Ein unmoralischer Handel
schnell wieder in das Loch, aus dem sie es herausgerissen hatte, und drückte hastig die Erde fest. Dann kontrollierte sie ihren Haufen Unkraut. Zwei weitere Stiefmütterchen wurden schleunigst wieder in die Erde gepflanzt. Sie konnte nur hoffen, dass sie, falls sie eingingen, keine Lücke in ihrem Beet hinterließen.
Mit einem leisen Seufzer setzte sie sich auf die Fersen, wobei sie das Ziehen in ihren Oberschenkeln ignorierte. Sie musste aufhören, an die letzte Nacht zu denken. Sie musste zu einem Entschluss kommen, wie um Himmels willen sie nach dieser letzten Nacht weitermachen sollte. Anscheinend war sie nur bei Tageslicht in einer belebten Straße vor ihm sicher, wobei sie wieder eine Maske unter ihrem Schleier würde tragen müssen.
Mit ihm per Brief zu kommunizieren wäre die einfachste Lösung gewesen, doch sah sie keine Möglichkeit, wie er ihr antworten sollte. Und sie kannte ihn zu gut, um das Glück herauszufordern. Wenn sie plötzlich jeden Kontakt abbräche, würde er hinter ihr her sein. Er würde nicht nur versuchen, ihre Identität herauszukriegen, sondern sie persönlich zu finden. Er wäre schier besessen davon und würde sehr zielgerichtet vorgehen. Dann konnte nichts ihn aufhalten.
Und was würde dann aus ihr?
Sie wollte lieber nicht daran denken.
Nein. Folwell konnte sie über Gabriels Schritte auf dem Laufenden halten. Wenn es notwendig war, würde sie Gabriel ein Billett senden, und bis sie etwas Neues herausfanden, würde sie sich mit ihm auf dem Grosvenor Square treffen.
Das brachte sie zu der Frage, wie sie ihre Nachforschungen noch weiter vorantreiben könnte. Eine vage Erinnerung an die Tagebücher von Lady Hester Stanhope ließ sie einen abschließenden Blick auf das große Beet werfen.
Sie stand auf, klopfte ihre Handschuhe aus und streifte sie dann ab. Sie schritt die langen Rabatten ab und tat so, als würde sie ihre bereits geleistete Arbeit begutachten. Schließlich nickte sie. »Für heute haben wir genug getan.« Sie schaute Mary und Alice in die leuchtenden Augen. »Ich möchte noch einmal zu Hookhams. Wollt ihr mitkommen?«
»O ja!«
»Jetzt gleich?«
Alathea drehte sich zum Haus um. »Nur eine Stippvisite - eure Mama wird bestimmt nichts dagegen haben.«
Sie fand, was sie suchte, in der Biografie eines Entdeckers - eine vertrauenswürdige Karte von Zentral-Ost-Afrika, die etwas mehr zeigte als nur die größten Städte. Aus der Karte ging hervor, dass Fangak, Lodwar und Kingi - Kafia Kingi, um genau zu sein - tatsächlich Städte waren, wenn auch relativ kleine.
Zurückgelehnt in ihrem Stuhl am Schreibtisch, dachte Alathea über ihre Entdeckung nach. War das gut? Oder entmutigend?
Das Haus lag friedlich und still da. Die Lampe auf dem Tisch warf ihren Schein auf das aufgeschlagene Buch. Im Kamin glühte Kohle und spendete Wärme. Den ganzen Tag über hatte sie jeden freien Moment genutzt, um sich durch den Stapel Biografien und Tagebücher zu arbeiten, die sie bei Hookhams ausgeliehen hatte. Zumindest hatte sie etwas entdeckt - etwas Reales.
Die Information war brauchbar, entschied sie. Zumindest lieferte sie ihnen etwas, das man überprüfen konnte. Sicher fänden sie jemanden außer diesem mysteriösen Kapitän, der die Gegend kannte, jetzt, da sie wusste, um welche Region es überhaupt ging.
Im Treppenhaus schlug die große Standuhr die Stunde. Drei Uhr, der Beginn eines neuen Tages. Mit einem unterdrückten Gähnen klappte Alathea das Buch zu und erhob sich. Es war eindeutig Zeit, zu Bett zu gehen.
Am nächsten Tag verbrachte sie den Nachmittag in den heiligen Hallen der Royal Society.
»Leider«, teilte ihr der Sekretär mit einem Blick durch seinen dicken Kneifer mit, »sind derzeit keine Vorträge über Zentral-Ost-Afrika angesetzt.«
»Ach. Kann die Society dann vielleicht einen Experten für dieses Gebiet empfehlen, den ich konsultieren könnte?«
Der Mann schürzte die Lippen und starrte sie an, dann nickte er. »Wenn Sie bitte Platz nehmen wollen, ich sehe die Akten durch.«
Alathea ließ sich auf einer Holzbank an der Wand nieder und wartete etwa fünfzehn Minuten, bis der Mann kopfschüttelnd und ziemlich verärgert dreinschauend wiederkam.
»Bei uns ist kein Experte für Ost-Afrika eingeschrieben«, informierte er sie. »Drei könnten mit einiger Fachkenntnis etwas zum Thema West-Afrika sagen, aber leider nicht über den Osten.«
Alathea dankte ihm und ging. Auf den Stufen blieb sie stehen und dachte kurz nach, dann eilte sie zu ihrer
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