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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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oder endete. Aber meistens redeten wir über andere Dinge, und ich kam durch mit einem »Oje« hier und einem »Ts ts« dort, während ich die ganze Zeit die Stimme meiner Frau hörte, wie sie die Ignoranten und die Mitleidslosen ins Gebet nahm, und so gefangen war zwischen dieser und jener Selbstgerechtigkeit. Meine arme Maureen, hör nicht auf sie, flehte ich oder will ich jetzt flehen. So wie ich damals stumm flehte zwischen den Webbs und den Hambles, Plaskett und Hipkin, meinen Kindern und ihrer Mutter.
     
    Ich befürchtete, sie würde mich fragen, was ich wähle, denn in Wahrheit wußte ich das nie so genau, bis meine Hand über dem Stimmzettel zögerte und ich mich daran zu erinnern suchte, was ich am Tag zuvor in der Zeitung gelesen oder im Fernseher gesehen hatte, das mich genügend beeindruckt hatte. Ich gehöre zu den Leuten, an die unsere politischen Parteien ihre Werbesendungen richten, denn jede überzeugt mich jeweils von irgend etwas,
wobei dazu natürlich zum Teil auch die herablassende Entsetzlichkeit der Sendungen selbst gehört. Und dann überlege ich mir, daß wir alle etwas in uns haben, das auf alles anspricht, was all diese Politiker uns sagen, so daß es sein kann, daß wir am Freitagabend oder am Montagmorgen höchst unterschiedlich wählen, wobei wir am Sonntag eine Auszeit nehmen, da wir an diesem Tag lieber nichts mit alldem zu tun haben wollen. Auch die Persönlichkeit beeinflußt mich. Ein Teil von mir ist erst einmal mit ziemlich viel von dem einverstanden, was derjenige, der gerade spricht, vom Stapel läßt, obwohl es, hört man dem nächsten zu, ziemlich schnell zu Geschwafel wird, so daß, wenn man jedem zuhören würde, alle die ganze Zeit nur Geschwafel ablassen. Das kann sehr verwirrend sein, diese Vielfalt der Stimmungen und Meinungen und Haltungen. So daß man schließlich so weit kommt, daß man nicht weiß, wer man ist oder was man denken soll, außer wenn man aufhört, überhaupt in dieser Richtung nachzudenken, und sich damit zufriedengibt, keine neuen Erfahrungen zu machen. Falls Sie sich erinnern, ich habe einmal versucht, den Kopf klarzubekommen, indem ich über Freiheit nachdachte. Doch das bedeutet auch, daß einige Leute die Freiheit haben, viele andere Leute zu piesacken, während die Gleichheit, das dürfte wohl klar sein, fast genauso viele Leute davon abhält, so frei zu sein, wie sie es gerne wären, um andere Leute davon abzuhalten, so frei zu sein, wie sie es sind. Aber dann gibt es noch diesen dritten französischen Begriff der Brüderlichkeit, für die ich, wie bereits erwähnt, manchmal ein Gefühl bekomme, auch wenn es nur ein Traum ist, was sein könnte, und daß Sie mir das ja nie vergessen. Ich meine nicht die warme, flauschige, amerikanische Version, die Plaskett inzwischen perfekt absorbiert haben dürfte — ein Mann, der nie die Freiheit des Geistes hatte, um überhaupt auf den Gedanken zu kommen, daß Gleichheit ein erwägenswertes Gut sein könnte. Nein, ich meine die Urlaube am Meer damals mit meiner Familie, die Verklemmtheit und Verwirrung des Ganzen, die sehr Alten und die sehr Jungen und alle dazwischen gemeinsam an der frischen Luft, und knapp über und hinter ihrem Lärm und ihrer Hektik eine riesige Stille und Ruhe, die Inseln, die diese Leute
bildeten, die Öffentlichmachung ihrer privaten Zuneigung. Oder Maureens Chor, der sich vereinigt, um gemeinsam von einer neu geschaffenen Welt zu singen und von den Himmeln, die Gott lobpreisen, oder den Markttag, an dem ich vor zwei Wochen durch die Stände schlenderte. Na ja, nichts von alldem hilft mir bei der Entscheidung, was ich wählen soll, aber immerhin bekomme ich eine recht gute Vorstellung davon, woran ich glauben könnte, wenn ich die Phantasie oder die Hartnäckigkeit oder was immer hätte, um irgend etwas zu glauben. Eine politische Überzeugung scheint damit wenig zu tun zu haben. Vielleicht hat Politik generell wenig zu tun mit den Ungewißheiten des Lebens. Was natürlich die Politiker selbst noch fragwürdiger macht.
     
    Als ich meinen Vater im Krankenhaus besuchte, herrschte da ein verlegenes Zusammensein und Kommen und Gehen einer ganz anderen Art. Sooft ich ihn sah, mußte ich an die Urlaube am Meer denken, an die Seeluft, das glitzernde Wasser, ein oder zwei Schiffe in der Entfernung, das Dösen und Herumhüpfen und Sandburgenbauen, an den Wind, der beständig Wolken und Wasser veränderte, so daß jeder Tag anders und für einige immer der letzte war. Die Leute waren

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