Ein tüchtiges Mädchen
besitz des Barons Silfverkranz, fragte, betrachtete er sie respektvoll und nickte: Der wäre leicht zu finden, einige Minuten vom Hauptweg, dann rechts und von dort sähe sie schon das Gutshaus Högalind liegen, ein großes weißes Gebäude in einem Park.
Gerd dankte und ging ihres Weges. Es war Frost in der Luft. Der Himmel erschien hoch und klar, von einem kalten Blau. Es war ein wundervoller Tag.
Der Fahrer hatte recht. Es war kein Kunststück, Högalind zu finden. Das große Gebäude erstreckte sich lang und weiß in einem Park. Ringsherum dehnten sich Felder, und ein gutes Stück hinter dem Gutshaus lagen eine riesengroße Scheune und andere große, solide Wirtschaftsbauten. Dahinter begann der Wald, der meilenweite, dunkle, dichte Wald, dieser Wald, der die Ursache von Gerds Reise war.
Der Weg schlängelte sich zwischen kleinen Teichen, beschnittenen Bäumen und Büschen durch den Park. Hier war es schön, auf eine wunderlich altmodische, pompöse Art. Der Buchsbaum war in kunstfertige Figuren geschnitten, und die Putten erzählten vom Geschmack und den Gebräuchen des vergangenen Jahrhunderts.
Auf der Terrasse, die sich vor dem Herrenhaus erstreckte, stand ein junger Mann hinter einer Staffelei. Als er Gerd erblickte, legte er die Palette beiseite.
„Guten Tag. Wen suchen Sie, gnädiges Fräulein?“
„Herrn Baron Silfverkranz. Der Herr Baron erwartet mich um halb zwölf.“
Der junge Mann kam näher. Er war schlank und gut aussehend, mit schmalem, etwas zu weichem Gesicht und ungewöhnlich großen, dunklen Augen.
„Ich werde Sie zu meinem Vater führen. Ich bin Michael Silfverkranz.“ Er reichte ihr die Hand und sah sie fragend an.
„Gerd Elstö von der Firma Myrseth und Sohn“, machte sie sich bekannt.
„Wie bitte? Sind Sie etwa der Vertreter für…? Ich weiß, daß mein Vater heute den Bürochef von Myrseth erwartet, aber…“
Er sah äußerst verblüfft aus.
Gerd lächelte. „Es ist nicht das erstemal, daß ich diesem Mißverständnis begegne. Ich hoffe nur, der Herr Baron wird nicht allzu enttäuscht sein, daß er mit einer Frau verhandeln soll.“
„Mein Vater ist doch ein Mann mit Geschmack“, lachte der junge Silfverkranz. „Diesen Weg bitte, Fräulein Elstö.“
Er führte sie durch die schwere, geschnitzte Eingangstür, durch einen geräumigen, fliesenbelegten Gang und dann in eine mächtige Halle, wo nun auch ein Diener auftauchte und sich entschuldigte: „Verzeihung, ich hörte es nicht läuten.“
„Es wurde auch nicht geläutet, Svensson. Bitte, melden Sie meinem Vater, daß der Vertreter von Myrseth und Sohn gekommen ist.“
Der junge Michael hängte persönlich Gerds Mantel auf.
„Bitte. Der Herr Baron erwarten das gnädige Fräulein im Arbeitszimmer.“
„Was für ein Filmbutler!“ dachte Gerd, als er sie durch die Halle in ein großes Zimmer mit schweren Renaissancemöbeln führte.
Ein weißhaariger Herr, der so aussah, wie Gerd sich einen französischen Marquis vorstellte, kam ihr entgegen.
„Welch eine angenehme Überraschung!“ sagte er und reichte ihr eine wohlgepflegte Hand. „Ich wußte gar nicht, daß Myrseth und Sohn so charmante Vertreter haben. Nehmen Sie bitte Platz. Wie war die Reise?“
Gerd antwortete höflich, und der Baron plauderte weiter. Von dem schönen Norwegen und wie nett es sei, ein so frisches norwegisches Mädchen begrüßen zu dürfen. Und wie er sich freue, daß schönes Wetter sei und sie Högalind im Sonnenschein sehen könne. Alles in allem nahm er sich recht viel Zeit und plauderte über alles mögliche, nur nicht über den eigentlichen Zweck von Gerds Erscheinen. Als sie versuchte, das Gespräch auf Holz und Vertrag zu bringen, fegte er das höflich lächelnd mit einer lässigen Handbewegung fort.
„Es eilt doch nicht, von Geschäften zu reden. Jetzt werden wir erst den Lunch nehmen, und nachher kommen Sie mit in den Wald.“
„Aber Herr Baron, ich verstehe nur das Geschäftliche und nichts von Baumstämmen. Diese Seite der Sache nimmt Herr Myrseth junior wahr.“
„Ich weiß, ich weiß. Aber deshalb kann ich doch das Vergnügen haben, Sie in meinem Besitz herumzuführen und Ihnen den Wald zu zeigen?“
„Das wäre natürlich wunderbar, Herr Baron, aber ich bin doch nicht gekommen, um soviel Zeit des Herrn Baron mit Beschlag zu belegen.“
Höfliche Proteste. Es wäre dem Baron eine ausgesuchte Freude, und auch seine Frau würde es so nett finden…
Eine halbe Stunde später saß Gerd in einem Speisesaal mit
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