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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Umso besser. Würdevoll ging sie die Auslage durch. Salate. Brunnenkresse. Der Himmel wusste, was noch alles. Sie warf ihm einen kurzen, aufmerksamen Blick zu, und er wandte sich ebenfalls dem Blattgemüse zu.
    »Entschuldigen Sie bitte.« Warum sollte er sich nicht mit ihr anfreunden, wenn auch nur für die eine Minute oder zwei, die sie miteinander verbrachten? Er sprach leise, um den Gemüsehändler aus dem Gespräch herauszuhalten. »Ich verstehe ganz und gar nichts von Salat. Sind die dunkleren Blätter besser?«
    Sie sah ihn wieder an, diesmal abschätzend. Dann tippte sie einen Salat an. »Der da ist wohl der beste, den Sie hier finden werden,« murmelte sie ebenso leise. »Aber bezahlen Sie nicht mehr als zwei Pence, egal, was er verlangt!«
    Jetzt musste er den Salat kaufen. Mit einer Hand hob er ihn an, mit der anderen fischte er ein paar Münzen aus der Tasche.
    »Und bei Ihnen ein Salat, Sir?«, fragte der Verkäufer zuckersüß. »Das macht fünf Pence.«
    Vermutlich sollte er das Gemüse beleidigen und den Verkäufer gleich mit, in der Hoffnung, drei Pence zu sparen. Er warf seiner Nachbarin einen Seitenblick zu, doch sie ging konzentriert die Petersilie durch und reagierte nicht. Er bezahlte die fünf Pence.
    »Das war dumm«, raunte sie, als der Mann sie nicht mehr beachtete. »Er hat Ihre feinen Kleider gesehen und den Preis erhöht. Sie beuten einen immer aus, wenn man sie lässt.«
    »Es sind doch nur drei Pence. So viel schmeiße ich manchmal einfach weg, wenn ich meine Taschen ausleere.«
    »Das hat er Ihnen vermutlich sofort angesehen. Ihnen steht deutlich auf die Stirn geschrieben, dass Sie keine Ahnung haben, was die Preise sind, wenn Sie mir die Bemerkung verzeihen wollen.«
    »Wie wahr!« Inzwischen fand er es beinahe anheimelnd, sich von einer Frau in Trauertracht belehren zu lassen. »Ich wollte etwas Käse kaufen, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ein vernünftiger Preis ist.«
    Bei diesem Thema wurde sie noch gesprächiger. »Kaufen Sie sich lieber gleich eine Kuh! In dieser Gegend gibt’s weit und breit nur eine einzige Meierei, und deren Käse ist minderwertig. Außerdem würden Sie Ihn zu teuer bezahlen, wie den Salat.«
    »Die drei Pence werde ich nicht bereuen. Ich kann es dem Mann nicht übel nehmen, wenn er ein bisschen Profit macht. Hilft es nicht, die Preise für alle niedrig zu halten, wenn er hie und da ein paar Pennys extra an denen verdient, denen es nicht wehtut?« Das war doch alles in allem ein recht bodenständiges Argument.
    Sie taxierte ihn kritisch. »Ich mache mir ehrlich Sorgen, wie es Ihnen am Käsestand ergehen wird. Die werden Ihnen das Geld aus der Tasche ziehen, ehe Sie wissen, wie Ihnen geschieht.«
    »Könnte ich Sie dann möglicherweise dazu überreden, mich zu begleiten, um diese Gefahr abzuwenden? Ich gebe Ihnen diesen schönen Salat für Ihre Mühen.« Eine Idee war ihm gekommen, eine vage Idee, wie diese Frau ihm vielleicht bei mehr als einer guten Tat von Nutzen sein könnte.
    »Behalten Sie Ihren Salat! Bei dem Preis könnte ich ihn ohnehin nicht genießen, auch wenn jemand anderes ihn bezahlt hat. Die fünf Minuten kann ich wohl erübrigen.«
    Sie gingen die Hauptstraße entlang. Er stellte sich vor. Die Frau war eine Mrs Canning, die seit einigen Jahren verwitwet war und bislang offenbar keine Veranlassung dazu gesehen hatte, ihre Halbtrauertracht abzulegen. »Ich habe eine Witwe zur Nachbarin«, sagte er. »Allerdings ist sie es erst seit Kurzem. Kennen Sie Mrs Russell von Seton Park?«
    Er sah, wie sie ihre Meinung von seiner Intelligenz erneut zu seinen Ungunsten revidierte. Ja, auch das war er von einer Frau in Trauertracht gewöhnt. »Sieist Grundherrin«, kam die Antwort. »Da verkehren wir wohl kaum in denselben Kreisen.«
    »Ja, natürlich. Es ist nur, dass Sie so viel Ähnlichkeit mit ihr haben, in Ihren Manieren, Ihrem gesunden Menschenverstand und Ihrer unverblümten Ausdrucksweise, und natürlich in dem Ernst, mit dem Sie beide das Witwentum angehen. Deswegen dachte ich, dass Sie sich vielleicht kennen könnten.« Dieser Schachzug brachte ihn bis zum Molkereistand, wo er mit verschränkten Armen stehen blieb und so tat, als begutachte er einen Käselaib.
    »Den würde ich nicht essen, selbst wenn ich am Verhungern wäre.« Mrs Canning tat den Käse mit einer einzigen Handbewegung ab. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie Mrs Russell einen Besuch abgestattet haben?«
    »Ein-, zweimal, ja. Wie viel wird er für diesen ungenießbaren

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