Ein Universum aus Nichts
Wirtschaftswissenschaft. Wann immer ich beispielsweise gefragt werde, was die nahe Zukunft für die Naturwissenschaft bereithalte oder welcher große Durchbruch demnächst zu erwarten sei, erwidere ich stets, dass ich, wenn ich es wüsste, genau jetzt daran arbeiten würde!
Deshalb möchte ich das in diesem Kapitel vorgestellte Bild lieber so sehen wie das Bild der Zukunft, das der dritte Geist in Dickens’ Eine Weihnachtsgeschichte präsentiert. Es ist die Zukunft, wie sie sein könnte . Schließlich haben wir keine Ahnung, was die den leeren Raum durchdringende Dunkle Energie ist. Folglich können wir uns auch nicht sicher sein, dass sie sich wie Einsteins kosmologische Konstante verhalten und konstant bleiben wird. Sollte das nicht der Fall sein, könnte die Zukunft des Universums ganz anders aussehen. Vielleicht beschleunigt sich die Expansion nicht ständig weiter, sondern verlangsamt sich im Lauf der Zeit wieder, sodass ferne Galaxien nicht verschwinden werden. Oder es tauchen vielleicht irgendwelche neue beobachtbare Größen auf, die wir jetzt noch nicht aufspüren können, während sie den Astronomen der Zukunft möglicherweise Belege liefern, dass ein Big Bang stattgefunden hat.
Wie dem auch sei: Die von mir skizzierte Zukunft beruht auf allem, was wir heute über das Universum wissen; es ist die derzeit plausibelste Version. Es ist spannend, sich zu überlegen, ob künftige Wissenschaftler durch Logik, Vernunft und empirische Daten vielleicht immer noch dazu gebracht werden können, korrekt auf die zugrunde liegende Natur unseres Universums zu schließen, oder ob dies für immer hinter dem Horizont verborgen bleiben wird. Vielleicht entwickelt ein brillanter Wissenschaftler, der die fundamentale Natur von Kräften und Teilchen erforscht, ein theoretisches Modell, aus dem abzuleiten ist, dass die Inflation stattgefunden hat oder dass es im leeren Raum Energie geben muss. In der Folge würde das erklären, warum innerhalb des Sichthorizonts keine Galaxien vorhanden sind. Doch was das angeht, bin ich nicht gerade optimistisch.
Schließlich ist Physik eine empirische Wissenschaft, die durch Experimente und Beobachtungen vorankommt. Hätten wir nicht aufgrund von Beobachtungen auf die Existenz Dunkler Energie geschlossen, wäre wohl kein Theoretiker so kühn gewesen, heute ihr Vorhandensein vorzuschlagen. Zwar ist es auch möglich, sich vorläufige Hinweise vorzustellen, die nahelegen, dass an dem Bild von einer einzigen Galaxie in einem Universum ohne Big Bang etwas falsch ist – vielleicht beobachtete Elementhäufigkeiten, die nicht normal erscheinen. Dennoch habe ich den Verdacht, dass Ockhams Rasiermesser bewirken dürfte, das einfachste Modell für das richtige zu halten, weshalb man die abnormen Beobachtungen wohl mit irgendwelchen lokalen Effekten erklären würde.
Bob Scherrer und ich haben auf das Problem verwiesen, dass künftige Wissenschaftler falsifizierbare Daten und Modelle verwenden werden – was als vorbildlich für gute Wissenschaft anzusehen ist –, dabei aber ein falsches Bild des Universums erhalten. Seitdem haben viele unserer Kollegen sich bemüht, Möglichkeiten vorzuschlagen, wie zu erkunden wäre, ob das Universum in ferner Zukunft tatsächlich weiter expandieren wird. Auch ich kann mir mögliche Experimente vorstellen. Ich kann aber nicht erkennen, dass sie gut begründet wären.
Beispielsweise müsste man helle Sterne aus unserer Galaxie ausstoßen und sie ins All hinausschicken, ungefähr eine Milliarde Jahre warten, bis sie explodieren, und in Abhängigkeit der vor ihrer Explosion erreichten Entfernung versuchen, ihre Fluchtgeschwindigkeiten zu beobachten. Daraus wäre dann vielleicht zu erkennen, ob sie durch eine mögliche Expansion des Raums einen zusätzlichen Kick erfahren haben. Das ist keine einfache Übung, doch selbst wenn man sich vorstellen könnte, das irgendwie auf die Reihe zu bekommen, sehe ich nicht, wie eine National Science Foundation der Zukunft das Experiment finanziert, ohne zumindest noch ein weiteres Argument im Sinne eines expandierenden Universums vorgelegt zu bekommen. Und falls Sterne unserer Milchstraße irgendwie auf natürliche Weise daraus herausgeschleudert würden und auf ihrem Weg zum Horizont aufzuspüren wären, erscheint es mir nicht klar zu sein, dass eine beobachtete abnorme Beschleunigung eines dieser Objekte durch einen so kühnen und seltsamen Vorschlag gedeutet werden könnte, den ein expandierendes, von Dunkler Energie
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