Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Haarsträhne davon abhielt, ihm ins Gesicht zu fallen.
»Das hätten wir«, sagte er beim letzten Hammerschlag. »Sieht es gerade aus?«
»Kommt die Frage nicht ein bisschen spät?«
»Vermutlich.« Er stieg vom Stuhl, sie ebenfalls, und sie betrachteten die Karte aus größerer Entfernung.
Wie die Schiefertafeln und die Griffel sah sie gebraucht und ein bisschen schäbig aus. Er hatte so gut es ging die Knicke herausgebügelt – das war ihre Idee gewesen – und die ausgeblichenen Stellen mit Tinte nachgezogen, doch gegen die Kritzelei irgendeines Schuljungen, der ausgelassen seinen Namen, Stepen, über den Südpazifik geschmiert hatte, war nichts zu machen. Vermutlich hieß er Stephen. Er hätte vor solch mutwilliger Beschädigung wenigstens schreiben lernen können.
»Mein Bruder und ich hatten eine solche Karte, als wir Kinder waren.« Mr Atkins stützte die Hände in den Rücken. »Nicht annähernd so groß, aber natürlich mit denselben Ländern und Ozeanen. Wir haben alle Namen auswendig gelernt.«
»Auch Stepen ?«
»Nein, Stepen nicht. Wesley hätte diesem Jungen mit Sicherheit so einiges zu sagen gehabt!« Er lächelte gedankenverloren, den Blick noch immer auf die Karte gerichtet. Sicherlich hing er Kindheitserinnerungen nach: wie er zum ersten Mal mit dem Finger die lange Küste Afrikas entlanggefahren war oder wie ihm aufgefallen war, dass Italien wie ein Stiefel aussah. Jetzt würde er anderen Jungen – und Mädchen – helfen, diese Entdeckungen zu machen.
Sie war eine Lügnerin, und das war niederträchtig. Sie schlief mit Mr Mirkwood, und das war eine schreckliche Sünde. Sie beabsichtigte, einen Mann um sein Erbe zu betrügen, und dafür konnte sie vermutlich ins Gefängnis kommen. Doch als sie Mr Atkins betrachtete, in seiner Vorfreude auf das gute Werk, das er vollbringen würde, bereute sie nichts.
»Auf, auf, Mrs Russell! Ich habe schon seit über einer Stunde eine teuflische Erektion!« Mr Mirkwood schloss die Tür hinter sich und warf seinen Hut in die Ecke. Er trug einen Stapel Bücher in der Hand.
»Was haben Sie denn da?« Sie machte keine Anstalten aufzustehen.
»Eine Erektion. Hab’ ich doch gerade gesagt.«
Also wirklich. »Die Bücher meine ich. Und die Rolle da.«
»Später.« Mit vier großen Schritten war er beim Sofa, ließ seine Last achtlos darauffallen und knöpfte sich den Frack auf. »Weshalb sind Sie denn noch angezogen? Ich hatte gehofft, dass wir das gestrige Prozedere beibehalten könnten.«
Mit flinken und sicheren Fingern entkleidete er sie beide und schritt mit jedem abgelegten Kleidungsstück näher auf das Bett zu, bis sie nackt unter der Decke lagen.
Diesmal ging er vorsichtiger zu Werke, wie um wiedergutzumachen, dass er am Vortag die Beherrschung verloren hatte. Er schaute sie unverwandt an und lauerte, da war sie sicher, auf das kleinste Anzeichen von Unbehagen. Auch als sie die Augen schloss, um seinem Blick zu entgehen, fühlte sie, dass er sie beobachtete. Es fühlte sich … seltsam an. Anders. Mr Russell war nie so rücksichtsvoll gewesen. Nicht einmal beim ersten Mal, das in der Tat sehr unangenehm gewesen war, und auch nicht beim zweiten Mal, als sie noch wund vom ersten gewesen war. Tut mir leid , hatte er gesagt, doch sein Recht hatte er dennoch eingefordert. So war das eben.
»Nur zu«, sagte sie mit geschlossenen Augen. »Es tut nicht weh, wirklich.« Zweifellos gab es bessere Antworten auf die zärtliche Zurückhaltung eines Mannes. Doch diese Sprache sprach sie ungefähr so gut wie Portugiesisch, und außerdem war in dieser Abmachung kein Platz für so etwas. Sie legte lediglich die Hände auf seine Schultern, weil er es mochte, berührt zu werden, und an seinem raschen Atmen erkannte sie den Augenblick, in dem er sie zurückließ, um zum Höhepunkt zu kommen, genau wie sie es wollte.
Anschließend klärte er sie über die Bücher auf. »Sie alle beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten der Landwirtschaft. Fruchtwechsel. Erträge und Preise. Ich soll das lernen, doch ich bringe nicht das nötige Interesse dafür auf. Aber ich hatte eine Idee.« Er lag auf dem Bauch; jetzt stützte er sich auf die Ellbogen. » Sie könnten sie lesen, da Sie sich dafür interessieren, und dann könnten Sie mir erzählen, was drinsteht. Wenn Ihnen etwas Besonderes dazu einfällt, schreiben Sie es auf. Erzählen Sie mir, wie eine ernsthafte Person auf dieses Material reagieren sollte, damit ich Mr Granville die richtigen Antworten geben
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