Ein unverschaemt charmanter Getleman
bürstete unverdrossen weiter.
Der Kammerdiener hielt einen Schwamm in der Hand. „Wenn Sie erlauben würden, Sir“, ließ er sich vernehmen. „Ein feuchter Schwamm vermag bessere Dienste zu leisten.“
Alistair trat beiseite.
Crewe rieb kräftig über die Flecken. „Sie haben die Knöpfe Ihrer Weste in die falschen Knopflöcher geknöpft“, setzte er seinen Herrn unterdessen in Kenntnis, „und am rechten Ärmel Ihres Gehrocks hat sich eine Haarnadel verfangen.“
„Verdammt“, murmelte Alistair. Er knöpfte seine Weste auf und ordentlich wieder zu und entfernte die Haarnadel. Es würden sicher noch mehr Nadeln auf der Decke und zwischen den Kissen sein, aber er musste einfach darauf vertrauen, dass Crewe alle derartigen Beweise beseitigen würde, bevor die Zimmermädchen sie entdeckten.
Die Zimmermädchen. Konnte jemand unbemerkt nach oben gekommen sein?
„Crewe, die anderen Dienstboten ...“
„Niemand außer mir hat sich während der letzten Stunde in diesem Teil des Hauses aufgehalten“, erwiderte der treue Diener umgehend. „Nachdem ich mich meines Eindrucks versichert hatte, dass Sie es vorziehen würden, nicht gestört zu werden, entschied ich mich dafür, häuslichen Rat von Captain Hughes’ Personal einzuholen. Sie waren alle so gut gewesen, mir ihre bewährtesten Rezepturen zur Herstellung von Scheuerschwämmen anzuvertrauen, ebenso wie ihre Ansichten darüber, ob vorzugsweise Seife oder Spiritus oder doch besser Wein zur Reinigung von Goldbesatz und Stickerei zu verwenden sei.“
Mit anderen Worten: Crewe hatte die Dienstboten ferngehalten.
Wenn er doch nur weniger Taktgefühl bewiesen hätte und in das Zimmer seines Herrn hereingestürmt wäre, bevor dieser eine Dummheit begehen konnte, die all seine bisherigen Dummheiten noch bei Weitem übertraf!
Aber es war letztlich nicht Crewes Aufgabe, Alistair das Denken abzunehmen. Nachdem sein Herr sich als frei von Sitte und Anstand erwiesen hatte, hatte der Diener lediglich alles ihm Mögliche getan, um die Dame vor Entdeckung und Entehrung zu bewahren.
„Sie wissen hoffentlich, Crewe, dass Sie ein wahres Musterexemplar Ihres Standes sind“, meinte Alistair. „Sie sind der weiseste und verlässlichste aller Diener.“
„Es bereitet wenig Unannehmlichkeiten, einem guten Herrn zu dienen - und einen solchen findet man seltener, als man glauben möchte“, erwiderte Crewe verbindlich. Nachdem er auch die letzten Spuren von Miss Oldridges Fußabdrücken beseitigt hatte, begann er, das Bett zu machen. „In diesem Teil Derbyshires scheinen gute Dienstherren jedoch keine gar so seltene Spezies zu sein. Captain Hughes’ Personal ist ihm treu ergeben und lobt ihn in den höchsten Tönen. Und was die Bewohner von Oldridge Hall anbelangt, konnte ich mich ja unlängst persönlich ihres Wohlwollens und ihrer Güte versichern.“
Als das Bett frei von jeglichen Spuren des kürzlich Geschehenen war, wandte Crewe seine Achtsamkeit dem Teppich zu. Er sammelte noch drei weitere Haarnadeln auf, einen entzweigesprungenen Knopf, ein winziges Stück Spitzenbesatz sowie den einen oder anderen losen Faden.
Derweil der Diener das Zimmer noch nach weiteren Anzeichen kompromittierender Beweislast absuchte, fasste sein Herr einen Entschluss.
Zwei Stunden später, während Captain Hughes noch in einem Gewächshaus damit beschäftigt war, Mr. Oldridges ganz auf ein recht unansehnliches grünes Irgendwas gerichtete Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen, befanden Mr. Carsington und sein Kammerdiener sich bereits auf dem Weg zurück nach Matlock Bath.
Bis Mirabel schließlich zu Hause eintraf, hatte sie langsam zu verstehen begonnen, warum man junge Damen so streng dazu anhielt, sittsam zu sein, ihre Tugend zu wahren und ihre Jungfräulichkeit bis zur Hochzeitsnacht sorgsam zu hüten.
Sie hatte mit angesehen, wie Tiere sich paarten, und deshalb angenommen, sie wüsste, was zwischen Frauen und Männern geschehe. Aber eines hatte sie dabei nicht bedacht.
Tiere liebten einander nicht. Es war ein rein körperlicher Vorgang.
Und davon ausgehend, hatte Mirabels verwirrter und unwissender Verstand sie glauben gemacht, dass es für sie ganz ähnlich sein würde: sinnlich, beglückend und auf irgendeine Weise auch erleichternd - wie eine Abfuhr lang aufgestauter Gefühle.
Sie hätte niemals vermutet, wie wundervoll es sein könnte oder dass die Erfahrung dieses Wunderbaren - ebenso wie die Leidenschaft, die sie empfand - all ihre Gefühle nur noch zu steigern
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