Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
vor der Bibliothek waren nahezu alle Gäste versammelt. Sie beschwerten sich lauthals über ihre ungeschickten Diener und nahmen mit schrillen Ausrufen voneinander Abschied. Lady Troubridges Hausgesellschaft hatte dieses Mal vielleicht ein wenig kürzer gedauert als gewohnt, war dafür jedoch aufregender gewesen, als es irgendjemand in seinen kühnsten Träumen erwartet hätte.
Cam war gerade auf dem Weg zum Ausgang, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Er drehte sich um und stand Tuppy Perwinkle gegenüber.
»Guten Tag«, grüßte Cam mit einer Verbeugung. »Ich fürchte, ich muss unverzüglich nach Griechenland zurückkehren. Andernfalls … «
Tuppy fiel ihm ins Wort. »Meine Frau hat gesagt, dass die Herzogin Sie liebt.«
Cams Magen verkrampfte sich. »Mir ist nicht klar, warum Sie mir die Gedanken Ihrer Frau zu diesem Thema mitteilen.«
Tuppy blickte ihn finster an. »Ich hatte meine Frau bereits aufgegeben. Ich möchte nicht, dass Sie denselben Fehler begehen.«
»Da meine ehemalige Frau sich gestern wieder vermählt hat, sind mir offensichtlich die Hände gebunden«, entgegnete Cam eisig. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.« Er gab Phillipos, der mit seinem Gepäck in einer Ecke des Vestibüls wartete, ein Zeichen und verabschiedete sich förmlich von Lord Perwinkle.
Die Reise zur Küste verlief ereignislos. Einige Tage später stand Cam an der Reling eines hübschen kleinen Seglers namens The Molly und versuchte, nicht mehr zur Anlegestelle hinüberzustarren. Es war absurd anzunehmen, dass diese Staubwolke oder jene Kutsche seine Frau – nein, Bonningtons Frau – zu ihm bringen würde. Es war mehr als absurd zu glauben, dass seine Frau ihm folgen würde, dass sie sich anders besonnen hätte. Welch ein Idiot er doch war, zu hoffen, dass dies alles nur ein Albtraum war, aus dem er jeden Moment aufwachte, weil sie ihn schimpfte, dass er ihr ins Ohr schnarche oder sie im Schlaf angrapsche.
Und doch konnte er nicht aufhören zu hoffen. Eine große Kutsche fuhr vor, die einer Herzogin durchaus angemessen erschien. Cam strengte seine Augen an, doch er sah lediglich einen dicken Pastor, der aus der Kutsche stieg und einer noch dickeren Frau heraushalf. Selbst aus dieser Entfernung konnte er ihr Gekeife hören und wie sie den Gottesmann als Ochsen und Einfaltspinsel beschimpfte.
Gina hatte ihre Wahl getroffen – und sie hatte gut gewählt. Bonnington war ein anständiger Mann, zuverlässig und darüber hinaus höllisch gut aussehend. Außerdem lebte er in England. Bonnington hatte Esme Rawlings zwar angestarrt wie ein verhungernder Hund einen Knochen, aber wen interessierte es? Er würde diskret sein. Gewiss nahm er nicht ausgerechnet die beste Freundin seiner Frau zur Geliebten.
Ich könnte niemals so korrekt sein, überlegte Cam. So manches Mal während seiner Reise zur Küste hatte er versucht, sich das englische Landleben vorzustellen. Er würde flache Brücken bauen und Dinnergesellschaften zu Erntedank geben. Doch immer wieder schweifte er ab zu der Fantasie, wie er seine Frau auf einem rohen Holztisch inmitten von Kürbissen und Bohnen …
Er verbot sich jeglichen Gedanken daran und ging unter Deck in seine Kabine. Der Kapitän hatte angekündigt, dass sie insgesamt drei Passagiere sein würden. Also schlussfolgerte Cam, dass er die nächsten zwei bis drei Monate in der Gesellschaft eines Predigers und seines übellaunigen Hausdrachens verbringen würde. Er wollte gar nicht mitansehen, wie der dicke Pastor an Bord ging. Das könnte ja aussehen, als wartete er auf jemanden!
Eine knappe Stunde nachdem das Schiff in See gestochen war, kam Phillipos in die Kabine seines Herrn. »Der Kapitän sagt, dass wir die Küste hinter uns gelassen haben, Sir. Er würde die Passagiere gern zu einem Sherry einladen.«
Cam schaute mit finsterer Miene auf. Er hatte sich gerade von einem Anfall übelster Laune erholt und beschäftigte sich mit schnell hingeworfenen Kohleskizzen, die noch ein wenig ungelenkt wirkten. Er wusste aus Erfahrung, dass es einige Stunden dauerte, bis seine Hand sich an das schlingernde Schiff gewöhnt hatte.
»Um Himmels willen«, kommentierte Phillipos. »Diese Frau sieht aber streng aus.«
»Medusa«, erklärte Cam knapp, dann legte er die Zeichnung von der Göttin mit den Schlangen im Haar auf den Tisch und wusch sich die Hände in der Waschschüssel. »Meinst du, ich muss mich zum Dinner umziehen?«
»Ganz ohne Zweifel, Mylord. Kapitän Brackit scheint mir ein sehr
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