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Ein unmoralisches Angebot

Ein unmoralisches Angebot

Titel: Ein unmoralisches Angebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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tanzen wollte, und Guy wurde buchstäblich von Damen belagert.
    Schließlich entfernte Sarah sich von der Menschenmenge und huschte unbemerkt aus dem Ballsaal. Im Korridor war es sehr still. Sie schaute aus einem Fenster. Es schneite stark. Die Schneeflocken wirbelten um die Bäume und deckten die Landschaft zu. Der Schnee sah kühl und verlockend aus. Sarah nahm einen Mantel aus einem Schrank, zog ihn an und begab sich ins Freie.
    Auf Zehenspitzen ging sie über die Pfade. Ihre Schuhe hinterließen Vertiefungen im Schnee. Sie lugte durch ein Fenster des Ballsaals und kam sich wie ein kleines Kind vor, das Verstecken spielt. Dann rannte sie die Buchsbaumallee zu der ausladenden alten Eiche hinunter. Wilde Erregung erfüllte sie, die unmöglich zu erklären war. Die kalte Luft tat ihr auf den Wangen weh. Sie breitete weit die Arme aus und drehte sich im Schnee im Kreis. Der Mantel wirbelte um sie herum.
    „Sarah! Was, in Gottes Namen …“
    Starke Arme ergriffen sie und hielten sie fest. Guy zog ihr die Kapuze vom Kopf. Er hatte Schnee auf dem Haar und den Wimpern. Sarah merkte, dass sie schwache Knie bekam.
    „Es tut mir leid“, sagte sie, hob die Hand und wischte Guy den Schnee von den Haaren. „Ich musste nur eine Weile aus dem Ballsaal weg.“
    Guy schüttelte sie leicht. „Derweil du dich hier im Schnee amüsiert hast, habe ich dich überall gesucht! Du warst nicht im Ballsaal. Du warst nicht in deinem Zimmer. Ich dachte, du seist fort!“
    Sie furchte die Stirn. „Fort? Fort, wohin?“
    „Ich weiß es nicht!“ Guy ließ sie los und trat einige Schritte zurück. „Einfach fort, weil du nicht mit mir verheiratet sein willst!“
    Sie zwinkerte. Die kalte Luft hatte sie beträchtlich ernüchtert, und mittlerweile war sie gefasst genug, um zu begreifen, dass das nicht viel Sinn ergab.
    „Guy …“
    „Nein, lass mich ausreden!“ Innerlich sehr angespannt, drehte er sich zu ihr um. „Den ganzen Tag lang habe ich versucht, dir zu sagen …“
    „Renshaw!“ Eine Stimme war aus der Düsternis zu hören gewesen. „Wie geht es Ihnen? Ich bin hergekommen, um einen Toast auf das Brautpaar auszubringen!“
    „Das ist Ralph“, flüsterte Sarah und bemühte sich, angesichts der sich in Guys Gesicht spiegelnden Enttäuschung nicht zu lachen. Sie wandte sich dem Baronet zu und sagte: „Du solltest nicht in der Kälte herumstehen, Ralph, nachdem du soeben erst von deiner Erkältung genesen bist!“ Sie hakte sich bei ihm unter. „Bitte, komm ins Haus, und nimm an der Feier teil!“
    Man kehrte zum Haus zurück, wo Sir Ralph seinen Mantel auszog und der Braut einen herzlichen Kuss gab.
    „Sie werden uns verzeihen, das wir Sie nicht in den Ballsaal zurückbegleiten, Sir“, äußerte Guy mit kaum verhohlener Ungeduld. „Ich habe etwas Dringendes mit meiner Frau zu besprechen …“
    Sir Ralph zwinkerte. „Weiß, was Sie meinen, mein Junge! Gehen Sie! Ich finde den Weg zu den Gästen!“
    Er entfernte sich, und einen kurzen Moment später sah Guy die Mutter auf sich zukommen. „Ihr müsst euch zu uns gesellen …“
    „Nein, Mama“, entgegnete er entschieden. „Das Fest geht auch ohne uns weiter! Außerdem siehst du, dass Sarah sich unbedingt umziehen muss. Und ich muss, was noch wichtiger ist, mit ihr reden, und zwar ungestört!“
    Lady Woodallan sah entrüstet aus. „Aber ihr könnt euch doch jetzt nicht zurückziehen! Alle Welt wird wissen, wohin ihr gegangen seid! Unerhört!“
    „Bitte, geh in den Ballsaal zurück, Mama“, erwiderte Guy grinsend. „Überlass es mir, mich um meine Frau zu kümmern!“
    Er nahm sie bei der Hand und zog sie so schnell die Treppe hinauf, dass sie beinahe rennen musste.
    „Oje!“ Sie war außer Atem, als sie das Brautgemach erreicht hatte. „Das ist ganz und gar nicht die Art, wie deine Mutter ihre Schwiegertochter sich benehmen sehen möchte!“, fügte sie lachend hinzu. „Ich bin sicher, sie denkt, ich hätte jeden Sinn für Anstand verloren!“
    Guy schloss die Tür hinter Sarah und sich und lehnte sich an den Türrahmen. Noch konnte er es kaum fassen, dass er endlich mit ihr allein war.
    „Ich muss mit dir reden, Sarah …“
    „Ja, das hast du mir schon den ganzen Tag gesagt …“
    „Bitte!“ Guy hob die Hand. „Ich kann keine weitere Unterbrechung mehr ertragen!“ Nachdenklich schaute er Sarah an. „Ich habe den ganzen Tag darauf gewartet, dass ich dich für mich habe, und nun weiß ich nicht, wo ich anfangen soll!“ Er strich sich durchs Haar.

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