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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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musterte mich abschätzend. »Sind Sie mein Dummy?«
    »Nein«, sagte ich. Was wollte er mit einem Dummy? »Aber ich kenne Sie irgendwoher.«
    »Ach nee.« Das klang eine Spur unhöflich.
    »Natürlich kennst du ihn von irgendwoher«, sagte Oliver und grinste amüsiert auf mich hinunter. »Jo Leander – Talk um elf.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nee, nee, den kenn ich von woanders.«
    Der Zugekleisterte hatte sich längst zu seinen Leuten umgedreht und bellte. »Was ist denn jetzt hier? Wenn ich nicht bald mal anfangen kann, gehe ich völlig unvorbereitetin die Aufzeichnung. Ist das Absicht? Vorhin sind schon die ersten Gäste eingetroffen. Ich verschwinde jetzt noch mal für zehn Minuten in der Maske, und wenn ich wieder rauskomme, dann sitzt hier mein erster Dummy, oder es rollen Köpfe. Ist das klar? Und nicht wieder so eine kaugummikauende Praktikantin, sonst kündige ich.«
    Mit wehenden Ohren verschwand er wieder in den Kulissen.
    »Schön wär’s ja«, murmelte eines der karierten Hemden.
    »Also, mich könnt ihr dafür vergessen«, sagte eine junge Frau mit Pferdeschwanz und verschwand ebenfalls in den Kulissen.
    »Mich auch. Mich hat er das letzte Mal angeschissen und gefragt, ob ich meine Tage habe«, sagte ein anderes Mädchen und verdrückte sich ebenfalls.
    »Scheiße«, sagte ein anderes kariertes Hemd. »Heute geht alles schief. Und die Weiber haben alle ihre Tage.«
    »Im Publikum sitzen wieder nur scheintote Rentnerinnen.« Das erste karierte Hemd sah sich suchend um. Sein Blick blieb an mir hängen. »Wie wär’s mit Ihnen? Würden Sie so nett sein und den Interviewpartner für Jo Leander machen? Nur zum Test?«
    »Eigentlich sind wir hier, um den Programmdirektor zu finden«, sagte ich.
    »Toll, Sie können sogar sprechen«, sagte das erste karierte Hemd begeistert. »Ohne Dialekt. Und Kaugummi kauen Sie auch nicht. Kommen Sie, Helmut hier wird Sie verkabeln.«
    »Der Programmdirektor kann hier jetzt sowieso nicht weg«, sagte Helmut und zog mir ungefragt das T-Shirtaus der Hose. »Er muss den Leander pampern, schließlich kassiert der hierfür ein Vermögen, und das soll sich doch lohnen.«
    »Aber«, sagte ich überrumpelt, aber Oliver sagte: »Ist schon okay. Aus unserem Termin wird heute sowieso nichts mehr. Und die Sitzgruppe sieht sehr bequem aus.«
    Helmut befestigte einen kleinen Kasten an meinem Hosenbund, während das nette, karierte Hemd mir das Thema der heutigen Talk-Show erläuterte: »Wir reden über Kinder und Karriere, und wie Frauen es schaffen, beides unter einen Hut zu kriegen und dabei auch noch glücklich zu sein. Eine adelige Geschäftsfrau mit fünf Kindern wird da sein, außerdem dieser fette CDU-Politiker, der nicht richtig deutsch sprechen kann, für Uschi Glas wird Hera Lind kommen, und dann noch ein Exmodel, das heute Patentanwältin oder so was ist, einen Haufen Kinder hat und trotzdem erst gerade mal über dreißig ist – wer möchten Sie sein?«
    »Tja«, sagte ich und zog den Bauch ein, als Helmut ein Kabel unter meinem T-Shirt hindurchführte. »Wenn ich’s mir schon aussuchen kann: auf keinen Fall der fette Politiker. Ich glaube, ich nehme das Exmodel, das Anwältin geworden ist.«
    Helmut führte mich zu der rot gepolsterten Sitzgruppe. »Sagen Sie mal was«, forderte er mich auf.
    »Muss ich in die Kamera gucken?«
    »Kümmern Sie sich nicht um die Kamera – wir machen unsere eigene Probe. Sie müssen nur nett mit dem Leander plaudern«, sagte das karierte Hemd. »Legen Sie ruhig die Beine hoch, bis er kommt.«
    Das kam mir natürlich sehr gelegen. Ich seufzte wohlig. Bequem war diese Sitzgruppe durchaus.
    Oliver platzierte sich hinter Kamera eins und zwinkerte mir zu.
    »Du gehst aber doch nicht weg?«, fragte ich beunruhigt, als ein Scheinwerfer mich in gleißendes Licht tauchte.
    »Natürlich nicht«, versicherte Oliver. »Dürr wird ja wohl früher oder später hier auftauchen.«
    Ich nahm meine Füße erst von den Polstern, als Helmut das Mädchen verkabelte, das Hera Lind doubeln sollte. Sie klebte unauffällig einen Kaugummi an eine Metallverstrebung, als sie dachte, dass keiner hinguckte.
    Jo Leander kam mit wehenden Ohren zurück.
    »Na also«, sagte er, als er mich in der Sitzgruppe erblickte, und ordnete den Packen Karteikärtchen in seiner Hand. »Wenn ihr jetzt noch für Ruhe hier sorgt, kann es losgehen.«
    Für Ruhe sorgte ein junger Mann mit Pferdeschwanz, dessen Berufsbezeichnung ich wieder vergessen hatte. Der Lärmpegel sank

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