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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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lachte, und ihr Lachen klang hell und doch ebenso samtweich wie ihre Stimme, wenn sie sprach. „Nein, ich hatte an Kalkutta oder Bombay gedacht.“
    „Ich verstehe. Dort könnte ich von zahllosen ansteckenden Krankheiten dahingerafft werden, falls nicht zuvor schon ein Hitzschlag mich niederstreckte.“
    „Ich wünsche Ihnen keineswegs den Tod“, entgegnete sie. „Ich gönne es Ihnen, gesund und munter zu sein - aber anderswo.“

„Wenn Ihr Stallbursche einen Augenblick wegschauen würde, könnten Sie mich über den Felsrand stoßen“, schlug er vor. „Damit würde sich die dunkle Vorahnung meines Kammerdieners bestätigen, ebenso wie die Befürchtung meines Vaters, mit mir würde es einmal kein gutes Ende nehmen. Und alle wären glücklich.“
    Ihr Lächeln erstarb. „Wie kommt Ihr Vater dazu, eine derartige Befürchtung zu äußern? Ganz so hoffnungslos fehlerhaft werden Sie doch nun auch wieder nicht sein.“
    „Mein werter Vater findet, dass ich teuer und aufwendig in der Haltung bin“, erklärte er. „Und ehrlich gesagt bin ich das auch.“
    Sie betrachtete ihn einen Moment lang und ließ ihre blauen Augen vom Scheitel seines eleganten Hutes bis zu Spitze und Sohle seiner Reitstiefel wandern. „Dass Sie kostspielig sind, kann ich mir vorstellen.“
    Alistair sagte sich, dass sie ganz unmöglich etwas an seiner Garderobe auszusetzen finden könnte. Niemand würde daran jemals etwas auszusetzen finden. Dennoch spürte er, wie er unter ihrem kritischen Blick errötete, was ihn verärgerte.
    Er entdeckte ein wenig Schmutz auf seinen glänzend polierten Lederstiefeln, und ihm war, als ob der untere Saum seines Mantels schief sitze. Ganz sicher konnte er sich nie sein, ob seine Mäntel und Gehröcke akkurat so saßen, wie sie sitzen sollten, und das lag an seinem Bein. Das verdammte Bein verdarb einfach alles! Auch wenn sein Schneider diese Ansicht nicht teilte, so war Alistair doch davon überzeugt, dass sein linkes Bein seit Waterloo nicht nur lahm, sondern zudem kürzer war als sein rechtes. Nun wünschte er, dass er eine Reitjacke angezogen hätte, in der die Ungleichheit weniger offensichtlich zum Vorschein getreten wäre.
    Er merkte, wie Miss Oldridge ihn fragend ansah. „Und nicht nur meine Kleidung ist kostspielig“, fügte er hinzu.
    „Das dachte ich mir“, erwiderte sie. „Da wären auch noch die Balletttänzerinnen.“
    „Ja, die auch. Und die Rechtsstreitigkeiten. Und die Schuldnerarreste. Und ... Oh, die Liste ist ausgesprochen lang.“ „Rechtsstreitigkeiten“, wiederholte sie. „Schuldnerarrest. Ja, ja. Sie wachsen sich zu einem wahrlich schwierigen Fall aus.“ „Aber ich versuche, mich zu bessern“, versicherte Alistair.
    „Der Kanal ist ein in jeder Hinsicht lohnendes Vorhaben.“ „Und doch meinten Sie, Ihr Kammerdiener habe dunkle Vorahnungen.“
    „Nicht wegen des Kanals. Meinetwegen. Das hat Crewe häufig. Er ist überzeugt davon, in seinen Träumen die Zukunft Vorhersagen zu können.“
    Alistair begann, ihr den Traum von den Klippen zu erzählen, von dem unheimlichen grünen Licht und davon, dass Crewe genau diesen Traum auch schon in der Nacht vor Waterloo geträumt hatte.
    Als er damit fertig war, meinte sie: „Sollten Sie stürzen, könnten Sie sich durchaus den Hals brechen. Zu ertrinken wäre hingegen schwierig - das größte Gewässer hier ist der Briar Brook, ein kleiner Bach, der dazu nicht tief genug ist.“ „Dann dürfte es doch recht sicher für mich sein, Sie den Berg hinaufzubegleiten“, schloss er.
    „Mir scheint, Sie halten es eher für recht gefährlich. Wäre es sicher, würde die Aussicht darauf, den Berg zu besteigen, Sie ebenso langweilen wie alles andere bislang auch.“
    „Sie dachten, ich würde mich langweilen?“ Jetzt war es an ihm zu lächeln. „Nun ja, dann sind Sie vielleicht doch nicht gar so schlau, wie ich angenommen hatte.“

6. KAPITEL
    Mr Carsingtons golden schimmernde Augen tanzten vergnügt, und sein Lächeln - die vollständige Ausführung und nicht nur eine schiefe Andeutung - hatte verheerende Folgen.
    Mirabel sah rasch beiseite und begann, den Pfad hinaufzusteigen, derweil sie sich im Geiste Stockhiebe versetzte.
    Sie hatte angenommen, auch er sei die unerschütterliche aristokratische Selbstgewissheit in Person, die ihr so oft in London begegnet war und die sie ebenso unergründlich gefunden hatte wie ihr Vater das Fortpflanzungsverhalten von Flechten. Aber Mr. Carsingtons eleganter Schutzpanzer wies Schwachstellen

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