Ein unmoralischer Handel
dich und überlass dich einfach der Lust.«
Sie hatte weder die Kraft noch einen Grund, sich ihm zu widersetzen, also folgte sie ihm. Wenn sie auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, was er vorhatte, hätte sie vielleicht von irgendwoher die Kraft aufgebracht. Doch dem war nicht so. Also ließ sie ihren Empfindungen freien Lauf und ergab sich der unbeschreiblichen Wonne, sich ihm hinzugeben.
Der warme, kraftvolle Körper, der sich unter ihm wand, fesselte Gabriels Aufmerksamkeit umfassender und wirksamer als jede andere Frau zuvor - ja, als alles sonst in seinem bisherigen Leben.
Nichts war bisher so unwiderstehlich gewesen. Niemals zuvor hatte er sich so vollkommen und vorbehaltlos dem Moment hingegeben, der gemeinsamen Leidenschaft gehuldigt. Hier war mehr, etwas Tieferes, Kraftvolleres, Faszinierenderes. Der Connaisseur war bezaubert, der Mann schlichtweg gefangen.
Welcher neuen Liebkosung, welcher frevelhaften Lust auch immer er sie aussetzte - sie nahm an, begierig und dankbar, und belohnte ihn dann, indem sie ihn mit ihrem Körper verführte, ihn mit der uneingeschränkten Einladung überwältigte, zu nehmen, zu plündern, zu genießen.
Zu suchen, zu versinken, zu entdecken - kennen zu lernen. Vollkommen, absolut, ohne Grenzen oder Hintergedanken. Es gab nichts, das sie vor ihm verbarg, nichts, das sie ihm verweigerte. Er brauchte nur danach zu greifen, wortlos zu fragen, um aufgefordert zu werden zu nehmen, zu berühren, seinen Hunger in ihr zu stillen.
Doch ihre Großzügigkeit war nicht auf das Körperliche begrenzt. Er spürte keine Zurückhaltung, keine emotionale Distanz, sie verbarg ihre Gefühle nicht. Sogar als er sie zum Höhepunkt führte, konnte er ihre Verletzlichkeit spüren, die sie nicht zu überspielen versuchte.
Das war es, was ihn so sehr an ihr faszinierte, was seine Aufmerksamkeit in einem solchen Ausmaß fesselte. Er hatte ihr die Türen zur Sinnlichkeit geöffnet; im Gegenzug hatte sie für ihn eine Tür geöffnet, die er sich nicht einmal hatte vorstellen können - die Tür zu einer Sphäre größerer Intimität, die wesentlich direkter, wesentlich gefährlicher und außerdem noch wesentlich erregender war. Vollkommen ahnungslos hatte sie ihm gezeigt, wie viel mehr in dieser Sphäre möglich war - einer Sphäre, die er in- und auswendig zu kennen geglaubt hatte.
Dergleichen hatte er noch nie erfahren - diese alles verzehrende Leidenschaft. Sie war offen, ehrlich und herzergreifend mutig in ihrem Geben. Rückhaltlos bot sie ihm die ultimative Befriedigung - irgendetwas tief in ihm begann zu erbeben, als er danach zu greifen suchte.
Und dann kam es. Sie wurden von einer Woge erfasst und schier in den Himmel geschleudert. Die intensive Erlösung schwoll an und wogte über sie beide hinweg, und er ertrank in dem abgrundtiefen Brunnen ihrer Hingabe, in der höchsten Ekstase.
Sein letzter Gedanke, als er auf dem Rücken der Welle wieder hinabglitt, war, dass sie sein war. Heute Nacht - und für immer.
Er erwachte mitten in der Nacht. Einen Moment lang genoss er die feuchte Reglosigkeit, die sie beide gefangen hielt, dann löste er sich widerwillig, hob sich von ihr und entwirrte ihre Glieder, um neben ihr aufs Bett zu sinken und sie an sich zu ziehen. Er wäre gern einfach noch ein bisschen so dagelegen, hätte gern die tiefe Zufriedenheit genossen, die Nachwirkungen der Lust, die noch warm in seinen Adern pulsierte. Doch da wachte sie auf und wurde nervös. Ohne jede falsche Bescheidenheit, aber voller Angst.
»Ich muss gehen.« Auch in ihrer Stimme schwang ein Bedauern mit, das dem seinen entsprach, jedoch ihre Entschlossenheit unterstrich. Und Letztere war stark.
Sie machte sich los, und er ließ sie gehen, gepackt von dem dringenden Bedürfnis, sie an sich zu ziehen. Er war nie besitzergreifend gewesen; das kam ganz einfach nur - so sagte er sich -, weil er sie so sehr genossen hatte, weil die Erfahrungen, die er mit ihr gemacht hatte, so neu waren.
Er hörte, wie sie aus dem Bett schlüpfte, und lauschte den Geräuschen nach, als sie das Bett umrundete, um an der Wand nach ihrem Kleid zu suchen.
Er stand auf, fand seine Hose und zog sie an; dann tastete er sich in den Salon hinüber. Einen Augenblick später kehrte er, nachdem er beide Lampen entzündet hatte, zurück. Sie war schon in ihrem Kleid, hatte den Schleier bereits angelegt und kämpfte mit den Bändern.
»Moment.« Lässig trat er zu ihr, nahm sie bei der Hüfte und drehte sie herum. »Lass mich das
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