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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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ihrer Nacktheit überdrüssig. Diese Nacktheit war so ganz anders als die bei Kerzenschein, an die sie inzwischen gewöhnt war. Bei Kerzenlicht war er alles andere als eine Statue: Seine Haut war warm und lebendig unter der züngelnden Beleuchtung, und er voller Appetit und Leben.
    »Du hast mich nicht geweckt.« Sie rieb sich mit der Faust die Augen. Die Gedanken kamen unzusammenhängend. »Aber das tust du normalerweise.«
    »Das vermisst du wohl, was?« Er warf Hemd und Hose auf den Sessel und trat in seine Unterhosen. »Dann werde ich darauf achten, es morgen nicht zu versäumen.«
    Natürlich vermisse ich es nicht. Sie brauchte es gar nicht zu sagen. Er wusste es schon, und er machte nur Spaß.
    Sie sah ihm beim Anziehen zu. Nach und nach bedeckte er seinen Marmorkörper, und schließlich setzte er sich in den Sessel, um sich die Stiefel anzuziehen. Als das erledigt war, kniete er sich vor das Bett, verschränkte die Arme auf der Matratze und legte das Kinn darauf. Wortlos betrachtete er sie. Seine Augen verrieten zu wenig Schlaf. Sein Haar stand in sonderbare Richtungen ab. Er war unrasiert. Ihre Hand wanderte, ohne auf die Erlaubnis zu warten, von der Matratze an seine Wange und schmiegte sich an, um ihre Beschaffenheit zu erkunden. Er drehte den Kopf und legte die Lippen auf ihre Handfläche. Weich, unsagbar weich war sein Kuss, dort, wo ihre Haut noch von der rauen Berührung mit seinen winzigen Bartstoppeln kribbelte. Mit geschlossenen Augen verharrte er mehrere Sekunden, so als atme er den ganz besonderen Geruch ihrer Hand ein. »Sind Sie heute Nachmittag abkömmlich, Mrs Russell?«, fragte er dann. Er hielt ihre Hand in seiner und legte ihre Handfläche wieder an seine Wange.
    »Ich nehme es an. Es sei denn, Sie haben weitere Besucherinnen angeheuert.«
    »Noch nicht.« Seine Wange kratzte angenehm über ihre Hand, als er seinen Kopf hin- und herbewegte. »Und heute würde ich dich gern auf einen Besuch mitnehmen. Ich möchte dich schon lange einem meiner Arbeiter vorstellen. Einem älteren Herrn, der sich in der Milchwirtschaft auskennt.«
    »Mr Barrow. Du hast ihn erwähnt.«
    »Richtig.« Seine Finger verschränkten sich um ihre, so als wolle er ihre Hand für immer an seinem Gesicht behalten. »Um die Mittagszeit sollte er zu Hause sein. Wir könnten ihm einen kurzen Besuch abstatten.«
    »Das wäre schön.«
    »Sehr gut. Dann hole ich dich ab.« Er drehte ihre Hand um und küsste die Knöchelchen, einen nach dem anderen. Als er beim letzten angekommen war, verspürte sie Bedauern.
    Wenn jemand ihm an jenem ersten Tag in der Kirche erzählt hätte, was sich zwischen ihm und der Frau auf der anderen Seite des Gangs abspielen würde, hätte er sich vor Lachen gekugelt und wäre hinausgeworfen worden. Wenn man ihm gesagt hätte, er solle sich auf Verführung einstellen, hätte er angenommen, dass er dabei den Verführer spielen würde, der sie langsam dazu überredete, ihr Mieder aufzuschnüren, die Haare aufzumachen und zu lernen, sich der Lust hinzugeben.
    »Ist er ein Witwer, dieser Mr Barrow?« Sie ging neben ihm und stellte systematisch Fragen, um sich auf die Begegnung vorzubereiten und einen guten Eindruck machen zu können. Inzwischen kannte er ihre Angewohnheiten.
    »Hat nie geheiratet und keine Familie in der Nähe. Umso besser, dass wir ihn besuchen.« Mit einem Finger zerstörte er die unangenehmen Rüschen seiner Krawatte und ließ seitlich etwas Luft an seinen Hals. Noch vor einem Monat wäre ihm seine Krawatte heilig gewesen.
    Der August neigte sich endlich seinem Ende zu, und die Luft versprach kühleres Herbstwetter. Er würde davon vielleicht nicht viel zu spüren bekommen. Je mehr er unternahm, um die Dinge in Pencarragh zu verbessern, desto höher stieg er in Granvilles Ansehen, und desto eher würde man ihn für wert befinden, nach London zurückzukehren. Das war sein Ziel gewesen, vor gar nicht allzu langer Zeit.
    Die Gänse und das Schwein in ihren getrennten Pferchen vor Mr Barrows Kate befanden sich in Aufruhr, als er und Mrs Russell sich näherten, und der Aufruhr wurde lauter, als sie durchs Tor traten. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn und jagte ihm Schauer über den Rücken wie ein Steinchen, das über die Oberfläche eines Sees springt. »Stimmt etwas nicht mit den Tieren?«, fragte die Witwe. Noch ein Steinchen, genau auf der Bahn des ersten.
    Er klopfte. Keine Antwort. »Vielleicht hat er sich sein Essen mit aufs Feld genommen«, sagte er. »Schließlich hat er keinen, der

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