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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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bräuchte nur dorthin zurückzugehen, und dann würden die Jahre von mir abfallen, und ich würde die Stimmen hören, als lebte ich selbst wieder in der Vergangenheit.
    So kam es also, daß ich mir dieses kleine Haus in Gehdistanz zu diesem Küstenstreifen kaufte. Wir waren damals glücklich gewesen. Es ist ein Ort, wo die Leute glücklich sind, am Meer, am Rand der Welt. Das sagte ich mir zumindest. Aber die so lebendige Hoffnung dieses Tages kehrte nie zurück. Es kam auch nichts Neues mehr dazu. Die Stimmen habe ich nicht gehört. Die Erinnerungen wurden seltener und undeutlicher. Die Zeit läßt sich nicht so leicht betrügen.
    (Dies ist später hinzugefügt. Heute ist Volkstrauertag, der Tag der Erinnerung. Natürlich ist Erinnerung viel mehr als das — eine Sehnsucht nach der Vergangenheit usw. Mit Sicherheit gibt es Bücher zu diesem Thema. Wir suchen das frühere Glück, doch je mehr wir es finden, desto stärker werden wir daran erinnert, was wir verloren haben, und das ist besser vergessen. Das Lächeln verblaßt in unserem Gesicht. Es ist auch die Last dessen, was nicht geändert, nicht ungeschehen gemacht werden kann. Diese Dinge überragen das Glück, das einmal war, verdunkeln es. In der Erinnerung finden wir kein dauerhaftes Glück, wenn überhaupt. Die Last wird einem nie genommen. Und das sollte sie auch nicht, vor allem heute nicht, da wir uns selbst vergessen können, indem wir andere nicht vergessen. Denn dann werden wir daran erinnert, daß wir nicht allein sind. Darin kann ein gewisses Glück liegen, daß wir uns für ein paar Stunden vergessen, in einem Moment der Selbstlosigkeit. Ein alter Soldat sagte einmal: »Wir taten, was unsere Pflicht war, und jetzt können wir nur Anerkennung zollen.« Man sah seinem Gesicht an, daß es sehr viel gab, was er
nicht vergessen konnte. Er hatte es schon lange aufgegeben, über sich selbst nachzudenken, aber vielleicht fand er ein gewisses Glück darin, für andere zu sprechen, sowohl Tote wie Lebendige. Wie auch immer. Ich konnte es einfach nicht so stehenlassen, daß ich nur um der Erinnerung willen hierherkam. Damit könnte ich nicht glücklich sein.)
    Hätte ich solche Gedanken schon früher haben können? frage ich mich. Bin ich weiser geworden? Falls ich mich verändert habe — dann nur deshalb, weil es mehr Vergangenheit gibt, über die ich nachdenken kann, ohne danach weiser zu sein als zuvor?
     
    Wenn ich damit weitermachen will, zunächst ein paar Fakten. Mein Haus steht auf halber Höhe eines Hügels in der Mitte einer Häuserzeile. Über und unter uns verlaufen einige ganz ähnliche Straßen. Das Haus ist ungefähr eine halbe Meile von der Hügelkuppe entfernt, von wo aus man eine gute Sicht auf die Bucht hat. Ich vermute, daß Mrs. Felix dort ihr Leuchtfeuer anzünden wird. Vom Fuß des Hügels ist es nur ein kurzer Weg bis zum Wasser, vorbei an einigen Läden, darunter auch der bereits erwähnte Eckladen, in dem ich meine Lebensmittel einkaufe. Das mache ich ziemlich regelmäßig, damit ich nicht zu sehr außer Atem komme, wenn ich das Zeug den Hügel hochschleppen muß. (Das erzählte ich auch meinem Arzt, nachdem ich ihm gestanden hatte, daß ich noch immer ab und zu einen Stumpen rauche, jedoch nicht ohne die Ausflucht, daß es nur kurze seien. »Ja, ja, auch die Kurzen machen den Atem kurz«, sagte er. Wobei er allerdings immer ziemlich kurz angebunden ist, was meine Gesundheit angeht, er verschreibt mir Tabletten und schärft mir eine vernünftige Lebensführung ein. Ich muß jedoch gestehen, daß mir allzu große Langatmigkeit bei diesem Thema auch nicht recht wäre. Mir genügte bereits ein Beispiel: Nachdem er sich mit besagtem langem Atem über Risikofaktoren ausgelassen hatte, schloß er mit dem Vorschlag, ich könnte doch einmal versuchen, in ein Fitneß-Studio zu gehen. Als ich nur das Gesicht verzog, sagte er: »Seien Sie doch nicht so. Es wird Sie nicht gleich umbringen. Und falls doch, dann überlegen Sie mal, wie gesund Sie sich dabei fühlen werden.«)

    Die anderen Leute in der Straße und der übrigen Nachbarschaft sind ein ziemlich gemischter Haufen. So enthält zum Beispiel der Vorgarten oder Hof fünf Häuser entfernt zwei zerlegte Motorräder, diverse Baumaterialien, weggeworfenes Spielzeug, zwei oder mehr schwarze Hunde und immer eins oder mehrere von, glaube ich, drei Kindern, deren Mutter ihnen beständig sehr laut einschärft, leise zu sein. Eines Tages stand ich an ihrem Tor, um einen Fußball zurückzugeben, der

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