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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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uns im Innenhof, um – so hoffte ich wenigstens – zu schlafen, aber der Schlaf wurde ständig unterbrochen, denn wie alle Diplomaten hörte Bill gern seine eigene Stimme. Er hielt Reden über Außenpolitik und Innenpolitik und berührte dann mit kunstvoller Beiläufigkeit und offensichtlich auf Dianas Anweisung meine Zukunftspläne.
    »Ich habe gehört, du willst Joes Partner werden«, sagte er. »Das finde ich großartig.«
    »Es ist noch nicht abgemacht«, antwortete ich. »Wir müssen noch alles genau besprechen.«
    »Oh, natürlich, so was kann man nicht im Handumdrehen entscheiden, aber was für eine Chance! Sein Verlagshaus ist jetzt ganz obenauf, und du würdest es nie bereuen. Besonders, da du hier eigentlich nichts zu verlieren hast. Keine besonderen Bindungen.«
    Ich gab keine Antwort, entschlossen, mich nicht in eine langwierige Diskussion verwickeln zu lassen. »Vita kann dir natürlich überall ein Zuhause schaffen«, fuhr er fort. »Darauf versteht sie sich. Mit einer Wohnung in New York und einem Wochenendhäuschen auf dem Lande würdet ihr zusammen ein schönes Leben führen, und zwischendurch bietet sich gewiß noch reichlich Gelegenheit zum Reisen.«
    Ich brummte nur und schob den alten Panamahut von Kapitän Lane über mein rechtes Auge, das immer noch blutunterlaufen war. Vita hatte es seltsamerweise noch gar nicht bemerkt.
    »Denk nicht, daß ich mich einmischen möchte«, bemerkte er, »aber du weißt ja, wie die Mädchen reden. Vita ist deinetwegen beunruhigt. Sie hat Diana gesagt, du seist gar nicht begeistert von der Idee, in die Staaten zu gehen, und sie kann sich nicht erklären, warum. Frauen vermuten immer gleich das Schlimmste.« Dann begann er eine lange, nach meinem Empfinden etwas zu komplizierte Geschichte von einem Mädchen in Madrid, das er dort kennengelernt hatte, während Diana mit ihren Eltern auf die Bahamas reiste. »Sie war erst neunzehn«, sagte er. »Ich war ganz verrückt nach ihr. Aber wir wußten natürlich beide, daß es nicht weitergehen konnte. Sie arbeitete dort an der Botschaft, und Diana sollte gleich nach den Ferien nach London zurückkommen. Ich war so vernarrt in die Kleine, daß mir zumute war, als müßte ich mir die Kehle durchschneiden, als wir Abschied nahmen. Aber ich habe es überlebt, und sie auch, und seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an, um die Rauchwolken von seiner verdammten Zigarre zu bekämpfen. »Wenn du meinst, ich hätte irgendwo ein Mädchen, dann irrst du dich«, sagte ich.
    »Na schön«, sagte er, »schon gut. Ich würde es dir nicht übelnehmen, wenn du eine hättest, solange du es vor Vita geheimhieltest.«
    Eine lange Pause entstand, während der er sich, wie ich vermutete, eine andere Taktik überlegte, aber er kam wohl zu dem Schluß, daß Diskretion das Gescheiteste sei, denn er sagte unvermittelt: »Wollten die Jungs nicht schwimmen gehen?«
    Wir standen auf, um unsere Frauen zu suchen. Ihre Unterhaltung war offenbar noch in vollem Gange. Diana war eine jener überreifen Blondinen, von denen es heißt, sie seien auf Partys sehr amüsant und zu Hause Tigerinnen. Ich hatte keinerlei Verlangen, sie im Hinblick auf eine dieser Eigenschaften auf die Probe zu stellen. Vita sagte, sie sei eine sehr treue Freundin, und ich glaubte ihr. Als wir auftauchten, wurde die Konferenz abgebrochen, und Diana schaltete den zweiten Gang ein, ihre unvermeidliche Taktik beim Herannahen männlicher Gesellschaft.
    »Du bist schön braun, Dick«, sagte sie. »Das steht dir. Bill wird vom ersten Sonnenstrahl krebsrot.«
    »Seeluft«, antwortete ich, »nicht synthetisch wie deine Bräune.«
    Sie hatte eine Flasche Sonnenöl neben sich stehen, mit dem sie ihre lilienweißen Beine eingeschmiert hatte.
    »Wir gehen zum Baden an den Strand«, sagte Bill. »Komm, steh auf, Mops, und werde ein bißchen von deinem überflüssigen Fett los.«
    Es folgten die üblichen Schäkereien, ganz im Ton verheirateter Ehepaare in Gegenwart von ihresgleichen. Liebende tun das nie, dachte ich; sie spielen ihr Spiel im Verborgenen, und darum ist es auch so viel reizvoller.
    Mit Handtüchern und Schnorcheln machten wir uns auf die lange Wanderung an den Strand. Es herrschte Ebbe, und um ins Wasser zu kommen, mußte man sich seinen Weg durch Seegras und Felsbrocken bahnen. Das war für unsere Gäste ein ganz neues Erlebnis, aber sie nahmen es mit Humor, plantschten an den seichten Stellen herum und bewiesen wieder einmal meinen

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