Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Reise. Wäre es nicht besser, vor dem Essen noch etwas auszuruhen? Solle nicht eines der Mädchen ihr beim Auspacken helfen? Vielleicht wolle Fräulein Elstö auch ein Bad nehmen? Sie solle nur klingeln, dann würde das Mädchen Klara kommen - Gerd stammelte einen Dank. Sie sei doch gewöhnt, sich selbst zu bedienen, aber danke, ein Bad würde sie gern nehmen und auch etwas ausruhen. Und wann solle sie dann zum Essen hinunterkommen?
    Das Abendessen war um halb acht.
    Die Baronin zog sich zurück, und Gerd kniff sich noch einmal in den Arm. Nein – daß es so etwas gab.
    Sie packte die Koffer aus. Mit der Katze Dorette in der Hand blieb sie stehen.
    Dorette. Sieben kleine Buchstaben. - Glückliche Tage in Hamburg.
    Hamburg. Sieben kleine Buchstaben. – Eine Woche an Bord der „Babette“. Eine Woche erfüllt von Glück und Schönheit. Babette. Sieben kleine Buchstaben. Und dann das Entsetzliche. Dieses Entsetzliche, das über sie hereinbrach, als Erna Böe plötzlich auftauchte. Erna Böe, Erna Böe – Gott, was sollte dies? Was war das für ein Spiel, das das Schicksal mit ihr spielte? Erna Böe. Sieben kleine Buchstaben.
    Gerd legte die Katze Dorette hart beiseite. Dann zog sie sich aus und ging ins Bad.
    Das war ebenso modern eingerichtet wie das übrige Haus altmodisch.
    Himmel, in einem Badezimmer zu baden, das ganz in Schwarz und Rosa gehalten war! Das Wasser lief in die blanke schwarze Porzellanwanne, und Gerd stand auf der rosa Badematte und reckte die Hand aus nach einem großen rosa Seifenstück.
    Sie wollte diese wenigen Tage genießen, den Luxus genießen, die Schönheit ringsum, das Zusammensein mit diesen reizenden Menschen. Sie sank in das laue Badewasser. Das wirkte so wohltuend und beruhigend.
    Morgen ging es also in den Wald, im Dogcart, mit dem hübschen, höflichen Michael.
    Michael - ? Gerd sperrte die Augen auf. Was meinte das Schicksal damit? War das ein Fingerzeig? Michael – sieben kleine Buchstaben…
    Unten, in dem kleinen persönlichen Eckzimmer der Baronin mit all den Hängepflanzen, mit den leichten, kleinen Empiremöbeln, den gedämpften Pastellfarben und den Wellensittichen in einem großen Käfig, hatte inzwischen das Ehepaar eine leise Unterredung.
    „Die ist uns vom Himmel geschickt“, stellte der Baron fest.
    „Ein bezauberndes Mädchen“, bestätigte die Baronin.
    „Er muß doch den Unterschied sehen“, meinte der Baron.
    „Wir müssen sie einige Tage festhalten“, sagte die Baronin. „Du mußt alles dazu tun, was du kannst.“
    „Das bedeutet also, daß ich nichts tun darf“, lächelte der Baron. „Ich muß die Sache aufschieben, hinzögern, mich bedenken.“
    „Aber du mußt ihr den Vertrag geben“, forderte die Baronin.
    „Den Vertrag soll sie haben. Auf die paar Tausend weniger, als ich veranschlagte, verzichte ich gern, wenn es um das Glück meines Sohnes geht.“
    Die Baronin nickte. Sie war heute so froh gestimmt. Als sie Gerd begegnete, sah sie eine Möglichkeit zur Lösung eines schwierigen Problems, das wie ein Zentnergewicht auf ihr und ihrem Mann lag: Michaels Verliebtheit in eine zweimal geschiedene Malerin, die älter war als er und zudem einen Ruf hatte, den auch der Großzügigste etwas zu lädiert finden mußte.
    Nun wollte die Baronin nicht etwa eine Intrige spinnen. Kein Gedanke daran! Aber Michael sollte erkennen, daß es doch auch noch eine andere Art weiblichen Charmes gab, als er ihn in dieser vierunddreißigjährigen Malerin mit ihren zwei leibhaftigen Ehemännern gefunden hatte.
    Und außerdem - Die Baronin schauderte, wenn sie an dieses „außerdem“ dachte.
    Der Baron fühlte, wie eine eisige Hand sein Herz zusammenpreßte, wenn er sich diese Frau als die künftige Herrin auf Högalind vorstellte. Dabei bestand er durchaus nicht darauf, daß Michael eine Adlige heiratete. Das hatte nichts zu bedeuten. Aber Michael sollte ein frisches, gesundes, junges und gebildetes Mädchen aus einem gesunden Milieu als Frau wählen, vielleicht auch ein Mädchen aus Norwegen.
    Der Baron dachte an Gerd und lächelte.
    Sehr gern ein Mädchen aus Norwegen.

1 6
     
     
    „Liebes Fräulein Elstö!
    Dank für beide Briefe. Behalten Sie nur die Ruhe. Lassen Sie dem Baron die Zeit, die er glaubt, haben zu müssen. Ich bekam einen kurzen Brief von ihm, gleichzeitig mit dem Ihren. Es scheint, daß er Sie mehr als einen lieben Gast betrachtet als die Vertretung eines Geschäftspartners. Also lassen Sie ihn nur. Hoffentlich verleben Sie recht schöne Ferien

Weitere Kostenlose Bücher