Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
»Ich selber werde es auch tun, wenn ich hinuntergehe. Um meinen Ruf schere ich mich nicht die Bohne. Ich werde mich aufs Land zurückziehen.«
»Um was zu tun?«, fragte Helene sanft. »Bohnen anzubauen?«
»Ich werde um Miles trauern. Bitte Gina, rede Sebastian zu, dass er die Wahrheit sagt! Ich werde unverzüglich abreisen. Mir ist es gleich, was die Leute von mir denken.«
Gina schluckte schwer. »Die Gesellschaft wird dich kreuzigen, Esme. Es muss doch einen anderen Weg geben!«
»Den gibt es nicht. Es ist mir völlig egal, was man von mir denkt. Ich werde niemals mehr mit einem Mann schlafen, Gott ist mein Zeuge. Ich will nur meinen Frieden.« Sie hielt kurz inne. »Ich möchte nur, dass du eines weißt, Gina. Ich hätte das nie getan, wenn ich nicht fest davon überzeugt gewesen wäre, dass du mit Girton verheiratet bleiben wolltest.«
»Das ist es ja eben!« Nun brach Gina in Tränen aus. »Ich weiß nicht, was ich will! In dem einen Moment will ich Sebastian heiraten, im nächsten Cam.«
Vom Korridor drang Lärm herein. Esme öffnete die Tür gerade in dem Augenblick, als vier Diener ihren Mann aus dem Zimmer trugen. Sie blieb in der Tür stehen, die Hand aufs Herz gepresst. Helene trat hinter sie.
»Wissen sie überhaupt, wo sie ihn hinbringen müssen?«, fragte Esme. »Miles würde nach Hause aufs Land wollen.«
»Dazu bleibt noch genügend Zeit«, tröstete Helene. »Sie legen ihn vorerst in die Kapelle. Die Kutsche fährt dann heute Nachmittag.«
»Die Kutsche … « Esme stockte.
»Du wirst der Kutsche deines Mannes folgen. Ich nehme an, Lady Troubridge hat bereits angeordnet, dass sie schwarz verhängt wird. Hast du ein schwarzes Kleid dabei?«
Esme gab keine Antwort.
»Ich werde dich begleiten, wenn du es möchtest.«
»Das ist sehr lieb von dir«, sagte sie niedergeschlagen. Dann ging sie in ihr nun leeres Schlafzimmer. Fast wäre sie über etwas gestolpert. »Die Aphrodite.« Esme hob die Statue auf. »Sie ist auseinandergebrochen. Das muss passiert sein, als ich sie fallen ließ. Es tut mir so leid. Ich habe deine Aphrodite zerbrochen. Sie ist kaputt. Ich mache alles kaputt!«
»Nicht doch«, sagte Gina. »Sie ist doch nur in der Mitte aufgeklappt. Ich wollte dich ohnehin um die Aphrodite bitten, damit ich meinem Bruder das geben kann, was sich in ihrem Inneren befindet.«
»Deinem Bruder?«
Zwei entsetzte Augenpaare starrten Gina an. »Mr Wapping«, antwortete sie mit einem unsicheren Lächeln. Sie nahm die Aphrodite von Esme entgegen. »Hatte ich euch nicht erzählt, dass Mr Wapping auch ein Kind der Gräfin Ligny ist?«
»Mr Wapping ist dein Bruder ?«, wiederholte Esme ungläubig.
»Eigentlich ist er mein Halbbruder.« Gina zog einige gerollte Blätter aus dem hohlen Inneren der Aphrodite. »In der Statue ist ja nur Papier. Keine Edelsteine.«
»Mr Wapping?«, fragte Helene bestürzt. »Dein Lehrer? Hat er dir die Statue geschenkt?«
»Nein, die Statue wurde mir von der Gräfin Ligny vererbt«, erklärte Gina, während sie das Band aufknüpfte, das die Blätter zusammenhielt. »Also, das ist ja nun wirklich merkwürdig!«
Die beiden Freundinnen schauten sie fragend an.
»Das sind meine Briefe. Die Briefe, die ich der Gräfin geschrieben habe. Hier ist der erste Brief und hier der zweite. Das war der letzte Brief, den ich ihr vor ihrem Tode geschrieben habe. Warum um alles in der Welt hat die Gräfin mir meine Briefe zurückgeschickt?«
»Liegt eine Nachricht von ihr bei?«
Gina schüttelte den Kopf, während sie die wenigen Blätter erneut durchsah.
»Vielleicht hat sie vergessen, dass die Briefe in der Figur steckten«, schlug Helene vor.
»Mr Wapping wird überaus enttäuscht sein«, überlegte Gina. »Er hatte sich Smaragde erhofft.«
»Woher um alles in der Welt wusste dein Lehrer – dein Bruder – von der Aphrodite?«, fragte Helene.
»Die Gräfin hat ihm mitgeteilt, dass die Aphrodite ihren kostbarsten Besitz enthalte«, erklärte Gina und lachte ungläubig auf.
Ein Lächeln glitt über Esmes Gesicht. »Ihr kostbarster Besitz.« Sie streckte die Hand aus und berührte die Briefe. »Das ist doch sehr schön.«
Gina biss sich auf die Lippe. »Sie kann es nicht so gemeint haben.«
»Natürlich hat sie das«, betonte Helene.
»Aber warum hat sie mir dann nicht persönlich geschrieben?«
»Wer weiß!«, sagte Esme. »Jedenfalls waren deine Briefe das Kostbarste, was sie besaß.« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
»Das hätte ich nie gedacht.« Gina
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