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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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Exponiertseins, äh ...«
    Michelle stand auf und ging an mir vorbei in die Küche, sehr dicht und ohne ein Wort, während sie auf mich herunterstarrte, der ich die Stelle anstarrte, wo ihre Hose sehr eng saß, wirklich extrem eng. Ich hüstelte etwas erstickt. Als sie verschwunden war, sagte Annelise leise zu mir: »Sie ist ein Star, das ist sie wirklich. Für sie ist es okay.«
    Auch darauf gab es keine Antwort. Jetzt waren wir miteinander allein. Ich hätte sie gern ausführlich nach dem Leben gefragt, das sie führte, aber Michelle würde bald zurückkommen und dann nicht erwarten, mich noch hier zu sehen. Für Mitgefühl, oder was immer Annelise von mir erwartete, würde ich aber Zeit brauchen, nicht zuletzt wegen der Neugier, die damit einherging. Aber was könnte ich schon beitragen, egal, was sie mir erzählte? Ich schaute
sie an und gleich wieder weg. Sie hatte meine Mißbilligung als gegen sie gerichtet interpretiert.
    »Sagen Sie nichts. Ich habe ja schon Glück, daß ich so weit gekommen bin, wie ich bin. Es gibt Hunderte, die es nicht geschafft haben.«
    »Sie meinen, weil sie insgesamt oder Teile von ihnen nicht die richtige Form oder Größe haben?«
    Sie versuchte ein Lächeln. Ihr Gesicht schien um die Augen herum geschrumpft zu sein, die mich jetzt blind anstarrten, wie hinter einem Vergrößerungsglas. Es war nicht nur Traurigkeit, sondern eine Sehnsucht nach Leben, so als würde sie nach einer zehrenden Krankheit jetzt langsam genesen. Sie brauchte einen langen Urlaub in der Sonne, viel Ruhe und Unmengen von Essen. Sie mußte sich von zu viel Training erholen. Sie mußte im Ballett endlich etwas zuwege bringen. Aus der Küche kam nun plötzlich ein lautes Klappern, das nichts mit Abwaschen zu tun hatte.
    »Das oder nicht genug Engagement oder Talent«, sagte sie und fügte dann hinzu: »Das Problem ist, daß das zweite, in meinem Fall, nie ganz ans erste heranreicht. Größe und Form sind in Ordnung.«
    »Ja, das sehe ich ...« Dann (verzeihen Sie mir nur noch ein einziges Mal) sagte ich: »Aber man macht Ihnen ganz schön Beine, möchte ich wetten?«
    Das dürfte so ziemlich der dümmste Witz sein, der in Ballettkreisen gemacht werden kann, dicht gefolgt von dem über Pas de deux/Väter von Zwillingen; es war deshalb eine Erlösung, als Michelle zurückkam, Annelise streng anschaute und sagte: »Sie sind hier, um uns zu sagen, daß wir nicht soviel Lärm machen sollen, oder?«
    Sie schaute auf meine leere Kaffeetasse hinunter und fragte entschieden nicht, ob ich noch eine zweite wollte. Das war meine letzte Chance. Wenn das ganze Kniekratzen und Räuspern nicht gewesen wäre, hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
    »O nein, überhaupt nicht. Ist doch nur verständlich, daß man sich nach all diesen Dingen mal entspannen muß. Ich wäre der letzte ... Ich meine, es ist ja nicht so, daß ich am Morgen schon
ganz früh rausmuß oder meinen Schönheitsschlaf bräuchte ...« Ich rieb mir das Kinn und hob eine Augenbraue und sah, daß sie sich entspannten und leicht grinsten, wenn auch nicht ausschließlich vor Erleichterung. »Bei mir könnt ihr keinen großen Schaden anrichten. Macht euch in der Richtung nur keine Gedanken, wirklich. Genießt das Leben, solange ihr noch könnt ...«
    Ich stand langsam auf und simulierte dabei quälende Rückenschmerzen, die sie, das sah ich an ihrer Besorgnis oder Ungeduld, für echt hielten, wozu sie auch jeden Grund hatten. Annelise machte mir Platz und hätte mich beinahe am Ellbogen gefaßt, als ich zur Tür humpelte.
    »Das ist mal eine ganz andere Reaktion als von diesem schrecklichen Foster. Er hat gedroht, uns hinauszuwerfen« sagte Michelle.
    »Er hat noch Schlimmeres angedroht«, sagte Annelise. »Er ist unser Vermieter, das heißt, er hat einen Schlüssel, und wir wissen, daß er bei uns herumschnüffelt, wenn wir nicht da sind, in unserer Wäsche stöbert, da sind wir uns ganz sicher.«
    In drei munteren Schritten war ich an der Tür. »Was aber noch ein ganzes Stück schlimmer wäre, wenn ihr in ihr drinstecken würdet«, bemerkte ich mit einem anzüglichen Grinsen oder wie immer man das nennen mag.
    So weit würde er nie gehen, nicht einmal in die Nähe, und ich hätte ihn verteidigen sollen. Dieses Wort kenne ich, einschmeicheln, aber trotzdem vielen Dank. Wie auch immer, kapiert hatten sie den Witz, denn sie ignorierten ihn, beziehungsweise Michelle rümpfte die Nase, und Annelise riß die Augen auf, was ich beides ebenfalls tat und

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