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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sie richtet ihre Wohnung ein, weil sie nächste Woche heiratet. Ja, die Zeit vergeht, wir werden alt und heiratsreif. Ich warte mit Spannung darauf, Näheres über den jungen Baron zu hören. Mama läßt grüßen.
    Deine Solveig.“
    „Weil sie nächste Woche heiratet!“- Erna wollte nächste Woche heiraten…
    Also deshalb! Jetzt verstand Gerd, warum sie nichts von Helge gehört hatte. Fertig, Schluß damit. Nicht mehr daran denken.
    Mach dich nicht kaputt mit solchen Gedanken. Es ist Schluß, Schluß, vergiß es!
    Denk an Michael. Michael ist ein Gentleman. Michael würde nie so handeln. Michael ist ein Adliger in mehr als einer Beziehung.
    Nicht nach Norwegen zurück. Nicht zurück zu dem, was so weh tat.
    Sag ja zu Michael. Wenn er morgen aus Stockholm zurückkommt, da wird er sicher, ja, sicher… Sag ja, Gerd, sage ja!
    Gerd beugte den Kopf gegen den Wind und lief, lief. Sie hatte zur Baronin gesagt, sie habe Kopfschmerzen und wolle gern etwas Spazierengehen.
    Der Wind war eisig kalt und drang durch ihren Teddymantel. Sie merkte es nicht. Sie zwang sich selbst, gegen den Wind anzurennen. Sie wollte sich ermüden. Gesund müde sein und erschöpft, so daß sie in der Nacht schlafen konnte. Die Landstraße schlängelte sich kalt, nackt und grau durch die Herbstlandschaft. Die letzten braunen Blätter fielen von den Bäumen, wirbelten um Gerds Füße.
    Erna wollte heiraten, Erna richtete ihre Wohnung ein. Erna hatte Helges Ring schon damals am Finger. Während Helge den Glücksrausch in Gerds Armen erlebte, saß Erna vielleicht gerade und stickte „J“ in ihre Aussteuer.
    Erna Jerven. Nicht Erna Böe. Vielleicht hieß sie schon jetzt Erna Jerven.
    „Etwas, das ich an dir liebe, ist deine Ehrlichkeit, daß du nicht Komödie spielst…“„Mein kleines Mädchen, mein geliebtes kleines Mädchen…“
    „Was du riskierst, ist für mich das Liebste auf der Welt…“„Du bist alles, mein Kind, mein Kamerad, mein Reisegefährte, mein Passagier und meine Geliebte.“ Aber Erna Böe war seine Frau.
    Gerd hatte sich auf einen Stein gesetzt. Der Blick reichte weit in die hügelige Landschaft. Hinter den herbstgoldenen Feldern lag der Wald, schwarz und dicht, tief und still. Der Wald des Barons Silfverkranz.
    Die Felder gehörten ihm, die Häuslerwohnungen und dort, weit weg, auch der Gutshof, das weiße Gebäude mit den guten, lieben, netten Menschen, die Gerd richtig in ihr Herz geschlossen hatte.
    Gerd hatte das Gefühl, daß sie jetzt, an diesem Tag, in dieser Stunde, während sie an diesem Herbsttag auf diesem Stein saß, einen Beschluß fassen mußte. Warum zögerte sie?
    Erna Böe war Frau Jerven geworden. Oder sie würde es jedenfalls in einigen Tagen sein. Wie schnell das gegangen war. Sie mußten das Aufgebot bestellt haben, sobald sie heimkamen. Ja, ja. Also würde Frau Kapitän Jerven Langedals „Ernette“ taufen und sich den Diamantschmuck der Reederei um den Hals hängen.
    Wenn es darum ging, da könnte Gerd auch einen Diamantschmuck haben, und sie könnte höher hinaus, als nur die Frau eines Schiffsführers zu werden.
    Nein, Gerd, so darfst du nicht denken! Das darf keine Rolle für dich spielen. Keine Vergleiche. Wenn du Michael nimmst, so geschieht das aus Vernunftgründen, weil du ihn magst und Güte für ihn fühlst. Das ist in Ordnung. Aber daß du in höhere Kreise kommst als Erna, daran zu denken ist kleinlich. Schäm dich, Gerd!
    Aber warum zögerst du? Wem bist du Rechenschaft schuldig? Du machst viele froh, wenn du ja sagst. Vielleicht auch dich selbst… mit der Zeit.
    Sag ja, Gerd!

18
     
     
    Gerd öffnete die Augen. Es war halbdunkel im Zimmer. Das gedämpfte Licht der Nachtlampe fiel über das Bett und den Nachttisch.
    Jemand beugte sich über das Bett, eine Hand nahm die ihre, und eine Stimme fragte:
    „Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich besser?“
    Gerd öffnete die trockenen Lippen, und ihre Antwort schien von weit her zu kommen.
    „Mir ist so warm.“
    „Sie sollen etwas zu trinken haben, Kind.“
    Etwas Kühles, Frisches rann in ihren Mund.
    Behutsame Hände legten ihren Kopf auf das Kissen zurück.
    Sie schloß wieder die Augen.
    Eine Tür wurde leise geöffnet.
    „Frau Baronin, der Doktor ist hier.“
    Baronin Silfverkranz erhob sich lautlos.
    „Bleiben Sie bei Fräulein Elstö, während ich mit dem Arzt rede, Klara.“
    Blaß und vergrämt war die Baronin, als sie mit dem Arzt sprach.
    „Wir dachten ja, daß es eine gewöhnliche Erkältung sei, Herr Doktor, denn sie sah

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