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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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schockierte es keineswegs, dass Miss Oldridge in einer gemischten Gesellschaft von badenden Männern zu sprechen begann. Er hatte bereits zur Genüge erfahren, dass sie sich gern offen und unverblümt Ausdruck verschaffte. Zudem war sie einunddreißig und somit kein unbedarftes junges Mädchen mehr wie all die hübschen Spatzenhirne um ihn herum. Außerdem brachten Leute vom Lande meist weniger zimperlich derlei Dinge zur Sprache, als Londoner es tun würden, was wohl daran lag, dass sie hier von klein auf von Tieren umgeben waren, die sich ja bekanntlich stetig paarten und vermehrten.
    Auch die Talbots gaben sich sehr unprätentiös. Sie ließen das Abendessen auf die traditionelle Weise servieren, sodass alle Speisen eines Ganges zugleich aufgetragen wurden. Auch entsprach die Anzahl der weiblichen Gäste nicht der Zahl der männlichen, die zudem eine ungerade war, und alle saßen, wo immer es ihnen gefiel - wenngleich natürlich alle bedacht hatten, dass die Plätze neben der Gastgeberin am Kopf der Tafel den bedeutsameren unter den Gästen Vorbehalten blieben.
    Eine Weile des stillen Umsetzens und Manövrierens zu Beginn des Abends endete damit, dass der überwiegende Teil der jungen Damen schließlich auf den Stühlen Platz gefunden hatte, die dem Ehrengast am nächsten standen.
    Miss Oldridge hatte auf derlei Manöver verzichtet. Sie und Captain Hughes hatten sich auf Lady Talbots Drängen neben die Gastgeberin gesetzt.
    Der Captain betrachtete Miss Oldridge nun recht belustigt. „Ich gehe sicher recht in der Annahme, dass diese wackeren Mannen keine Bademaschinen benutzten.“
    Miss Curry lief feuerrot an. Miss Earnshaw, die neben ihr saß, kicherte. Ach, was waren sie doch noch jung - wahrscheinlich kaum dem Schulzimmer entronnen.
    „Dieses Benehmen zeugt von äußerster Rücksichtslosigkeit“, stellte Lady Talbot fest. „Bedenken Sie nur, welchen Erschütterungen die zarten Empfindungen eines jungen Mädchens ausgesetzt werden, sollte sie unerwartet auf diese Männer treffen. Die Folge könnte gar sein, dass sie ernstlich erkrankt. Ich möchte gar nicht bestreiten, dass Baden eine der Gesundheit sehr zuträgliche Übung ist - aber alles zur rechten Zeit und am rechten Ort. Baden in einem Kanal!“ Sie schüttelte den Kopf. „Dann müssen wir uns wohl demnächst gar auf römische Orgien gefasst machen.“
    „Ich wüsste wahrlich nicht, schon einmal von orgiastischen Schwimmübungen in den Kanälen gehört zu haben“, meinte Alistair.
    „Es ist gar nicht lange her, dass ein Herr einen sehr entrüsteten Brief bezüglich der Schwimmer an die Times geschrieben hat“, sagte Miss Oldridge. „Er erwähnte zwar keine Orgien, sprach aber sehr wohl von einem Verfall der Sitten.“
    „Die Schwimmer waren sicher betrunken“, wandte der Captain ein.
    „Oder aber es war ein außergewöhnlich warmer Tag“, erwiderte Miss Oldridge. „Der Schreiber jenes Briefes schob den Barkassenfahrern die Schuld zu. Er meinte, sie würden einen verderblichen Einfluss haben. Meines Wissens fluchen sie zumindest sehr eindrucksvoll.“
    „Aber auf Mr. Carsingtons Kanal würden sie das ganz sicher nicht tun“, ließ Miss Earnshaw sich vernehmen und maß Alistair mit ehrfürchtigem Blick. „Denn ich glaube kaum, dass er ihnen das gestatten würde.“
    Bevor Alistair etwas auf diese wunderbar geistlose Bemerkung erwidern konnte, bemerkte Miss Oldridge, ohne auch nur die Miene zu verziehen: „Zweifelsohne wird Mr. Carsington dies den Bedingungen hinzufügen, die die Grundbesitzer sich ohnehin ausbitten werden.“
    „Da wir hoffen, viele - wenn nicht gar alle - Landbesitzer als Teilhaber und Mitglieder des Kanalkomitees zu gewinnen, werden Sie alle sicherlich wachsam dem öffentlichen Sittenverfall entgegenwirken“, sagte Alistair.
    „Sie wollen das tatsächlich unserer Verantwortung überlassen?“, fragte Mirabel. Sie bedachte ihn mit einem so strahlenden Lächeln, als habe sie gerade etwas unvorstellbar Romantisches gesagt und nicht etwa eine sarkastische Bemerkung gemacht. „Nun denn, zumindest mich erleichtert es sehr, das zu wissen.“ Während sie ihn seiner Verärgerung und Verwirrung überließ, wandte sie ihr strahlendes Lächeln nun ihrer Gastgeberin zu. „Ergeht es Ihnen nicht ganz genauso, Lady Talbot?“
    „Ja, doch, das mag sein“, erwiderte Lady Talbot, keineswegs beruhigt. „Aber ich hatte mir bislang keine Gedanken darüber gemacht, dass so viele Fremde kämen. Sir Roger hat das mir gegenüber nie

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