, was wohl?«, entgegnete Lacour. »Fußball geguckt.«
»Allein?«, fragte Hofmann. »Oder zusammen mit Freunden?«
»Hätte ich gewusst, dass das für mich von Vorteil wäre, hätte ich bestimmt jemanden eingeladen«, parierte Lacour. »Sony, ich hab hier auf der Couch gelegen und ein Bier geschlürft. Allein.«
»Nun, das soll es erst mal gewesen sein«, meinte Katharina und stand auf. »Herr Lacour, wir werden Sie noch einmal auf das Präsidium bestellen müssen, wegen der offiziellen Aussage. Wird aber bestimmt erst nächste Woche werden.«
»Muss ich Sabine nicht identifizieren?«, fragte Lacour und erhob sich ebenfalls. »Das sieht man doch immer in den Krimis.«
»Die Eltern Ihrer Frau haben das heute Mittag bereits erledigt«, winkte Hofmann ab. »Wissen Sie eigentlich zufällig, welche Blutgruppe Sie haben?«
Lacour stutzte. »Wieso? Null.«
»Sind Sie sich sicher?«, zweifelte Katharina.
»Nee«, antwortete Lacour nach kurzem Zögern. »Fragen Sie doch meinen Hausarzt, der müsste das eigentlich genau sagen können.«
»Das werden wir tun«, erklärte Katharina.
»Bitte, meinen Segen haben Sie«, gab Lacour zurück.
»Ich geh nicht nur zu dem Hausarzt«, bekräftigte Hofmann, als er und Katharina wieder die Straße erreicht hatten. »Und selbst wenn ich mir die Hacken schief laufe; ich will wissen, was der Knilch in den letzten Tagen getrieben hat.«
23
Wielert rieb sich mit den Fingerknöcheln über die verquollenen Augen und stützte sich mit der Schulter an die Wand des kleinen Flures. Beim Leiter des KK 11 machte sich der Schlafmangel bemerkbar, der ihn bei jedem Mordfall begleitete. Wielert kam sich jedes Mal vor, als würde er an der Tour de France teilnehmen. Zu Beginn ein paar hektische Sprints, bei denen Indizien gesammelt und die ersten Hypothesen aufgestellt wurden. Dann kam die Qual durch die Berge, wenn es darum ging, aus dem ganzen Chaos die richtige Spur zu picken, gefolgt von ein paar abschließenden Flachetappen, in denen der Täter zum Geständnis bewegt oder der unwiderlegbare Beweis erbracht werden musste. Und wenn man Pech hatte, legte man sich auf den letzten hundert Metern noch böse auf die Nase und sah den Gegner hinter der Ziellinie triumphieren.
Im Augenblick jedoch schien es Wielert, als müsse er sich nicht nur über einen schweren Alpenpass quälen; zudem fühlte er sich, als habe ihm jemand noch dazu das Vorderrad geklaut.
»Nach einer Vergewaltigung sieht das hier nicht aus«, bemerkte Hofmann.
»Gut beobachtet«, erwiderte Wielert. »Hoffentlich findet Brettschneider alle Einschusslöcher.«
Werner Peeren kauerte hinter seinem Schreibtisch, den Kopf gegen die Lehne seines Chefsessels gepresst, die Arme hingen locker über die Stützen. Zwei Löcher zierten seine Stirn, aber das hatte dem Schützen wohl nicht gereicht. Unter dem blutdurchtränkten Hemd musste der Oberkörper aussehen wie ein Billardtisch. An jeder Ecke ein Loch.
»Himmel«, stöhnte Katharina. »Der hat mindestens ein volles
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