Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
Vom Netzwerk:
mussten, sogar bei solchem Wetter? – und erreichten die Hügelkuppe. Ein kleines grünes Tal voller Schafe erstreckte sich vor ihnen. Ein Hund bellte bei ihrem Anblick und jagte auf den gegenüberliegenden Hügel zu, auf dem im Schatten einiger Bäume ein Mädchen saß. »Sie gehört zu meinen Pächtern«, sagte Mrs Russell. »Eine von den Everett-Töchtern, glaube ich.« Sie ging noch ein paar Schritte vor. »Und ein Stückchen hinter den Bäumen da ist Ihre Hecke.«
    Dieses Land konnte vermutlich ihm gehören, wenn er es wollte. Obwohl es nicht besonders vielversprechend für Weizen oder anderes Getreide aussah. Und das Mädchen würde eine Weide mit einem sehr vorteilhaften schattigen Ausguck verlieren. Er steckte sich die Karte unter den Arm. »Warum, glauben Sie, hat Ihr Mann diese Wiese nicht für sich beansprucht?«
    »Ich fürchte, ich habe keine Ahnung. Mr Russell hat nicht oft über solche Angelegenheiten gesprochen.« Sie wandte sich zu ihm um und schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch nach einem kurzen Schweigen schlug sie lediglich vor, das Tal zu durchqueren und die Schäferin zu begrüßen.
    Das Mädchen hatte ein Buch und einen Korb dabei und den wachsamen Hund. Als sie näher kamen, klappte es das Buch zu und schob es halb unter den Korb, was den Band wesentlich interessanter machte, als er es sonst gewesen wäre.
    Offenbar fand Mrs Russell das auch. Als sie sich einander vorgestellt hatten – das Mädchen war tatsächlich eine Miss Everett und erfreut, seine Bekanntschaft zu machen – und im Schatten saßen, zog die hervorblickende Buchecke immer wieder die Aufmerksamkeit der Witwe auf sich, während sie die nötigen Erkundigungen über die Gesundheit des Mädchens und einiger ausgewählter Familienmitglieder einholte.
    Sie gaben ein hübsches Bild ab, die junge Witwe mit ihren dunklen Augen und ihrem dunklen Kleid und die jüngere Schäferin, blauäugig, rotblond und sommersprossig. Er hatte sich ein Stück von ihnen entfernt an einen Baumstamm gelehnt. Der Hund, ein zotteliger, braunweißer Hütehund, ließ sich neben ihm nieder und legte die Schnauze auf sein Bein, so als gehöre es ihm. Seine Ohren zuckten hierhin und dorthin, während die Damen sich unterhielten.
    Die Unterhaltung verlief stockend. Miss Everett schien ein wenig eingeschüchtert zu sein von Mrs Russell, und diese machte es ihr durch ihre Themenwahl nicht leichter. Die Sonntagsschule wurde erwähnt und Schule überhaupt gelobt, ebenso Grundsätze wie Pflichtschuldigkeit und Fleiß sowie der Gemeindepfarrer, der offenbar darauf sann, den Kindern seiner Schäfchen eine Schule aufzubrummen. Das arme Mädchen konnte nur nicken und seine Zustimmung murmeln, während es die Hände rang, des Buchs beraubt, und die Witwe zum nächsten Feldzug für die Bildung anhob. Es war offensichtlich, dass sie versuchte, Begeisterung in ihrer Zuhörerin zu wecken, doch sie ging es völlig falsch an, prügelte mit sehr lobenswert und immer fleißig auf das Kind ein und schien sich nicht im Geringsten für anderer Leute Meinung zu interessieren. Ihr Tonfall war gar nicht so anders als der, den sie ihm gegenüber anschlug.
    »Vielleicht ist Miss Everett eher eine Verfechterin der Autodidaktik«, warf er ein, als die Witwe einmal Luft holen musste. Er lächelte das Mädchen an, um es so gut er konnte zu ermutigen. »Sie haben gerade etwas gelesen, glaube ich, als wir gekommen sind. Ich fürchte, wir halten Sie von Ihrer Lektüre ab.«
    »Oh nein, ich habe nur gelesen, um mir die Zeit zu vertreiben.« Sie errötete und sah noch unglücklicher aus. »Nichts Lehrreiches.«
    »Einen Roman, vermute ich?« Mrs Russell griff den neuen Gesprächsstrang schnellstens auf, und als das Mädchen nickte, fuhr sie mit frischem Elan fort. »Gewiss gibt es handfestere Dinge, die eine junge Dame lesen kann, aber die meisten Romane schaden nicht. Man kann mit romantischen oder spannenden Geschichten anfangen und später zu Shakespeare oder Homer übergehen oder zu etwas anderem Erhebenden.«
    Gott, was war sie schlecht darin! Bemerkte sie denn nicht, dass das Mädchen sich seines schlechten Romans schämte und immer mehr in sich zusammensank? Dass es sich vor den erhebenden Dingen, die die Witwe ihr aufdrängen wollte, fürchtete? Er beugte sich vor und vergrub die Finger im Fell des Hunds. »Ein Roman?«, sagte er verschwörerisch zu Miss Everett. »War es Der Mönch ?«
    Ihr Gesicht verzog sich zu neunzig Prozent vor Beunruhigung und – dafür hätte er fast

Weitere Kostenlose Bücher