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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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habe, merkte ich, wie froh und gelöst sie war. Sie sprach über technische Dinge, wo die Tenöre sich verhaspelt und die zweiten Geigen ihren Einsatz verpaßt hätten und daß die Altstimmen im dritten Refrain den Ton nicht getroffen hätten. Während ich an Mousse au chocolat dachte und daran, was es danach gab.
    Wir saßen an den entgegengesetzten Enden des Sofas und lauschten derselben Musik wie zuvor, nur diesmal gesungen von einem der besten Chöre der Welt. Wieder einmal störte die Kultur die natürliche Ordnung der Dinge. Ich aß Unmengen Mousse, und bevor sie die Platte umdrehte, erzählte sie noch ein bißchen mehr über sich selbst: ihr Vater Versicherungsmakler, inzwischen Rentner in Bournemouth, die Mutter früher Krankenschwester, ein Bruder in Australien, der das Kricket hatte aufgeben müssen, weil er Alkoholprobleme hatte. Das andere Ende des Sofas hätte ebensogut auch das andere Ende der Welt sein können, nur daß hier nirgendwo ein Drink zu sehen war. Die Mousse war aufgegessen, die Kaffeekanne zum zweiten Mal geleert. Sie stand auf und steckte die Platte in die Hülle. Weil ich nicht riskieren wollte, daß sie keine mehr auflegte, stand ich ebenfalls auf.
    »Ich sollte jetzt gehen. Sie sind doch bestimmt müde. Kann ich noch beim Abwasch helfen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Und dann, als ich eben die Tür öffnen wollte oder zumindest dort herumstand und nicht wußte, was ich sagen sollte, kam sie zu mir und legte mir die Hände auf die Brust. Es kam so unvermittelt, daß ich gegen die Tür stolperte.
    »Ich falle vor Ihnen in den Staub, sehen Sie«, sagte ich.
    Ihre Hände kehrten an meinen Torso zurück, aber ein wenig tiefer. »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind, Tom. Sie waren sehr süß.«

    »Habe auch viel von selbigem gegessen ... Es war ...«
    Das Wort wurde Fleisch, und ich nahm ihr Gesicht in meine Hände, und wir küßten uns, nicht fest, eigentlich einander kaum berührend und mit geschlossenen Lippen.
    Sie stieß mich sanft weg, doch ihre Augen waren geschlossen, und sie hielt den Kopf gesenkt wie im Gebet, was mich nur noch mehr in Versuchung führte.
    »Das ist jetzt sehr frech, ich weiß«, murmelte ich und legte ihr meine Hände knapp unterhalb der Taille auf den Rücken. »Aber was würdest du sagen, wenn ich jetzt einen Annäherungsversuch mache ...«
    Sie überlegte sehr lange, legte dabei ihre Arme um mich, so daß unsere Körper sich berührten beziehungsweise der meine daran gehindert wurde. Ich ließ meine Hände nach unten wandern, wo ihr Körper zuerst härter und dann wieder weich wurde, und drückte sie an mich. Wir küßten uns noch einmal, mein Mund diesmal offen, der ihre nur leicht, aber so, daß ich sie zum ersten Mal schmecken konnte, die letzten Reste der Mousse. Dann schob sie mich weg und fing wieder an zu beten. Meine Hände blieben, wo sie waren.
    »Ich fürchte, ich bin ziemlich hart dir gegenüber«, sagte ich.
    Das gefiel ihr, und sie ließ ihr unvermitteltes, kicherndes Lachen hören. »Ich muß morgen sehr früh aufstehen, um den Zug nach Bournemouth zu erwischen. Ich will meine Eltern besuchen.«
    »O Gott. Dann muß ich mich zügeln. Obwohl ich das lieber dir überlassen würde.«
    »Es ist ein sehr früher Zug ... Und ich ...«
    »... Ich verstehe. Im Zuge der Lust habe ich den Anschluß verpaßt.«
    Sie löste sich von mir, wobei inzwischen nicht mehr viel zu lösen war. »Nein, Tom, das ist es nicht. Es ist ... Wir kennen einander doch gar nicht. Wir könnten es bedauern. Belassen wir es fürs erste dabei. Du verstehst doch, nicht? Er hat mich am Anfang auch geliebt.«
    Ich nickte heftig. »Aber du hast doch nichts dagegen, daß ich den Annäherungsversuch gemacht habe?«
    »Natürlich nicht.«
    »Ich finde dich in jeder Hinsicht attraktiv ... ich will nur, daß du das weißt.«
    Ich faßte ihre Hand und ging mit ihr zum Fenster, ließ sie dann aber los, als könnte sie an meiner Hand spüren, daß ich angefangen hatte zu lügen.
    »Es regnet nicht. Ich glaube, ich gehe ein Stückchen zu Fuß«, sagte ich.
    »Du bist doch nicht böse, oder?« flüsterte sie und legte mir die Hand in den Nacken.
    »Ganz und gar nicht. Ich war sehr glücklich heute abend. Bin es immer noch. Es ist nur, daß ... Leg doch noch eine Platte auf. Warum nicht meines Vaters Knisterding?«
    Sie bückte sich, um Kathleen Ferrier aufzulegen. Ihr Kleid klebte in der Spalte. Noch immer gebückt, drehte sie sich um, sah mich starren und strich sich mit der Hand über

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