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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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gewusst, dass nicht nur er verärgert und verwirrt war. Mirabel zumindest war so durcheinander, dass sie noch zwei Meilen weiter nach Cromford fuhr, weil sie der beruhigenden Wirkung bedurfte, die ihre einstige Gouvernante stets auf sie hatte.
    Und so saßen sie nun beide in Mrs. Entwhistles Wohnstube, in der alles tadellos sauber, hübsch herausgeputzt und gemütlich gepolstert war - ganz so wie bei ihrer Bewohnerin.
    Besagte Dame war zehn Jahre älter als Mirabel, hatte geheiratet und war nach Cromford gezogen, kurz nachdem ihr damals neunzehnjähriger Schützling zu seiner ersten Saison nach London aufgebrochen war. Vor drei Jahren jedoch war Mr. Entwhistle einem Lungenfieber erlegen. Allerdings hatte er für seine Witwe gut vorgesorgt, um es ihr zu ersparen, erneut bei ihrer früheren Tätigkeit Zuflucht suchen zu müssen.
    „Wenn ich doch nur einen einzigen Trumpf hätte!“, klagte Mirabel nun Mrs. Entwhistle ihr Leid. „Mr. Carsington wird bald selber herausfinden, worauf sich die Ablehnung der Anwohner gründet - die Grundbesitzer glauben, dass der Kanal ihnen mehr schadet als nützt. Wenn dem nicht so wäre, hätten sie schon vor Jahrzehnten selbst einen Kanal gebaut.“
    „Männer, die ihr ganzes Leben in London zubringen, können sich kaum vorstellen, welche Auswirkungen solche Vorhaben auf eine ländliche Gemeinschaft haben können“, bemerkte Mrs. Entwhistle. „Selbst wenn jemand Lord Gordmor das Problem zu erklären versucht hätte, würde dieser es wahrscheinlich als einen typisch provinziellen Vorbehalt gegenüber Fortschritt und Technik abgetan haben.“
    „Es ist nicht allein seine Schuld“, wandte Mirabel ein. „Zumindest einen Teil haben wir uns selbst zuzuschreiben. Wenn wir Landbesitzer dem Gesandten Lord Gordmors gegenüber unsere Meinung klar zum Ausdruck gebracht hätten, würden wir uns nun vielleicht gar nicht in dieser misslichen Lage befinden. Aber niemand von uns hat ihm mehr Beachtung geschenkt als all den Gesandten zuvor.“
    Macht und Einfluss eines Gesandten waren allenfalls ein schwacher Widerschein des Ranges seines Dienstherrn, und die Reputation Lord Gordmors wiederum war - wie Mirabel gegenüber Mr. Carsington betont hatte - selbst von äußerst schwacher Strahlkraft. Für die Leute von Longledge Hill war der Gesandte Seiner Lordschaft nur einer von vielen in einer langen Reihe von Gesandten, die kamen und gingen, um für diese oder jene Investition zu werben.
    Der hiesige Landadel war jedoch recht konservativ eingestellt. Selbst auf dem Höhepunkt der Kanalbegeisterung war ihnen Mr. Arkwrights Cromford Canal als ein dubioses Vorhaben erschienen, und den Peak Forest Canal befanden sie als schlichtweg unverantwortlich. Bislang hatten sich - zumindest vom finanziellen Standpunkt aus betrachtet - diese Vorbehalte als nicht ganz unbegründet erwiesen. Während die Kanäle dem Transportwesen sehr zuträglich waren, wovon die entlang der Strecke gelegenen Unternehmen profitierten, hatte sich dieser Aufschwung dennoch nicht in nennenswerten Gewinnen für die Teilhaber der Kanalprojekte niedergeschlagen.
    Indes hatten die neuen Wasserstraßen jedoch sowohl die Landschaft als auch die Gemeinden, durch die sie verliefen, grundlegend und nachhaltig verändert.
    Noch ablehnender war die Bevölkerung von Longledge naturgemäß Lord Gordmors Kanal gegenüber eingestellt, würde er sich doch als öffentlicher Verkehrsweg durch die Besitzgründe von Mirabel und ihren Nachbarn erstrecken.
    „Wie hättest du aber wissen sollen, dass Lord Gordmor sich als hartnäckiger erweisen würde als alle, die es zuvor versucht hatten?“, meinte Mrs. Entwhistle.
    „Es ist nicht seine Hartnäckigkeit, die mir Sorgen bereitet, sondern die Wahl seines Gesandten“, stellte Mirabel klar. „Wenn mich doch nur jemand vor der Ankunft Mr. Carsingtons gewarnt hätte! Ich denke nicht, dass er die anderen Grundbesitzer angeschrieben hat, denn dann wäre hier über nichts anderes mehr geredet worden. Aber es fällt mir ebenso schwer zu verstehen, warum er sich ausgerechnet an Papa gewandt hat. Papa dürfte wahrlich der Letzte sein, der sich für einen Kanal begeistern ließe, da er sich niemals für etwas begeistert, das keine Wurzeln hat.“
    „Ich vermute, dass Mr. Carsington und Lord Gordmor sich der Interessen deines Vaters nicht bewusst waren“, gab Mrs. Entwhistle zu bedenken. „Es dürfte für sie hingegen interessant sein, dass er über den größten Grundbesitz verfügt.“ „Und Papa hat auch

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