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Ein unmoralischer Handel

Ein unmoralischer Handel

Titel: Ein unmoralischer Handel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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überhaupt existierte. Sie konnte nicht länger so weitermachen.
    Die ganze Rückfahrt in die Mount Street hing sie ihren Gedanken nach, gab nur geistesabwesend Antwort, als sie sich zusammen mit Serena und ihren Stiefschwestern in der Eingangshalle von Esher und Carstairs verabschiedete. Sie stieg die Treppen hinauf, murmelte ihre Gute-Nacht-Wünsche, überließ sich Nellies Diensten - und die ganze Zeit ging sie im Kopf jedes einzelne ihrer Treffen durch und versuchte, einen Blick hinter seinen Kriegsschild zu werfen. Als sie endlich allein war, legte sie sich einen Schal um die Schultern und kuschelte sich gemütlich in den Sessel am Fenster.
    Morwellan House war über fünfzig Jahre alt, errichtet auf den Grundmauern eines wesentlich älteren Gebäudes. Jahrhundertelang hatte das Anwesen den Morwellans gehört. Wie lange sie hier noch leben würden, lag in den Händen der Götter. Ihr eigenes Leben jedoch lag in ihren eigenen Händen. Sie starrte auf die alten Bäume am Ende des Gartens hinter dem Haus, tat einen tiefen Seufzer, verschränkte die Arme auf der steinernen Fensterbank und stützte das Kinn auf ihre Handgelenke.
    Wann hatte sie sich in ihn verliebt? War es passiert, als sie elf war? Hatte er es gefühlt - hatte ihn das so nervös gemacht, wenn sie in seine Nähe kam? Oder war es später gewesen? War ihre Liebe irgendwann nach ihrem elften Geburtstag erblüht, ohne dass sie überhaupt etwas bemerkt hatte? Oder hatte sich ihre mädchenhafte Zuneigung allmählich in etwas Ernsteres verwandelt?
    Fragen, die sich jetzt nicht mehr beantworten ließen. Das Einzige, was sie wusste, war, dass es geschehen war. Es fühlte sich - um ehrlich zu sein - nicht besonders neu an, jedenfalls nicht so neu wie das andere Gefühl, das sie entdeckt hatte: eine Verletzlichkeit, von der sie nicht einmal geahnt hatte, dass sie sie überhaupt besaß, bis das Schicksal und die Umstände ihr die Augen geöffnet hatten. Das war schon schlimm genug, doch da gab es noch mehr, dem sie sich stellen musste. Sie liebte ihn, doch ihre Liebe war noch nicht voll erblüht. Sie war noch immer eine Knospe, die nach einem langen Winter gerade erst erwachte; sie musste sich noch öffnen. Das wahre Ausmaß ihrer Liebe musste sie erst noch kennen lernen, ebenso das volle Spektrum ihres Verlangens. Doch sie konnte die Kraft spüren, die Macht, die in dieser Knospe schlummerte; einmal befreit, würde diese Macht ihre Willenskraft hinwegfegen, um dann zur bestimmenden Kraft ihres Lebens zu werden.
    Diese Tatsache steigerte ihre Angst nur noch.
    Die beiden bestimmenden Themen ihres Lebens - ihre Familie und ihre Liebe - steuerten auf eine gleichzeitige Lösung zu. Was auch immer sich vor dem Chancery Court ereignen würde, er, das wusste sie, würde da sein, bereit, sie in Sicherheit zu bringen, egal ob das Ergebnis Sieg oder Niederlage bedeutete. Wenn es Sieg bedeutete, würde er sie drängen, sich zu ergeben; im Falle einer Niederlage würde er keine Erlaubnis abwarten, sondern einfach Anspruch auf sie erheben. Aus seiner Sicht war alles absolut folgerichtig; aus ihrer war es alles andere als das.
    Aber zumindest verstand sie jetzt endlich ihre Angst, jetzt, nachdem sie sich die seltsame Erkenntnis eingestanden hatte, dass sie ihn liebte. Mit ihren neunundzwanzig Jahren kannte sie sich mittlerweile gut, was ein Vorzug war. Ihn so zu lieben, wie sie es tun würde, wenn sie ihrer Liebe freien Lauf ließ, würde sie ihm mit Haut und Haar ausliefern, das wusste sie. Sie war nicht in der Lage, halbe Sachen zu machen - wenn sie gab, gab sie ganz. Wenn sie ihr Herz schenkte, wäre es sein, voll und ganz, für immer und ewig. Noch war es nicht so weit, noch hatte sie sich ihrer Liebe nicht ergeben und ihr Leben in seine Hände gelegt. Wenn sie einwilligte, seine Frau zu werden, würde sie genau das tun.
    Aber was würde geschehen, wenn er sie nicht liebte?
    Der Schmerz, den sie fürchtete, rührte aus dieser Frage her. Sie war mit Enttäuschungen, Elend und Einsamkeit fertig geworden, mit der Bedrohung durch bittere Not und Verelendung, mit der Angst, ihre Lieben in Lumpen zu sehen. Sie hatte stets Kraft aufgebracht, wenn sie welche benötigt hatte, doch tief in ihrem Herzen wusste sie, dass der Schmerz, wenn er eines Tages nur noch freundlich zu ihr war, sie umbringen würde.
    Denn freundlich würde er auf jeden Fall sein, rücksichtsvoll und stets höflich. Doch wenn er sie nicht auf dieselbe Weise liebte wie sie ihn, dann würde ihre Liebe sie von

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