Ein unverschaemt charmanter Getleman
meinten, es müsse abgenommen werden. Ich wollte das nicht zulassen. Ich war ..." Langes Schweigen. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich damals überhaupt ganz bei Verstand war. Aber Gordy hatte all seine Sinne beisammen und teilte meine Ansicht.“
„Du hattest sicher sehr viel Blut verloren“, meinte sie. „Das dürfte es erschwert haben, einen klaren Gedanken zu fassen.“
Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar.
„Und weil du so viel Blut verloren hattest, wäre es sehr riskant gewesen, das Bein zu amputieren“, fuhr sie fort. „Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Wahrscheinlich wussten die Ärzte sich einfach nicht anders zu helfen. Ich hätte auch nicht gewusst, was zu tun wäre, davon einmal ganz abgesehen. Der türkische Heiler, von dem du mir erzählt hast, scheint dir das Leben gerettet zu haben. Und du kannst dich glücklich schätzen, dass dein Freund bei dir war. Lord Gordmor.“
Ihrem Feind verdankte sie nun also dieses wundervolle Zwischenspiel. Seinetwegen war sie in den siebten Himmel hinaufgeflogen und wunderbar weich wieder auf der Erde gelandet. Jener Mann, der es darauf angelegt hatte, ihre Welt zu zerstören, hatte diesem Mann hier das Leben gerettet.
Darüber wollte sie lieber nicht länger nachdenken.
Sie streichelte seine Brust, fuhr über das seidig weiche Haar darauf. „Hier ist mehr Gold“, murmelte sie.
„Hier ist was?“
„Das Haar auf deiner Brust schimmert goldener als das auf deinem Kopf.“ Als sie aufschaute, begegnete sie dem unergründlichen Blick seiner bernsteinbraunen Augen. „Ich habe diesen kleinen Details sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet“, fügte sie hinzu.
Sie hatte versucht, sich ihn in jeder Einzelheit einzuprägen, sodass sie später ...
Doch auch darüber wollte sie lieber nicht nachdenken. Stattdessen wollte sie sich auf den Augenblick konzentrieren. Allzu bald schon würde alles vorüber sein.
Jetzt jedoch, in diesem Augenblick, fühlte sie sich warm und geborgen und zufrieden und eins mit ihm. Bald ...
Bald. Oh, du lieber Himmel, wie lange schon war sie hier?
Sinnenrausch und wohlige Wärme schwanden rasch dahin, als die Wirklichkeit sich langsam in ihr Bewusstsein schlich wie die Schlange in den Paradiesgarten.
Sie sah ihn an. „Ich muss gehen.“
Er schloss seine Arme nur noch fester um sie.
„Ich muss gehen“, wiederholte sie. „Ich kann nicht den ganzen Nachmittag hierbleiben ... wenngleich ich mir das wünschte.“
Sein Blick schimmerte dunkel. „Zuerst müssen wir reden“, meinte er.
„Reden können wir auch ein andermal“, erwiderte sie.
„Über uns“, stellte er klar.
„Es gibt kein ,uns‘ - und es wird nie eines geben.“
„Ich denke, wir sollte über unsere Hochzeit sprechen“, beharrte er.
Ihr Herz stockte kurz und begann dann wild zu flattern, frohlockend und verängstigt zugleich. Wahnsinn und Jubel zugleich.
Sie atmete einmal tief ein, um sich zu beruhigen, und dann wieder aus und ließ ihren Kopf an seiner Brust ruhen. „Wie du so trefflich bemerkt hast, bin ich eine Frau vom Lande“, begann sie. „Ich weiß, wie Tiere sich fortpflanzen, und weiß daher auch, dass ich die Frucht deiner Liebe nicht in mir trage.“
Er lachte kurz auf. „Was nicht daran liegt, dass ich es nicht versucht hätte. Aber du - Himmel! Bei dir kann ich mich ebenso wenig beherrschen wie ein liebestoller Schuljunge.“
Sie legte ihre Hand an seine Wange. „Ich bereue nichts“, versicherte sie ihm. „Und du solltest das auch nicht. Du bist nicht für meine Tugend verantwortlich. Du hast mich weder getäuscht noch verführt. Ich wusste, was ich tue.“
„Das ändert nichts daran, was geschehen ist“, entgegnete er. „Auch ich wusste, was ich tat - zumindest dachte ich das.
Ich hatte allerdings nie beabsichtigt, dass es so weit kommen würde.“
„Ich schon“, erwiderte sie.
„Das ändert aber nichts daran“, wiederholte er.
„Sage nun bitte nicht, dass es eine Frage der Ehre ist“, meinte sie rasch.
„Nicht nur der Ehre“, sagte er. „Der Ehre und der Zuneigung. Du bedeutest mir viel.“
Und auf einmal kam völlig ungefragt und unerwünscht die Erinnerung zurück: William, der durch die fast kahl geschlagene Waldung gelaufen kam und sie in seine Arme zog. Ich liebe dich, Mirabel. Zerstöre nicht zwei Leben. Lass mich nicht ohne dich fortgehen.
Obwohl sie von ganzem Herzen verliebt gewesen war, war sie damals unerbittlich geblieben, denn es hatte zu viel auf dem Spiel gestanden.
Und dies hier
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