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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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den Hintern.
    »Aber du meldest dich wieder, nicht?« sagte sie und ging meinen Mantel holen.
    »Natürlich«, sagte ich und küßte sie auf die Wange. »Ich bin doch viel zu weich, um lange hart zu bleiben«, fügte ich hinzu, verdrehte die Augen und machte dann einen schnellen, ziemlich geduckten Abgang. Hinter mir hörte ich noch ihr Kichern und die Stimme von Kathleen Ferrier, die vom Lamm sang, das hinwegnimmt die Sünden der Welt.
     
    Bald darauf im Hotel sah ich die Frau in der Lobby warten und mit dem Nachtportier reden. Sie verstummten, während ich um meinen Schlüssel bat und dann auf den Lift wartete. Als die Türen sich schlossen, sah ich, daß sie mich mit hochgezogener Augenbraue und der Zunge zwischen den Lippen anschaute. Ich schüttelte den Kopf, grinste aber. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn es danach an der Tür geklopft hätte. Gedanken an Maureen, an ihr inbrünstiges Singen und ihren seidigen Hintern gingen bald in Schlaf über. Es war klar, daß ich mehr von ihr sehen würde, aber wann und wieviel? Am nächsten Morgen wachte ich mit derselben Hoffnung auf, schob sie aber beiseite. Es regnete
in Strömen, und ich merkte, daß ich meinen Rasierer vergessen hatte, und aus beiden Hähnen kam lauwarmes Wasser.
     
    Ich den folgenden Wochen fuhr ich zweimal nach London und jeweils am gleichen Abend wieder zurück. Wir besuchten ein Nachmittagskonzert und eine Matinee im National Theatre. Manchmal hielten wir Händchen auf eher flüchtige Art. Nachdem ich bereits versucht hatte, zu schnell zu weit zu gehen, wollte ich sie wissen lassen, vermute ich zumindest, daß ich nicht nur auf das eine aus war, und wenn, dann nur im Verlauf einer längeren Reise. Doch da ich dies jetzt nach all den restlichen Geschehnissen schreibe, da diese Reise nun vorüber ist und ich nur wenige Notizen habe, die mich leiten, kann ich nicht sagen, ob ich mir jetzt nur vormache, daß sie sich damals etwas vormachen ließ. Ich habe wenig getan, um mich ihr bekanntzumachen, habe ihr die Freiheit gegeben, sich mir bekanntzumachen, indem sie zum Beispiel ihre Ansichten erläuterte, ohne daß ich mit eigenen konterte, oder zumindest kaum.
    Am ersten Nachmittag kamen wir auf der Straße an einigen Jugendlichen vorbei, die vermutlich gerade arbeitslos waren, aber dennoch ziemlich forsch und angeberisch auftraten.
    »Mann! Die könnten wirklich Arbeit finden, wenn sie nur wollten. Man sollte die Wehrpflicht wieder einführen«, sagte sie mit Vehemenz.
    »Ich habe meine Wehrpflicht abgeleistet«, erwiderte ich. »Und danach habe ich mich nie mehr nach Arbeit umgesehen.«
    »Sie glauben, die Welt ist ihnen was schuldig. Alles nehmen und nichts geben. Immer nur bitte und nie danke. Als würde das alles hier ihnen gehören, kein Respekt, keine Selbstdisziplin. Oder bin ich jetzt gerade eine ungerechte alte Schachtel?«
    Ich sagte nichts. Einer der Jugendlichen pfiff hinter uns her. Es klang grausam, und ich wußte nicht, wie ich reagieren sollte. Wir kamen durch eine Straße, auf der Müll verstreut lag, und sie wich ihm sehr übertrieben aus, was allerdings wegen der Hundescheiße mittendrin auch vernünftig war.
    »Diese gräßlichen, verrückten, von Labour dominierten Gemeinderäte, was soll man da schon erwarten?«

    Das erforderte eigentlich einen Beweis, und wieder sagte ich nichts, las statt dessen die unflätigen Schmierereien an den Wänden und wies sie dann auf ein glänzendes silberfarbenes Auto hin, auf dessen Motorhaube die folgenden Sätze eingekratzt waren: »Wasser Unterschied zwischen BMW und Piepshow? Bei Piepshow isser Wixer ausen.«
    »Siehst du«, sagte sie. »Die Politik des Neids. Wenn sie richtig schreiben könnten, würden sie nicht so denken, oder?«
    Ich sagte mir, sie sei eben nur pingelig, und wünschte ihr kein böses Erwachen, während sie weiter über Maggie redete und wir vorbeigingen an mächtigen, aber heruntergekommenen Gebäuden, die sehr selbstzufrieden aussahen und an Zeiten erinnerten, als wir noch das Selbstvertrauen hatten oder den Unternehmergeist oder was sonst nötig war, um der Welt zu sagen, wie sie sich aufführen soll. Und was sollte ich schon sagen, ein Mann, der sich verlieben wollte, wenn sie von dem Geld sprach, das einige Londoner Bezirke für Schwarze und Schwule und Lesben ausgaben und nicht für das Ausmerzen von Drogenkonsum und Hooliganismus und all den wirklichen Übeln dieser Welt. »Du stimmst mir doch sicher zu ...«, war die Floskel, mit der sie entweder begann

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