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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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auf. »Mehrere Jahre der keuschen Gespräche und sehnsüchtigen Blicke, dann, nachdem eine anständige Trauerzeit verstrichen ist, die Erfüllung der romantischen Träume, die du vermutlich seit – was würdest du sagen? – einem Monat nach deiner Ankunft hier hegst.«
    Sie schnellte hoch, doch er war ebenso schnell auf den Füßen, griff nach seinem Hemd und sah sie nicht an.
    »Du tust Mr Atkins und mir entsetzliches Unrecht.« So hatte ihre Stimme noch nie geklungen. Interessant. »Pure Freundschaft zwischen einer Dame und einem Gentleman ist dir wohl völlig fremd, aber –«
    »Freundschaft.« Er zerrte sich das Hemd über den Kopf. »Wenn du es so nennen willst.«
    »Du hast ja keine Ahnung, wovon du sprichst.« Aus den Augenwinkeln konnte er sie sehen, blass, starr und kalt wie Alabaster. »Mr Atkins ist ein würdiger, ehrenwerter Mann. Ich halte es für ein Privileg, ihn zu beschäftigen.«
    Beschäftigen. Zum Teufel damit. »Du beschäftigst seine rechte Hand vermutlich einen ganzen Abend lang, das glaube ich dir.« Er schnappte sich seine Hosen.
    Ihr Schweigen hatte Gewicht und Textur; es erstreckte sich über mehrere Sekunden. Zweifellos rang sie um Fassung. »Glaub nicht, dass ich auf solch eine gemeine, niederträchtige Bemerkung antworten werde«, sagte sie schließlich. »Wenn du dich wieder respektabel gemacht hast – wenn du dich angezogen hast, besser gesagt –, darfst du gehen. Ich werde für dich nicht mehr zu sprechen sein, weder morgen noch an irgendeinem anderen vorstellbaren Tag.« Sie würdigte ihn keines Blicks.
    Zorn und – verdammt, er sollte es besser wissen – törichte Trauer zerrissen sein Innerstes. In einer Zeitspanne von fünf Minuten hatte er das wenige zerstört, das sie gehabt hatten. Sie hätten noch ein paar Tage weitermachen und sich wenigstens in Freundschaft trennen können.
    Nein. Kein Quäntchen Bedauern mehr, keinen Tropfen Gefühl an eine Frau verschwenden, die es niemals würde erwidern können. Verdammt noch mal, ein Mann hatte schließlich auch seinen Stolz. Ohne Eile knöpfte er sich die Hosen zu, sperrte den Körper weg, der sie so beleidigte. Krawatte. Weste. Strümpfe. Stiefel. Stück für Stück bedeckte er sich, so ruhig und methodisch, als sei er allein im Raum.
    Als er vor dem Spiegel innehielt, ergriff ihn ein letzter grausamer Impuls. Mit einer ausladenden Geste, die sie nicht übersehen konnte, zog er sein Taschentuch hervor und wischte sich ihren Geschmack von den Lippen. Dann warf er das verkrumpelte Leinen weg – so endete es also – und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen.

16
    Tage vergingen. Zwei Tage, vielleicht auch drei. Sie gab sich Mühe, so wenig wie möglich an Mr Mirkwood zu denken, selbst wenn ihre Besucher ihn namentlich erwähnten. Er beschäftigte sich offenbar, verfolgte sein Molkereiprojekt ohne ihre Hilfe weiter, und trotz ihrer grausamen letzten Minuten zusammen schickte er ihr nach wie vor Besucher.
    Nicht, dass das die hässlichen Dinge, die er über Mr Atkins gesagt hatte, entschuldigen würde. Hässlich und ohne ein Körnchen Wahrheit. Wenn hier jemand eine schuldige rechte Hand hatte, dann ganz bestimmt nicht der Pfarrer. Vielleicht hätte sie das sagen sollen, Schäbigkeit mit Schäbigkeit vergelten.
    Vielleicht auch nicht. Mechanisch nickte sie Mr Tavistock und seiner Frau auf dem Sofa im Vorzimmer lächelnd zu. Sie meinten es gut, doch ihre komischen Anekdoten, deren Pointen nicht direkt offensichtlich waren, ermüdeten sie. Unablässig musste man die Frau im Auge behalten, während der Mann sprach, und lachen, wenn sie lachte. Mr Mirkwood hätte immer an der richtigen Stelle gelacht, und an der falschen auch, und es hätte ihn nicht im Geringsten belastet. Doch sie musste aufhören, an ihn zu denken.
    Tatsächlich passierte, als die Tavistocks gegangen waren, etwas, das ihre ganze Aufmerksamkeit erforderte und all die kleinen Sorgen, die sie gehabt hatte, vertrieb. Der Hausdiener brachte einen Brief in Mr Keenes sorgfältiger Handschrift. Er hatte Mr James Russell doch nicht von seinem Vorhaben abbringen können. Sie musste innerhalb von einer Woche mit seiner Ankunft rechnen.
    »Als Erstes sorgen wir dafür, dass alle Frauen eine verriegelbare Tür haben.« Martha ging am Kopf der großen Tafel auf und ab. Die weibliche Dienerschaft war vor ihr versammelt wie einen Monat zuvor. »Ein Schloss allein ist nicht genug. Bitte heben Sie die Hand, wenn Ihre Tür keinen Riegel hat, und Mrs Kearney wird Ihre

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