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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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ab; Granville ebenfalls.
    »Mrs Weaver, guten Tag«, sagte der Verwalter laut, um über das Geschrei des Kindes hinweg verstanden zu werden. Das Schwein machte Anstalten, ins Haus zu schlüpfen, doch Theo versperrte ihm mit einem Stiefel den Weg. »Darf ich Ihnen Mr Mirkwood vorstellen, den ältesten Sohn des Eigentümers? Wir machen gerade eine Runde über das Gut.« Mit überraschender Wendigkeit täuschte das Schwein links an und schoss nach rechts. Gerade noch konnte Theo seinen Stiefel davorstellen. Entrüstet quiekte und grunzte es und trug damit zum allgemeinen Lärm bei.
    »Na dann kommen Sie rein«, sagte Mrs Weaver. »Freut mich, Sie kennenzulernen«, fügte sie hinzu, ohne sich um einen glaubhaften Tonfall zu bemühen. Nun, er war auch nicht besonders erfreut, sie kennenzulernen. Weder sie noch ihr schreiendes Balg noch irgendeins der anderen Kinder, die er jetzt im dämmrigen Inneren des Hauses ausmachen konnte. Vermutlich waren sie anständige Leute, auf ihre eigene Weise, doch er hatte ihnen nichts zu sagen, jedenfalls nicht mehr als dem Schwein, das hinter der Tür lautstark seinen Unmut kundtat.
    Mr Granville und Mrs Weaver sprachen über das Wetter und die Ernte, und Theo hatte Zeit, sich umzusehen. Es war ein einstöckiges Haus. Aus dem großen Raum, in dem sie sich befanden, führten an der hinteren Wand zwei Türen zum Rest des Hauses. Vermutlich zu den Schlafplätzen derjenigen Weavers, denen mehr als eine Pritsche auf dem Boden des vorderen Raums zustand, und zu einer Speisekammer oder einem Vorratsschrank. Die Kate starrte vor Dreck, allem voran der Küchentisch, auf dem die Reste des Mittagessens lagen, von einer Schar Stubenfliegen umschwirrt. Man hätte meinen sollen, eines der zahllosen Kinder hätte das Geschirr abräumen können.
    Insgesamt schienen es zehn zu sein. Einige Mädchen, einige Jungen und ein paar Krabbelkinder von unbestimmbarem Geschlecht, in Bauernkitteln und mit ungeschnittenen Haaren. Antriebslos lungerten sie auf den Pritschen und dem sonstigen ärmlichen Mobiliar herum. Ein oder zwei von ihnen warfen ihm mürrische Blicke zu, doch im Großen und Ganzen wurde er ignoriert.
    Wer könnte solche Kinder schätzen, die sich offenbar weder nützlich machen noch spielen wollten? Sie hatten in ihrer Kindheit vielleicht nicht so viele Privilegien genossen wie er, doch ein ordentliches Haus hätte bestimmt viel zu ihrer Gemütsverfassung beigetragen, und das lag doch durchaus in ihrer Macht. Jemand sollte ihnen das mal sagen.
    Ein kleines Kind raffte sich immerhin so weit auf, mehrmals zu husten; dann sank es wieder matt auf seine Pritsche zurück. Vermutlich hatte es irgendeine Seuche. Vermutlich war dieses ganze Zimmer ein Seuchenherd. Wäre er der Vater gewesen, so hätte er darauf bestanden, dass sie alle mal an die frische Luft gingen.
    Eine Bewegung in der Ecke zog Theos Aufmerksamkeit auf sich. Eines der Kinder war nicht gänzlich untätig. Ein Mädchen, fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, saß mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl und beschäftigte sich konzentriert mit etwas, das auf seinem Schoß lag. Eine Handarbeit vielleicht? Ein winziges Haustier? Doch nein – es war ein Stück Goldpapier, das es mit großer Aufmerksamkeit faltete. Eine Lieblingsbeschäftigung von jungen Mädchen, seinen Schwestern nach zu urteilen jedenfalls. Sie hatten Stunden darauf verwendet und die wunderbarsten Dinge geschaffen: Schwäne, Schlösser, originelle kleine Männchen mit verbundenen Gliedmaßen. Mit fünfzehn oder sechzehn waren sie allerdings längst zu alt dafür gewesen.
    Er sah zu, wie das Mädchen das Papier in der Mitte faltete und die Ecken aufeinanderlegte. Dann faltete sie es wieder in der Mitte. Dann noch zweimal, sodass sie ein kleines Quadrat mit sechzehn Lagen erhielt. Sie betrachtete es, drehte es um, und faltete es wieder auf: acht Lagen, dann vier, dann zwei, dann eine. An den Falzen war das Papier inzwischen fast durchtrennt. Sie glättete es auf ihrem Schoß und begann erneut mit dem Falten, genau dasselbe Muster, mit derselben Konzentration.
    Als der Säugling für einen Augenblick die Aufmerksamkeit der Mutter von Theo ablenkte, lehnte er sich zu Granville und fragte flüsternd: »Das älteste Mädchen ist schwachsinnig?«
    »Ja.« Sein Verwalter antworte mit einem knappen Nicken und gab ihm zu verstehen, dass er mit der Frage besser bis nach ihrem Besuch gewartet hätte.
    Also sagte Theo nichts mehr. Die Kate machte jedoch einen völlig anderen Eindruck, jetzt, wo

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