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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Jungen, der ungeduldig auf den Beginn eines Kasperletheaters wartete. Sie wussten genau, was man sagen muss , hatte die Witwe gesagt. Zu einem hübschen jungen Mädchen, ja. Doch wie machte man Konversation mit einem Mann von Mr Barrows Alter und Stand? Er sah sich nach einer Inspiration um. »Was machen Sie da mit der Nadel?« Er nickte in Richtung der verwaisten Arbeit.
    »Flicken.« Der Mann griff danach und wendete den Stoff, um ihm die Rückseite zu zeigen. »Das Hemd hat ein Loch im Ärmel, und ich setze einen Flicken darauf.«
    »Das machen Sie selbst?« Kaum dass er das gesagt hatte, bemerkte er seine Dummheit. Natürlich besserte der Mann seine Kleidung selbst aus. Wer sollte es sonst machen, ohne Frau und ohne Dienerschaft? »Ich meine, ich hätte keine Ahnung, wie ich anfangen sollte.« Er krümelte eine Ecke von seinem Käse ab und probierte. Er schmeckte entfernt nach Kreide. Nein, so entfernt auch nicht. Er legte den Rest hin und gab sein Bestes, zu kauen und hinunterzuschlucken, was bereits in seinem Mund war, ohne zu viel davon zu schmecken.
    »Man fängt an, indem man den Faden einfädelt, das ist das Schwierigste für mich. Die Augen sind nicht mehr die besten. Danach muss man nur aufpassen, dass der Flicken gerade liegt.« Mr Barrows Finger, knubbelig und ganz und gar nicht geneigt, gerade zu liegen, strichen ihn glatt und zogen die Nadel durch den Stoff. Er griff nach seinem Brot und biss ein Stück ab. »Tut mir leid, dass das Essen nicht besser ist«, sagte er, nachdem er geschluckt hatte.
    »Oh, ich bin nicht sehr hungrig.« Er spürte die Schamesröte in sein Gesicht steigen. War es so offensichtlich gewesen mit dem Käse? »Ich muss noch Platz für das Abendessen lassen.«
    »Sie sind kein geübter Lügner, oder?« Mr Barrow lächelte, den Blick auf die Nadel gerichtet. »Man muss sich für eine Ausrede entscheiden; entweder haben Sie keinen Hunger oder sie müssen Platz für das Abendessen lassen. Beides zusammen funktioniert nicht.«
    »Es tut mir leid.« Er suchte verzweifelt nach einem besseren Kompromiss zwischen Wahrheit und Takt. »Ich glaube, Käse ist etwas, wofür man eine Vorliebe entwickeln muss. Keiner schmeckt so wie der, mit dem man aufgewachsen ist.«
    »Schon besser.« Das Lächeln des alten Mannes grub sich tiefer in sein Gesicht. »Dennoch sollten Sie besser ein Mädchen heiraten, das Sie nicht anzulügen brauchen.« Er stupste den Käse auf seinem eigenen Teller an. »Er ist widerwärtig; ich weiß, wovon ich rede. Ich bin in einer Meierei aufgewachsen.«
    »Wirklich? Hier in Sussex?« Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Hier bot sich vielleicht ein Gesprächsthema an. Vielleicht brauchte er gar nicht zu wissen , was man sagen musste, sondern sollte sich einfach die Lebensgeschichte des älteren, weiseren Mannes erzählen lassen und Fragen stellen, wie man sie seinen eigenen Großeltern hätte stellen können, wenn sie alt genug geworden wären.
    Mr Barrow machte es ihm leicht. Lebhaft erzählte er Anekdoten aus seinem Leben in Sussex vor einem halben Jahrhundert und warf hie und da seine recht entschiedenen Ansichten über die moderne Käse- und Butterherstellung ein, gelegentlich auch die von Brot und Tee und über all den Schund, der heutzutage beigemischt wurde, um Produkt und Profit zu strecken.
    Theo hörte zu. Er hatte erwartet, dass die Anekdoten spannend sein würden, doch sogar die Käse-Sache war interessant, fast mehr als ihm geheuer war. Und noch dazu klang sie, als müsse sie Mrs Russell interessieren.
    Vielleicht würde er bei ihrer nächsten Unterhaltung im Wohnzimmer etwas von seinem neu gewonnenen Wissen einstreuen und sehen, ob es ihr ein fasziniertes Leuchten in die Augen zaubern würde. Oder er könnte es ihr im Bett zuflüstern, in der Hoffnung, dass sie ihn dann ansah wie eine Frau einen Mann ansah, der sie immer wieder überraschen konnte.
    Oder er könnte sie einfach auf einen Besuch mitbringen und sich zurücklehnen, während sie und der alte Mann sich über Dinge unterhielten, die sie interessierten. Sie würde durchdachte, wohlüberlegte Antworten geben, und Mr Barrow würde vielleicht von diesem Inbegriff der modernen Frau mit ihrem ernsthaften Betragen und ihrer Hingabe an die Verbesserung ihres Guts beeindruckt sein.
    Stolze Freude überkam ihn bei dem Gedanken. Narr. Worauf konnte er stolz sein? Was hatte er in der Szene zu tun, außer in der Ecke zu sitzen, müßig wie immer, und zwei besseren Menschen dabei

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