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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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nicht gerade dazu beigetragen, sein Desinteresse zu bekunden, indem er Mr. Carsingtons Brief beantwortet hat“, seufzte Mirabel. „Können Sie sich vorstellen, dass er allen Ernstes einen Brief beantwortet hat?“
    Mrs. Entwhistle schüttelte den Kopf und war gleichfalls der Ansicht, dass dies ein unerklärliches Vorkommnis war.
    „Wenn sogar mein Vater sich bereitgefunden hat, Mr. Carsington zu empfangen, dann können Sie sich ja vorstellen, womit die anderen aufwarten werden“, prophezeite Mirabel. „Sie werden den berühmten Helden von Waterloo bei Tische hofieren und fraglos allem zustimmen, was er vorschlägt. Sie werden klaglos den sicher verschwindend geringen finanziellen Ausgleich annehmen, den er ihnen für die Nutzung ihrer Ländereien in Aussicht stellen wird, und mit einem verzückten Kopfnicken jeden Streckenverlauf absegnen, den er ihnen vorschlägt. Sollte jemand wagen, um den Bau einer Brücke zu bitten, damit er seine Kühe von der Weide wieder in den Stall bekomme, oder vorschlagen, dem Verlauf möge bitte eine Kurve einbeschrieben werden, damit der Kanal an seinem Waldstück vorbeifließe statt mitten hindurch, so würde mich das sehr überraschen. Und wenngleich Mr. Carsington nur einer der jüngeren Söhne von Lord Hargate ist, können wir indes gewiss sein, dass jeder hier die Gelegenheit nutzen wird, um ihm seine Schwestern und Töchter zu präsentieren.“
    „Wahrscheinlich sieht er gut aus und versteht sich auszudrücken“, mutmaßte Mrs. Entwhistle, während sie Mirabels Teetasse nachfüllte.
    „Mehr als das“, versicherte Mirabel ihr mit finsterer Miene.
    „Groß und breitschultrig ist er, und wenngleich man annehmen könnte - da er so großen Wert auf seine Kleidung legt -, er müsse immer steif und förmlich sein, so ist er es doch nicht. Er bringt es sogar fertig, seine Verletzung in das Gesamtbild einzubeziehen. Es gelingt ihm, sein Humpeln männlich und zugleich anmutig wirken zu lassen, und das macht es irgendwie ... charmant.“
    „Charmant“, wiederholte Mrs. Entwhistle.
    „Es ist furchtbar.“ Mirabel starrte düster in ihre Teetasse. „Er rührt mich zu Tränen. Und im nächsten Moment will ich schon wieder irgendetwas nach ihm werfen. Davon abgesehen ist er ein unverbesserlicher Idealist - oder aber ein hervorragender Schauspieler. Ich brachte es kaum über mich, ihm zu sagen, dass niemand hier sich einen Deut um seine guten Absichten schert.“
    „Blond oder dunkel?“, wollte Mrs. Entwhistle wissen.
    „Er hat kräftiges braunes Haar, aber wenn das Licht daraufscheint, schimmert es golden“, gab Mirabel Auskunft. „Seine Augen sind von einem hellen Braun, das oft und rasch die Schattierung wechselt. Dennoch wirken sie stets ein wenig schläfrig und verhangen“, fügte sie hinzu. „Ich war mir daher nie sicher, ob er mir überhaupt zuhört. Vielleicht war er aber auch nur gelangweilt. Oder der Anblick meines Haars hat ihm so viel Verdruss bereitet, dass er seine Augen nicht weiter zu öffnen wagte.“
    „Was lässt dich glauben, dass dein Haar ihn verdrießt?“, fragte Mrs. Entwhistle. „Es ist doch wunderschön.“
    Mirabel zuckte mit den Achseln. „Rotes Haar ist nicht in Mode, und schon gar nicht diese seltsame Farbe. Bei ihm muss aber alles seinen ästhetischen Kriterien genügen. Zudem sind meine Frisuren ja nie besonders elegant - auch dann nicht, wenn ich mich darum bemühe.“
    „Weil du nie lange genug still sitzen magst, damit deine Zofe dein Haar ordentlich frisieren kann.“ Unter einer Spitzenhaube schaute sorgsam frisiert und gebändigt Mrs. Entwhistles brünette Lockenpracht hervor.
    „Mag sein. Ich habe Lucy heute Morgen kaum Zeit gelassen, und wie nicht anders zu erwarten, hat mein Haarknoten dann auch nicht lange gehalten.“
    Mrs. Entwhistle betrachtete Mirabel. „Nun scheint er aber hervorragend zu sitzen.“
    „Er hat sich meiner Frisur angenommen“, klärte Mirabel sie auf. „Er hat mein Haar so fest aufgesteckt, dass ich die Nadeln wohl nie wieder herausbekommen werde. Ich wüsste zu gerne, wer ihn die Kunst des Haareaufsteckens gelehrt hat. Vielleicht hätte ich ihn fragen sollen ..."
    „Also wirklich, Mirabel.“
    „... aber ich war viel zu verdutzt, als dass mir das in den Sinn gekommen wäre.“ Verdutzt beschrieb nicht einmal annähernd, was sie in jenem Moment empfunden hatte. Er hatte so dicht vor ihr gestanden, dass sie das gestärkte Linnen seiner makellosen Halsbinde hatte riechen können. Und schwach nahm sie auch

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