Ein unmoralischer Handel
Stiefsohn … Er hat bei White’s ein Gespräch mit angehört - zwischen einem Kapitän Irgendwer und einem anderen Mann. Der Kapitän sprach schlecht von der Central East Africa Gold Company.«
Er runzelte die Stirn. Wie förmlich. »Ich dachte, Ihr Stiefsohn wäre noch zu jung für White’s.«
»Ach, das ist er ja auch. Es war auf der Treppe - er war in der St. James Street unterwegs.«
»Mit wem hat der Kapitän gesprochen?«
»Charles kannte ihn nicht.«
»Mmh.« Es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, solange ihre gewichtige Wärme sich noch an ihn kuschelte, solange ihr Körper den seinen noch so intim umklammerte. Letzteres und seine wieder zurückkehrende Denkfähigkeit bewogen ihn zu der Bemerkung: »Ein Kapitän, der gerade aus Afrika zurückgekehrt ist, müsste ausfindig zu machen sein. Die Schiffsverzeichnisse, die Hafenbehörde, die großen Handelslinien. Irgendwo wird man ihn schon kennen.«
»Mit ihm als Zeugen könnten wir sofort eine Petition bei Gericht einreichen.«
Doch dann gäbe es keinen Grund mehr, dass sie einander trafen - aber er musste doch noch ihren Namen erfahren! Er runzelte die Stirn, dankbar für die Dunkelheit. »Vielleicht. Es kommt darauf an, wie viel er weiß.« Er drehte den Kopf und schielte zu ihr, konnte jedoch nichts erkennen. »Ich werde mich darum kümmern.«
»Haben Sie irgendetwas in Erfahrung gebracht?«
»Ich habe Kontakte in Whitehall, die sich bei den afrikanischen Behörden wegen der Minen dieser Gesellschaft umhören, und dann bin ich noch hinter ein paar Leuten her, die vielleicht etwas über die Gesellschaft in den einzelnen Orten wissen könnten.« Er rutschte den Sitz etwas hoch und schaute nach oben. »Nun - sagen Sie Ihrem Kutscher, er soll langsam zurückfahren, zur Brook Street.«
Sie setzte sich auf, seinen Rock immer noch fest im Griff, und räusperte sich. »Jones?«
Die Kutsche wurde langsamer und kam zum Halten. »Ma’am?«
»Brook Street, bitte. Sie wissen wohin.«
»In Ordnung, Ma’am.«
Gabriel machte es sich zu Nutze, dass sie ihren Hals reckte, und presste ihr die Lippen auf die Kehle. Sie unterdrückte mühsam ein Kichern und seufzte.
Dann stockte ihr Atem. Einen Augenblick später fragte sie nur ein ganz klein wenig benommen: »Noch mal?«
»Ich bin hungrig.«
Sie war es auch. Sie fielen eilig übereinander her, schamlos und triebhaft, und erreichten den leuchtenden Höhepunkt, noch bevor die Kutsche den Park verließ.
Leider war es nicht allzu weit bis zur Brook Street. Gabriel hüllte sie in ihren Umhang und setzte sie auf den Sitz neben sich. Er ordnete seine Kleidung, lehnte sich zu ihr hinüber und presste einen langen Kuss auf ihre geschwollenen Lippen.
Die Kutsche hielt. Er zog sich zurück. Über seine Schulter fiel der Schein einer Straßenlaterne herein und legte einen schmalen Lichtstrahl über ihr Gesicht. Sie war erschöpft, hatte die Augen geschlossen - er konnte nur den Rand eines Halbmondes aus dunklen Wimpern auf einer bleichen Wange erkennen. Der Lichtstrahl beleuchtete nur diese Wange, ihr Ohrläppchen, umrahmt von einer Strähne weichen braunen Haars, den Rand ihres Wangenknochens sowie einen Mundwinkel.
Nicht genug, um sie zu identifizieren.
Gabriel zögerte, dann bewegte er sich, und seine Schulter verdeckte das Licht. »Süße Träume, meine Liebe.«
Sie murmelte mit weicher, tiefer Stimme: »Auf Wiedersehen.« Der Abschied von Liebenden.
Als er auf die Straße getreten war, sah Gabriel der davonrollenden Kutsche noch nach. Am liebsten hätte er sie zurückgerufen. Er wandte sich um und stieg die Treppen hinauf. Als er nach seinem Haustürschlüssel tastete, verdüsterte sich seine Miene.
Er hatte ihr Gesicht schon einmal gesehen. Die Linie ihres Kinns kam ihm irgendwie bekannt vor.
Sie war eine aus seinen Kreisen.
Wer?
Er trat ein und ging hinauf, um schlafen zu gehen.
Schnief.
Alathea kämpfte darum, ihre schweren Lider zu heben - und verlor.
Schnief.
Sie unterdrückte einen Seufzer, versuchte es erneut und schaffte es schließlich, durch den Schlitz hindurchzulugen. »Nellie?«
Schnief. »Ja, M’lady?«, kam es in geschmerztem Ton zurück. Schnief.
Alathea drehte sich mit Mühe auf den Rücken und hob den Kopf. Und sah Nellie, rotnasig mit tränenden Augen, wie sie ihren Umhang ausschüttelte. Alathea holte tief Luft. »Nellie Macarthur! Du gehst sofort wieder ins Bett! Ich will dich hier heute nicht sehen - und auch nicht hören, dass du auf bist, bis es dir nicht
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