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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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auch Stadtvögel irgendwo ihr Nest, aber sie wüsste nicht, dass ihr je eines aufgefallen wäre. „Aha", meinte er. „Dann werde ich dir wohl ein paar Nester zeigen müssen."
    „Au ja!", rief Jamie, leider mit vollem Mund.
    Sir Alistair zwinkerte dem Jungen kurz zu, ehe er an Abigail gewandt fortfuhr: „Jedes Spatzenpaar baut sein eigenes Nest, aber du hast ganz recht — manche Tiere finden sich zu Herden, Rudeln und Schwärmen zusammen und ziehen sogar ihre Jungen gemeinsam auf. Ich schreibe gerade über Dachse; sie leben gemeinsam in einem weitverzweigten Netz unterirdischer Gänge."
    „Können Sie uns auch einen Dachs zeigen?", fragte Jamie.
    „Sie sind ziemlich scheu", sagte Sir Alistair und schnitt in sein Pastetenstück. „Aber wenn du magst, zeige ich dir einen Dachsbau ganz hier in der Nähe."
    Jamie hatte den Mund gerade voller Erbsen, doch er nickte begeistert, um zu verstehen zu geben, dass er furchtbar gern einen Dachsbau sehen wollte.
    „Ist es das, was Sie oben im Turm machen?", fragte Helen. „Über Dachse schreiben?"
    Er sah sie an. „Ja, unter anderem. Derzeit arbeite ich an einem Buch über die Pflanzen und Tiere Schottlands und Englands. Ich bin Naturforscher. Hat Lady Vale Ihnen das nicht gesagt?"
    Helen schüttelte den Kopf und mied seinen Blick. Ihr Aufbruch war ja so überstürzt vonstattengegangen, dass Lady Vale kaum Zeit geblieben war, sie genauer zu informieren. Helen hatte sich, als sie Lister gerade verlassen hatte und fürchtete, dass man ihr folgte, Hilfe suchend an Lady Vale gewandt. Diese hatte daraufhin Sir Alistair vorgeschlagen, weil er in Schottland lebte — weit weg von London —, und Helen war nur zu bereitwillig auf die Idee eingegangen. Sie war sehr verzweifelt gewesen.
    „Haben Sie schon viele Bücher geschrieben?", fragte sie nun und kam sich etwas einfältig vor, weil sie sich nie groß Gedanken gemacht hatte, was er wohl da oben den ganzen Tag trieb im wunderlichen Sammelsurium seines Turmzimmers.
    „Erst eines." Er nahm einen Schluck Wein und sah sie an. „Es heißt Ein kurzer Überblick über die Flora und Fauna Neuenglands .”
    Überrascht blickte sie auf. „Oh, davon habe ich schon gehört. In London redet man überall davon. Kürzlich sah ich sogar zwei elegante Damen in einer Buchhandlung in der Bond Street, die sich um das letzte Exemplar gestritten haben. Die Flora und Fauna Neuenglands ist unverzichtbar, in keiner vollständigen Bibliothek darf es fehlen. Und das haben wirklich Sie geschrieben?"
    Mit leisem Spott senkte er den Kopf. „Ich bekenne mich schuldig."
    Helen wusste kaum, was sie denken sollte. Dieses Buch war ein ausgesprochen vornehmer Prachtband mit ganzseitigen, handkolorierten Illustrationen. Nie, nicht mal im Traum, wäre sie darauf gekommen, dass Sir Alistair etwas so Schönes hätte verfassen können.
    „Haben Sie das Buch auch illustriert?"
    „Gewissermaßen. Die Stiche haben meine Skizzen zur Vorlage", erwiderte er.
    „Es ist wunderschön", sagte sie und meinte es auch genau so. Schweigend sah er sie an und hob sein Glas.
    „Ich will das Buch sehen", bat Jamie. „Bitte, bitte."
    Abigail hatte aufgehört zu essen. Zwar stimmte sie nicht in Jamies Gebettel ein, aber es war offensichtlich, dass auch ihre Neugierde geweckt war.
    Sir Alistair setzte sein Glas ab und gab sich geschlagen. „Irgendwo in der Bibliothek müsste wohl noch ein Exemplar sein. Sollen wir mal schauen?"
    „Au ja!", kam es von Jamie, diesmal glücklicherweise mit leerem Mund.
    Sir Alistair sah Helen an und hob fragend die Braue über seiner Augenklappe. Fast war es, als fordere er sie heraus.
    Alistair erhob sich von seiner frisch polierten Tafel und ging an das andere Ende des Tisches zu Mrs Halifax, um ihren Stuhl zurückzusetzen. Argwöhnisch über so viel Galanterie sah sie ihn an. Schon allein deshalb machte er sich einen Spaß daraus, ihr auch noch seinen Arm zu reichen.
    Sie ließ die Fingerspitzen so zaghaft auf seinem Ärmel ruhen, als fürchtete sie, sich zu verbrennen. „Wir möchten Sie nicht von der Arbeit abhalten, Sir Alistair. Ich weiß, dass Sie ein viel beschäftigter Mann sind."
    Belustigt neigte er den Kopf. So leicht kam sie ihm nicht davon. „Wohl wahr, Madam, doch nichts eilt so sehr. Nehmen Sie eine Kerze mit."
    Sie erwiderte nichts, nickte nur, doch um ihren Mund spielte ein leicht missbilligender Ausdruck. Wortlos nahm sie eine der Kerzen von der Anrichte und ließ sich von Alistair hinüber in die Bibliothek führen; die

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