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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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hatte sich bereits ausgemalt, wie er die Grundbesitzer für sein Anliegen gewinnen würde, indem er ehrlich mit ihnen verhandelte, ihren Einwänden Gehör schenkte und gemeinsam mit den Bewohnern von Longledge nach Lösungen und Kompromissen suchte, die für alle annehmbar waren. Seine Absichten waren gut und sein Herz rein. Er war kultiviert und gebildet, besaß Taktgefühl, und seine Umgangsformen waren tadellos - außer Miss Oldridge gegenüber. Auf derlei persönliche Vorzüge hatte er gesetzt und darauf vertraut, dass sie ihm in der anstehenden Auseinandersetzung von Nutzen wären.
    Alistair war nicht darauf vorbereitet gewesen, den gesamten Widerstand in sich zusammenfallen zu sehen, kaum dass er am Ort des Geschehens eingetroffen war.
    Ungefähr eine halbe Stunde nachdem Mirabel das Wilkerson's verlassen hatte, war Sir Roger vorstellig geworden und hatte Alistair begrüßt wie einen verloren geglaubten Sohn.
    Der Baronet, der etwa so alt sein mochte wie Alistairs Vater, war füllig um die Leibesmitte und kahl auf dem Kopf. Gerade war er damit beschäftigt, den Berg an Speisen abzutragen, den er sich hatte kommen lassen, um bis zum Abendessen bei Kräften zu bleiben: Hammelfleisch, Kartoffeln, ein Laib Brot, je ein gutes Pfund Butter und Käse, ein Humpen Bier.
    Alistair trank ein Glas Wein. Selbst wenn er Hunger verspürt hätte - was zu dieser Stunde eher unwahrscheinlich war -, würde ihm der Appetit ohnehin vergangen sein, sobald er zu begreifen begann, dass Miss Oldridge nicht übertrieben hatte. Niemand würde ihm nunmehr Gelegenheit geben, sich zu beweisen oder den Nutzen des Kanals mit Argumenten zu belegen. Er war Lord Hargates Sohn, die Zeitungen hatten einen Helden aus ihm gemacht - das war alles, was zählte.
    „Es ist ausgesprochen gütig von Lady Talbot, mir ihre Aufmerksamkeit zukommen zu lassen“, meinte Alistair. „Aber wie Sie sicher schon gehört haben, bin ich rein geschäftlich hier.“
    „Wichtige Geschäfte, möchte ich meinen.“
    „Ja, recht wichtig.“ Nach einer kurzen Pause, derweil der Baronet sein Hammelfleisch kaute, fügte Alistair hinzu: „Lord Gordmors Kanal.“
    Sir Roger hob die Augenbrauen, kaute aber unbeirrt weiter und schluckte in aller Ruhe. „Was Sie nicht sagen.“
    „An sich würde ich gern ausführlicher mit Ihnen darüber reden. Natürlich zu einer Zeit, wo es uns beiden genehm ist.“ Sir Roger nickte. „Geschäft. Vergnügen. Muss man trennen. Schon verstanden.“
    „Natürlich kann ich auch mit Ihrem Verwalter sprechen, wenn Ihnen das lieber sein sollte“, bot Alistair an.
    „Verwalter? Auf keinen Fall.“ Der Baronet aß weiter.
    „Sie würden mir zudem einen großen Gefallen erweisen, Sir Roger, wenn Sie - Sie alle - mich einfach nur als Lord Gordmors Gesandten betrachten würden. Als jemanden, der in seinem Auftrag hier ist.“
    Der Baronet ließ sich dies eine Weile durch den Kopf gehen und schaufelte unterdessen die restlichen Kartoffeln auf seinen Teller. „Verstehe schon, was Sie meinen“, sagte er schließlich. „Prinzipien. Spricht für Sie.“
    „Ich möchte auch klarstellen, dass mein Vater in keiner Weise an diesem Vorhaben beteiligt ist.“
    „Verstehe“, meinte Sir Roger abermals. „Anders meine Gattin. Sie versteht nur, dass Lord Hargate Ihr Vater ist und Sie der berühmte Held von Waterloo sind. Habe ihr schon gesagt, dass Sie kein Löwe im Schaugehege sind. Nicht hier sind, um die Damen zu unterhalten.“ Er blickte finster drein. „Tränen! Ganze Eimer voll. Frauen.“
    Alistair musste sich nur Judith Gilfords tränenreiche Wutausbrüche in Erinnerung rufen, um sofort zu verstehen, wie sehr eine unzufriedene Frau einen Mann ins Unglück zu stürzen vermochte. Zumindest war Alistair der ewigen Bindung an sie noch einmal entkommen und musste ihre Launen nun nicht bis ans Ende seiner Tage ertragen. Ein Ehemann jedoch hatte damit zu leben — wenn er sich nicht aus seinem eigenen Haus vertreiben lassen wollte.
    Sir Rogers Gemahlin unglücklich zu machen trug sicher nicht dazu bei, sich Respekt und Wohlwollen ihres Gatten zu verdienen.
    „Eher würde ich mich von der gesamten polnischen Kavallerie niedermetzeln und zu Tode trampeln lassen“, begann Alistair daher, „als Ihrer Gattin nur einen Moment des Kummers zu bereiten. Wenn Sie bitte so gut sein wollten, Lady Talbot auszurichten, dass es mir eine Ehre wäre, ihr am Freitag meine Aufwartung zu machen.“
    Freitag, 20. Februar
    Die Abendgesellschaft war genau so, wie Miss

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