Ein unverschaemt charmanter Getleman
seine Hose zuzuknöpfen, und Caleb, der zwar schneller in die Gänge gekommen war, stolperte unversehens über eine Wurzel und ging Kopf voraus zu Boden. Er rappelte sich gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Oldridge hinter der nächsten Anhöhe verschwand.
Caleb nahm die Verfolgung wieder auf und fluchte leise, als er Jackson hinter sich laut rufen hörte. Was der doch für ein Dummkopf war! Er sollte sich seinen Atem besser aufsparen, um dem hinterlistigen Halunken hinterherzurennen. Jacksons Geschrei würde man bis unten im Tal hören - aber ganz sicher doch -, oder zumindest die Hunde würden es hören und dann anfangen zu bellen und alle aufwecken.
Einige Minuten später - Lunge und Muskeln brannten ihm von der Anstrengung - holte Caleb den Ausreißer schließlich ein. Der Alte wurde langsamer und stolperte. Hatte wohl nicht mehr genug Luft, um einen Mann abzuhängen, der über zehn Jahre jünger war als er, dachte Caleb selbstgefällig. Er streckte seine langen Beine mit neuer Kraft aus und sprang behände über Steine und herabgefallene Äste. Dann nahm er noch einmal kräftig Anlauf, setzte zum Sprung an, stürzte sich auf Oldridge und brachte ihn schwer zu Fall. Danach zog er ihn unsanft wieder in die Höhe, und während der durchtriebene alte Schurke noch keuchend nach Luft rang, zog Caleb sein Messer und legte es ihm an den Hals.
„Ihr Kindermädchen ist jetzt nicht hier, um Ihnen zu helfen“, stieß Caleb ebenfalls keuchend hervor. „Zeit für Ihren kleinen Unfall.“
Er zerrte den alten Mann mit sich, das Messer noch immer an seinen Hals gelegt, und sah sich nach einer geeigneten Stelle um.
Ah ja ... dort. Ein ordentlicher Sturz hinab auf einen Geröllhaufen.
Alistair hielt an und warf einen sorgenvollen Blick gen Himmel, der sich erneut zuzuziehen begann. Wenn er in just diesem Moment sein Pferd nicht zum Stehen gebracht hätte, würde er vielleicht den Schrei nicht gehört haben und hätte ihn folglich auch nicht mit dem nun zu vernehmenden Krächzen und Kreischen aufgebrachter Wildvögel in Verbindung gebracht. Die Vögel flogen aus den Bäumen auf und beschwerten sich lautstark über den Eindringling, der ihre friedvolle Nachtruhe gestört hatte.
Hätte Alistair nicht zuvor den Schrei gehört, würde er angenommen haben, dass ein Hund oder eine Katze sich ins Unterholz geschlichen hatte.
Nun wendete er sein Pferd in die Richtung, aus der der Lärm kam, wenngleich im stetig schwindenden Mondschein dort kein Pfad auszumachen war. Bislang waren sie auf einer alten, ausgetretenen Packpferdstraße vorangekommen und den Spuren einer kürzlichen Passage gefolgt: Rillen, die ein Paar Räder im aufgeweichten Boden hinterlassen hatte, Abdrücke von Füßen und Hufen, frische Pferdeäpfel.
Hier jedoch konnte Alistair in der rasch zunehmenden Finsternis weder einen Weg noch einen Pfad erkennen. Aber er spürte, wie die Besorgnis, die ihn schon während all der langen Stunden begleitet hatte, sich in Furcht verwandelte, und so trieb er sein erschöpftes Pferd noch einmal an.
Doch als er und Mirabel die Waldung erreichten, hatten die Vögel sich wieder beruhigt, und alles war still.
Sie blieben stehen und lauschten. Da sie dem verbliebenen Suchtrupp weit voraus waren, hörten sie auch keine Stimmen, sondern nur den Wind, der seufzend durch die kahlen Zweige strich und leise in den Kiefern flüsterte.
Und dann durchschnitt auf einmal der Schrei eines Mannes die Stille - ein kurzer und entsetzlicher Schrei, in unmittelbarer Nähe.
Alistair und Mirabel sprangen sofort von ihren Pferden und rannten in die Richtung, aus der sie den schrecklichen Laut vernommen hatten.
Ein dumpfer Warnruf ließ Alistair unvermittelt stehen bleiben.
„Gebt acht, gebt acht!“, vernahmen sie schwach Mr. Oldridges atemlose Stimme ganz in der Nähe.
„Papa!“
Mirabel würde dem Laut entgegengeeilt sein, wenn Alistair sie nicht zurückgehalten hätte. „Es klingt, als befände er sich unter der Erde“, meinte er. „Warte hier.“
Vorsichtig lief er weiter, wobei er sich schon äußerst anstrengen musste, überhaupt noch den Boden zu seinen Füßen zu erkennen. Dichte Wolken hatten sich vor den Mond geschoben und schickten einen kalten Nieselregen herab.
„Hier, hier!“, rief Mr. Oldridge. „Ein Lüftungsschacht. Gebt bitte acht.“
Alistair ging in die Knie und kroch auf allen vieren der Stimme entgegen. Er verharrte reglos, sobald er das Loch sah, ein zerklüfteter Umriss, kaum dunkler als die
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