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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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antwortete ich, lief die Treppe hinunter und hinaus.
    »Aber du weißt doch nicht, wo sie wohnen?« rief Vita.
    Ich winkte nur und sprang in den Wagen, und einen Augenblick später raste ich die Einfahrt entlang zur Straße.
    Inzwischen war es ganz dunkel geworden, auch der abnehmende Mond half nicht, aber ich nahm dennoch die Abkürzung am Rande des Dorfes. Unterwegs traf ich niemand. Ich parkte an der Ausweichstelle in der Nähe eines Hauses, das Hill Crest hieß. Wenn Magnus den Wagen fand, bevor ich ihn entdeckte, würde er ihn erkennen und auf mich warten. Der Gang querfeldein war mühsam. Ich stolperte über die Erdwälle, und rief Magnus' Namen, sobald ich außer Hörweite des Hauses war, erhielt jedoch keine Antwort. Daraufhin suchte ich das Gelände sorgfältig ab, aber er war nirgends zu sehen. Auch auf dem unteren Weg zum Tal hinunter und beim Treesmill-Hof war niemand. Schließlich kehrte ich zum Wagen zurück. Er stand da, ebenso wie ich ihn verlassen hatte – leer. Ich fuhr ins Dorf und ging um den Friedhof. Die Uhr zeigte halb zwölf; ich hatte Magnus über eine Stunde lang gesucht.
    Im Telefonhäuschen in der Nähe des Friseurs wählte ich die Nummer von Kilmarth. Vita meldete sich sofort. »Kein Glück?« fragte sie.
    Mein Mut sank. Ich hatte gehofft, daß er inzwischen zu Hause eingetroffen sei. »Nein, keine Spur von ihm.«
    »Und wie war's mit den Carminowes? Hast du ihr Haus gefunden?«
    »Nein«, sagte ich. »Nein, ich glaube, da waren wir auf der falschen Spur. Es war dumm von mir. Ich habe nämlich gar keine Ahnung, wo sie wohnen.«
    »Aber irgend jemand muß es doch wissen«, sagte sie. »Warum fragst du nicht die Polizei?«
    »Das würde nichts nützen. Ich fahre jetzt durchs Dorf zum Bahnhof und dann langsam nach Hause. Mehr kann ich nicht tun.«
    Der Bahnhof von Par schien für die Nacht geschlossen zu sein, und von Magnus war, obgleich ich zweimal um den Ort fuhr, nichts zu sehen.
    Ich betete vor mich hin: »Mein Gott, gib, daß er den großen Hügel hinaufgeht!« Ich wußte genau, wie er aussehen würde. Meine Scheinwerfer würden die hohe, eckige, mit langen Schritten dahineilende Gestalt am Straßenrand erfassen, ich würde laut hupen, bis er stehenblieb, und dann sagen: »Was zum Teufel …«
    Aber er war nicht da. Es war niemand da. Ich hielt vor Kilmarth und ging langsam zum Haus hinauf. Vita erwartete mich auf der Terrasse. Sie machte ein besorgtes Gesicht.
    »Wahrscheinlich ist ihm etwas zugestoßen«, sagte sie. »Ich glaube, du solltest die Polizei anrufen.«
    Ich schritt an ihr vorbei nach oben. »Ich packe seine Sachen aus«, sagte ich. »Vielleicht hat er eine Nachricht hinterlegt. Ich weiß nicht …«
    Ich nahm seine Sachen aus dem Koffer, hängte sie in den Schrank und legte sein Rasierzeug ins Badezimmer. Dabei sagte ich mir unentwegt, ich müsse jeden Augenblick einen Wagen in der Einfahrt hören, ein Taxi, Magnus würde lachend herausspringen und Vita zu mir heraufrufen: Er ist da, er ist gekommen!
    Es war keine Nachricht zu finden. Ich griff in alle Taschen. Nichts. Dann durchsuchte ich den Morgenrock, den ich schon ausgepackt hatte. Meine Hand schloß sich über einem runden Gegenstand in der linken Tasche; ich zog ihn heraus. Es war eine kleine Flasche, die ich sofort erkannte. Sie trug die Aufschrift B. Es war dieselbe, die ich ihm eine Woche vorher zugeschickt hatte, und sie war leer.

16
    Ich steckte die Flasche und die Dokumente über Bodrugan in eine Seitentasche meines Koffers im Ankleidezimmer, schloß ihn ab und ging wieder zu Vita.
    »Hast du etwas gefunden?« fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. Sie folgte mir ins Musikzimmer, wo ich mir einen Whisky eingoß. »Du solltest auch einen trinken«, riet ich ihr.
    »Ich möchte nicht.« Sie setzte sich auf das Sofa. »Ich finde, wir müßten unbedingt die Polizei verständigen.«
    »Weil Magnus es sich in den Kopf gesetzt hat, irgendwo in der Gegend herumzulaufen?« fragte ich. »Unsinn. Er weiß, was er tut. Er kennt sicher weit und breit jeden Stein.«
    Die Uhr im Eßzimmer schlug zwölf. Wenn Magnus in Par ausgestiegen war, so war er jetzt viereinhalb Stunden unterwegs …
    »Du gehst jetzt ins Bett«, bestimmte ich. »Du siehst ganz erschöpft aus. Ich bleibe unten, für den Fall, daß er kommen sollte. Ich kann mich ja auf dem Sofa lang machen, wenn mir danach zumute ist. Wenn es hell wird und ich aufwache, und er ist immer noch nicht da, fahre ich wieder los und suche ihn.«
    Sie sah wirklich

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