Ein unsittliches Angebot (German Edition)
einzigen Raums über einen Tisch gebeugt und zersägte ein schmales Stück Holz. Aus den Augenwinkeln musste er sie entdeckt haben, denn er blickte auf, lächelte und winkte sie herein, legte dann die Säge beiseite und griff nach seinem Rock, der über einer Stuhllehne hing.
»Lassen Sie sich nicht von der Arbeit abhalten.« Zögernd stand sie auf der Schwelle.
»Oh, das hat Zeit.« Er schlüpfte in den Rock. Auf dem Tisch lag etwa ein Dutzend Schiefertafeln.
»Sind die für die Schule?« Sorgfältig trat sie sich auf dem Gras die Stiefel ab, bevor sie eintrat. Sie wusste, dass er eine gute Stunde auf den Knien verbracht und den Ziegelboden geschrubbt hatte.
»Irgendeine Schule wird schon Verwendung dafür haben. Wenn nicht unsere, dann eine andere.« Er sprach über die Schulter, denn er hatte sich abgewandt, um sich den Rock zuzuknöpfen. Diese einfache Geste des Anstands schnürte ihr die Luft ab. Sie roch noch immer leicht nach Zitrone.
»Nun, was das betrifft: Ich habe an Mr James Russell geschrieben, und ich bin zuversichtlich, dass die Antwort positiv ausfallen wird.« Sie sagte es schnell, bevor er sich zu ihr umdrehen konnte, und als sie den Tisch erreichte, beugte sie den Kopf, um eine Tafel zu betrachten. Den Pfarrer zu belügen war etwas anderes, als andere Leute zu belügen.
»Ihre Freundlichkeit hat die Kapazität meiner Dankesbekundungen längst erschöpft. Aber ich danke Ihnen.« Er war mit seinem Rock fertig und trat wieder an den Tisch.
»Rahmen Sie sie?« Dumme Frage, die Antwort war offensichtlich.
»Ja, damit sie gleich aussehen.« Er stürzte sich auf das neue Thema. »Ich habe sie überall zusammengetragen, und einige haben keine Rahmen, wie Sie sehen. Einige haben kaputte Rahmen.« Er hielt ihr einen hin. »Ich möchte nicht, dass ein Schüler eine schlechtere Tafel bekommt als ein anderer. Es klingt vielleicht lächerlich, aber die neuesten Studien auf dem Gebiet haben ergeben, dass solche Dinge wichtig sind.« Er schob einen Haufen kurzer Leisten zurecht, die er von seiner Holzlatte abgesägt hatte. Offensichtlich zog es ihn zurück an die Arbeit.
»Ich kann mir gut vorstellen, dass das wichtig ist.« Martha streifte die Handschuhe ab. »Wie kann ich mich nützlich machen?«
Das Lächeln erschien zuerst in seinen Augen und breitete sich dann auch über seinen Mund aus. »Sind Sie gut mit dem Taschenmesser?«
»Nicht besonders. Geben Sie mir lieber eine belanglose Aufgabe.«
»Keine Aufgabe ist belanglos. Bedenken Sie, Sie sprechen mit einem Kirchenmann.« Er reichte ihr ein Messer aus seiner kleinen Werkzeugsammlung. »Zu meinen bescheidenen abgenutzten Schiefertafeln gehören ebenso bescheidene und abgenutzte Griffel, die dringend angespitzt werden müssen. Würden Sie sich ihrer annehmen?«
Sie zog sich einen Stuhl heran und begann, einen stumpfen Griffel nach dem anderen zu spitzen, während er seine Holzlatten an die fertigen Rahmen hielt und abmaß, neue Latten absägte und sie gebündelt zurechtlegte.
Konnte es ein angenehmeres Zusammensein mit einem Mann geben als dieses? Er hatte seine Arbeit, sie die ihre, und nichts lag zwischen ihnen in der Luft außer dem leisen Kratzen des Messers, dem Geräusch der Säge und einem noblen gemeinsamen Ziel.
Die Frau des Pfarrers konnte sich glücklich schätzen. Für eine Ehefrau jedenfalls. Sie konnte viele solcher Stunden mit ihm verbringen. Die ehelichen Verpflichtungen erfüllte ein Geistlicher sicherlich mit gebührender Zurückhaltung. Ohne das ganze Brimborium, das andere Männer offenbar für notwendig hielten. Danach würden er und seine Frau nebeneinanderliegen und reden. Vielleicht würde er ihr Teile aus der Predigt vortragen, die er gerade vorbereitete, und sie nach ihrer Meinung fragen. Sie würde ihm vielleicht erzählen, was ihr beim Besuch der Pächter so aufgefallen war. Sie würden sich beraten und gemeinsam Pläne schmieden, wie sie das Leben ihrer Gemeinde verbessern könnten.
Zitrusduft drang ihr in die Nase, wie um sie daran zu erinnern, dass sie nicht das Recht hatte, sich einen tugendhaften Ehemann zu wünschen. Doch der Zitrusduft konnte seinen guten Rat für sich behalten. Es stand ihr schließlich frei, ganz objektiv an die Vorzüge einer Heirat mit einem Geistlichen zu denken, wenn ihr der Sinn danach stand, insbesondere mit einem aufrichtigen und einfühlsamen. Einem, der vielleicht manchmal nachts zu seiner Frau ins Bett kam, um einfach nur zu reden. Um zu erfahren, wie sie die Dinge sah, und um
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