Ein tüchtiges Mädchen
Interesse an ihren zwitschernden Lieblingen.
Michael saß etwas vornübergebeugt und starrte Gerd unverwandt an. Er schwieg lange. Endlich fragte er:
„Darf ich Sie malen, Fräulein Elstö?“
„Was mich? Mich malen? Das ist doch nicht…“
Der Baron unterbrach lächelnd.
„Das dürfen Sie meinem Sohn nicht abschlagen, Fräulein Elstö. Sie können ruhig ja sagen. Michael ist nämlich kein Dilettant, wissen Sie, er kann wirklich malen.“
Michael sah seinen Vater an, und Freude blitzte in seinen Augen auf. Es war das erstemal, daß sich der Vater direkt anerkennend über seine Kunst äußerte.
„Papa, ich dachte nicht…“, begann er.
„Natürlich weiß ich, daß du malen kannst, mein Junge. Ich war nur bekümmert bei dem Gedanken, daß du ganz in der Kunst aufgehen würdest, anstatt dich um das Gut zu kümmern, wenn es einmal soweit ist.“
„Davor brauchst du keine Angst zu haben. Die Malerei ist und wird nichts anderes als ein Hobby sein, und wenn die Zeit kommt, vergesse ich meine Verpflichtungen nicht. Also, darf ich, Fräulein Elstö?“
„Ja, natürlich. Aber ich weiß ja nicht, wieviel Zeit man für ein Porträt braucht, und ich muß doch…“
„Ach, jetzt reden Sie schon wieder von Abreise“, rügte die Baronin lächelnd. „Ist es denn so furchtbar, bei uns zu sein, daß Sie absolut fort möchten?“
„Nein, o nein!“ Gerd errötete. „Ich habe es wunderbar hier, aber ich finde, ich nütze Ihre Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft ganz fürchterlich aus.
Schließlich kam ich doch nur zu einem Geschäftsabschluß her.“
„Lieber Himmel, Sie mit Ihren Geschäften!“ seufzte der Baron. „Hören Sie mal, Kind. Wenn wir nun Kaffee getrunken und Sie Ihren Blue Darling wieder in sein Bauer gebracht haben, wollen wir die Sache mit dem Vertrag in Ordnung bringen, damit Sie Ihren Seelenfrieden wiederbekommen. Ich habe mir die Sache nochmals überlegt und mit meinem Forstmeister besprochen und glaube, daß wir uns einig werden. Sind Sie jetzt zufrieden!“
„Selbstverständlich, Herr Baron.“
Gerd war froher, als sie zeigen wollte. Endlich, endlich würde die Sache klappen.
Bald darauf saß sie dem Baron gegenüber in seinem großen Arbeitszimmer mit den Renaissancemöbeln. Und der Baron war erstaunt, wie vernünftig und klar dieses junge Mädchen sprach, wie viel sie verstand von so prosaischen, rein sachlichen Dingen wie Holz, Verträgen und Lieferungsbedingungen. Der Vertragsentwurf wurde Gerd vorgelegt, und sie las ihn aufmerksam durch.
„Aber Herr Baron, dies ist ja viel vorteilhafter für uns als unser eigener Vorschlag!“
„Das ist mir klar. Aber erstens liegt mir an einer guten Verbindung mit einer guten und rechtschaffenen Firma wie Myrseth und Sohn, zweitens möchte ich in Ihnen nicht den Eindruck erwecken, als wollten wir hier in Schweden unser Brudervolk ausnützen.“ Letzteres wurde mit einem schelmischen Lächeln gesagt. „Und drittens – knüpfe ich eine Bedingung an diesen Vertrag.“
„Eine Bedingung?“ Gerd beugte sich erneut über den Entwurf.
„Nein, nein, das steht hier nicht drin. Die Bedingung ist nämlich, daß mein Sohn Sie malen darf.“
„Aber Herr Baron, ich kann doch unmöglich noch länger hierbleiben!“
„Hören Sie mal gut zu, kleines Fräulein Elstö: Wenn ich, wie heute, diesen Funken im Auge meines Sohnes sehe, so weiß ich, daß der Künstler in ihm geweckt ist, und weiß auch, daß er dann etwas schaffen kann. Und das darf man ihm nicht verwehren. Es ist wahr, ich kann keine ungeteilte Begeisterung für seine Malerei aufbringen. Aber ich sehe ein, daß der Junge Talent hat, das man nicht unterdrücken sollte. Ich bin heilfroh, wenn er hier und nicht in seinem Atelier in Stockholm malt. Ja, er hat dort ein Atelier und verläßt uns öfter auf einige Wochen. Sie verstehen mich? Bleiben Sie so lange, bis er dieses Porträt gemalt hat. Vermutlich wird er die Sitzungen so lange ausdehnen, bis Sie vor Müdigkeit vom Stuhl fallen. Ich kenne ihn. Wenn er inspiriert ist, so muß er mit Gewalt zu den Mahlzeiten geschleppt werden. Sie bringen es doch nicht übers Herz, uns gleich wieder zu verlassen, nachdem Sie Ihr Ziel nun erreicht haben?“
Da mußte Gerd lachen.
„Nein, wenn Sie es so ansehen – Und natürlich finde ich es herrlich, hier zu sein.“
„Also abgemacht. Und jetzt her mit dem Vertrag!“
Gerd reichte ihm das Schriftstück über den schweren Renaissancetisch hinüber, und eine Minute später erhielt sie es
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