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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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einem Vorzug der Theorie geworden. Man kann sich vorstellen, dass man in ein zehndimensionales »Multiversum« eine ganze Menge unterschiedlicher vierdimensionaler (oder fünfdimensionaler, sechsdimensionaler und so weiter!) Universen einbetten kann. Jedes einzelne kann verschiedene physikalische Gesetze haben, und zudem kann in jedem von ihnen eine andere Energie des leeren Raums vorhanden sein.
    Auch wenn sich das wie ein nützliches Lügenmärchen anhört, scheint die Aussage eine automatische Konsequenz der Stringtheorie zu sein, und sie erschafft eine richtige »Landschaft« des Multiversums. Damit könnte ein natürlicher Rahmen vorliegen, in dem ein anthropisches Verständnis für die Energie des leeren Raums zu entwickeln wäre. In diesem Fall benötigen wir keine unendliche Zahl möglicher Universen, die im dreidimensionalen Raum voneinander getrennt vorliegen. Vielmehr können wir uns eine unendliche Zahl von Universen vorstellen, die – für uns unsichtbar – an einem einzigen Punkt in unserem Raum übereinandergestapelt sind und jeweils bemerkenswert unterschiedliche Eigenschaften aufweisen könnten.
    Ich möchte betonen, dass diese Theorie nicht so trivial ist wie die theologische Überlegung des heiligen Thomas von Aquin, ob mehrere Engel denselben Ort besetzen können. Diese Idee verspotteten spätere Theologen als fruchtlose Spekulation, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz fänden. Tatsächlich beantwortete Thomas diese Frage selbst – er sagte, mehr als ein Engel könne nicht an ein und demselben Ort sein –, natürlich ohne jede theoretische oder experimentelle Begründung! Und wenn es sich um bosonische Quanten-Engel handelte, hätte er in jedem Fall falschgelegen.
    Angesichts eines solchen Modells und mithilfe angemessener Mathematik sollte man prinzipiell erwarten, wirklich physikalische Vorhersagen treffen zu können. Beispielsweise könnte man eine »Wahrscheinlichkeitsverteilung« ableiten, die beschreibt, wie wahrscheinlich es ist, verschiedene Typen vierdimensionaler Universen zu finden, die in ein höherdimensionales Multiversum eingebettet sind. Man könnte zum Beispiel darauf stoßen, dass Universen mit niedriger Vakuumenergie größtenteils auch drei Familien von Elementarteilchen und vier verschiedene Kräfte besitzen. Oder wir finden vielleicht heraus, dass nur in Universen mit niedriger Vakuumenergie eine elektromagnetische Kraft mit großer Reichweite existieren kann. Jedes derartige Ergebnis dürfte hinreichend überzeugende Belege dafür liefern, dass eine probabilistische anthropische Erklärung für die Energie des leeren Raums – also der Befund, dass ein Universum wie das unsere mit niedriger Vakuumenergie nicht unwahrscheinlich ist – einen soliden physikalischen Sinn ergibt.
    Doch die Mathematik hat uns bislang nicht dahin gebracht, und das könnte ewig so bleiben. Trotz unserer derzeitigen theoretischen Unfähigkeit ist damit aber nicht gesagt, dass diese Möglichkeit nicht von der Natur realisiert worden ist.
    Wie dem auch sei – mittlerweile hat die Teilchenphysik die anthropische Argumentation ein Stück weiter vorangebracht.
    Teilchenphysiker sind den Kosmologen weit voraus. Die Kosmologie hat eine vollkommen mysteriöse Größe hervorgebracht – die Energie des leeren Raums, von der wir im Grunde nichts verstehen. Allerdings hat die Teilchenphysik sehr viel mehr Größen für weit längere Zeit ebenfalls nicht verstanden!
    Ein Beispiel: Warum gibt es drei Generationen von Elementarteilchen – das Elektron und seine schwereren Cousins, etwa das Myon und das Tauon, oder drei verschiedene Gruppen von Quarks, wo die Gruppe mit der niedrigsten Energie den größten Teil der auf der Erde vorgefundenen Materie ausmacht? Warum ist die Gravitation so viel schwächer als die anderen Naturkräfte wie beispielsweise der Elektromagnetismus? Warum ist das Proton 2000-mal schwerer als das Elektron?
    Inzwischen haben einige Teilchenphysiker das anthropische Argument überschwänglich übernommen – vielleicht weil ihre Bemühungen, diese Mysterien in Übereinstimmung mit physikalischen Ursachen zu erklären, bislang erfolglos geblieben sind. Denn wenn eine fundamentale Größe in der Natur letztlich ein Zufall der Umgebung war: Warum gilt das dann nicht auch für die meisten oder alle anderen fundamentalen Parameter? Vielleicht sind ja alle Geheimnisse der Teilchentheorie durch Anrufung desselben Mantras lösbar: Wäre das Universum irgendwie anders, könnten wir

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