Ein unsittliches Angebot (German Edition)
erwarten.« Er neigte den Kopf; sein ernster blauer Blick suchte den kürzesten Weg in ihre Augen.
»Das ist richtig. Noch diese Woche. Wollen Sie sich nicht setzen?« Sie hatte ihm verboten zu kommen. Er war dennoch gekommen. Und jetzt lud sie ihn zu bleiben ein.
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nur gekommen, um mich zu erkundigen, was Sie zu tun gedenken und welche Hilfe Sie vielleicht brauchen können.« Bewusst formell sprach er sie an. »Ich möchte mich nicht aufdrängen.«
Flatterhaftes Eichhörnchenherz! Er sprach von Liebe, sie antwortete mit Gleichmut. Er schleppte sich aus Pflichtgefühl herüber, und sie bekam weiche Knie. »Danke der Nachfrage.« Sie schob sich ein oder zwei Schritte zur Seite, um an einer Sessellehne Halt zu finden. »Wir kommen schon zurecht. Wir haben Riegel an allen Schlafzimmertüren angebracht, und ich habe das Personal instruiert, sofort um Hilfe zu rufen, sollte er sich am helllichten Tage irgendetwas erlauben.«
»In Ordnung.« Er nickte. Jetzt würde er gehen.
Nein. Das durfte er nicht. Er hatte seine Hilfe angeboten, trotz ihrer wütenden Worte. Er hatte all seine Empfindungen für sie um eines größeren Guts willen zurückgestellt und vermutlich eine Menge Stolz dabei hinuntergeschluckt. Abrupt ließ sie den Sessel los und versperrte ihm mit einem großen Schritt den Weg. »Doch, wir brauchen Hilfe. Die Frauen wollen wissen, wie man einen Mann am effektivsten schlägt. Ich brauche jemanden, der es ihnen beibringt.«
Ein spitzbübisches Grinsen wollte sich auf seinem Gesicht ausbreiten. Er unterdrückte es und verbeugte sich. »Selbstverständlich, Mrs Russell. Ich stehe zu Diensten.«
»Was ist der größte Schwachpunkt einer Frau, verglichen mit einem Mann?« Wie ein Feldherr, der die Truppen inspiziert, schritt Mrs Russell vor den versammelten Frauen auf und ab. Sie saßen, eifrig und nervös zugleich, auf Stühlen im Ballsaal von Seton Park. Theo stand an der Wand, zusammen mit einer Handvoll Diener und Knechte, die für die Aufgabe rekrutiert worden waren.
»Körperliche Schwäche.« Das war Mrs Russells Kammerfrau, das Mädchen, das sich jetzt um das An- und Ausziehen kümmerte. »Geschwindigkeit auch. Männer sind stärker und schneller als wir.«
»Das ist richtig, und dennoch können diese Nachteile überwunden werden.« In einer Notlage gewann sie offenbar an Selbstsicherheit. Merkwürdige Frau. »Die Schwäche, die wir besiegen müssen, ist unsere Neigung zur Milde.« Sie warf ihm einen Blick zu. Sie hatten eine gute Stunde lang ihre Strategie ausgearbeitet und sich auf diesen Ansatzpunkt geeinigt.
»Hat jemand von Ihnen schon mal einen Mann geschlagen?« Sie stand still; ihr Zeigefinger schwebte vor den Reihen, wie um die Antworten zu zählen. Doch keine Frau meldete sich.
»Ist jemand schon mal von einem Mann beleidigt worden und hat sich später gewünscht, ihn geschlagen zu haben?« Jetzt nickten fünf oder sechs Bedienstete und hoben die Hände. Mrs Russell verschränkte die Finger hinter dem Rücken und richtete sich auf. »Würde jemand von Ihnen wollen, dass eine Tochter – wenn wir alle mit einer gesegnet wären – solche Beleidigungen ertragen würde, ohne sich zu verteidigen?« Triumphierend ob der Gewalt ihres Arguments ließ sie den Blick eindringlich durch ihr Publikum schweifen, bevor sie wieder das Wort ergriff.
»Wir müssen uns ebenso heftig zur Wehr setzen, wie wir es uns für unsere Töchter wünschen würden. Unser Nachbar Mr Mirkwood hat freundlicherweise angeboten, uns zu zeigen, wie wir einem Mann am besten zusetzen können. Wir werden uns erkenntlich zeigen, indem wir ihm versprechen, nicht davor zurückzuschrecken, das anzuwenden, was er uns zeigen wird.« Sie trat zurück und hielt die Handfläche hoch, um ihm das Wort zu erteilen.
Er stieß sich von der Wand ab und trat vor. »Selbst die kleinste Dame kann einen Mann außer Gefecht setzen, jedenfalls lange genug, um ihm zu entkommen, indem sie ihn an einer von mehreren empfindlichen Stellen schlägt. Ich werde Ihnen zeigen, wo diese Stellen sind und wie Sie sie erfolgreich angreifen.« Das Zimmermädchen der Witwe und auch einige andere Frauen waren ganz offensichtlich gespannt. »Aber zuerst werde ich Ihnen mit Mrs Russells Hilfe verschiedene Möglichkeiten zeigen, sich aus dem Griff eines Mannes zu befreien. Wenn ich bitten darf, Mrs Russell.«
Sie hatten alles am Vortag durchgespielt. Mit vorsichtiger Höflichkeit hatten sie zusammengearbeitet, und die Witwe hatte
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