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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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Aber sie durfte nicht zulassen, dass sie seinem Charme erlag. Und ganz sicher beabsichtigte sie nicht, ihre Privatangelegenheiten mit ihm zu erörtern. „Ich weiß nicht, was Sie auf den Gedanken bringt, ich könne alles mir Mögliche aufbieten, nur um einen Mann in meiner Nähe zu wissen“, erwiderte sie gereizt.
    „Wie bedauerlich. Ich hatte mir bereits heimliche Begegnungen ausgemalt - vielleicht auf jener Hangterrasse, von der man einen so weiten Blick auf die romantische Moorlandschaft hat.“
    „Es steht Ihnen natürlich frei, sich vorzustellen, was immer Sie wünschen“, meinte sie und wiederholte damit fast wortgetreu seine anmaßende Antwort, die er ihr vor einigen Tagen gegeben hatte: „Ich möchte keineswegs eine rege Fantasie im Keim ersticken.“
    Er lachte. „Der Punkt geht an Sie, Miss Oldridge.“
    Als der Pfad eine scharfe Biegung machte, spürte Mirabel eine Veränderung in der Luft. Sie blickte besorgt nach oben. Der Himmel begann sich zuzuziehen. Sie blieb abermals stehen, doch diesmal war Mr. Carsington aufmerksam gewesen, und sie stießen nicht aneinander.
    Er stellte sich neben sie und stand ihr näher, als es an sich schicklich gewesen wäre. Sein Atem ging schwer - wahrscheinlich war er aus der Puste gekommen.
    Er konnte derartige Bergbesteigungen kaum gewohnt sein, und sicher schmerzte ihn auch sein Bein. „Ich glaube, das Wetter schlägt schneller um, als Sie angenommen haben“, meinte sie nun. „Vielleicht sollten wir besser umkehren.“
    Er maß den abweisend anmutenden Hang mit einem prüfenden Blick. „Lassen Sie uns noch ein wenig weitergehen. Wo ist eigentlich der Briar Brook?“
    „Nicht mehr weit von hier“, sagte sie. „Aber weiter oben gibt es fast überhaupt keinen Weg mehr, und der Anstieg ist noch viel steiler.“
    „Ja, es sieht ganz so aus“, meinte er. „Es ist Ewigkeiten her, seit ich zuletzt einen solchen Hang hinaufgekraxelt bin. Ich wüsste gern, ob ich es noch immer schaffe.“
    Mirabel war an sich versucht, es ihm auszureden, doch der sehnsüchtige Blick, den er in Richtung des unwegsamen Geländes warf, ließ sie verstummen.
    Er hatte ein leichtes Gebrechen, und sie vermutete, dass ihm dies mehr zusetzte, als er sich anmerken ließ. Es bedurfte zweifelsohne großer Anstrengungen, den Anschein müheloser Anmut zu wahren. Doch sosehr er sich auch anstrengen mochte, er würde sich nie wieder so anmutig und mühelos bewegen können, wie er es noch vor Waterloo vermocht hatte.
    Mirabel wünschte, er würde sich das nicht so sehr zu Herzen nehmen. Niemandem, der zwei Augen im Kopf hatte, würde Mr. Carsington je schwach und gebrechlich erscheinen. Aber selbst sie verfügte über so viel Feingefühl, ein so persönliches Thema nicht anzusprechen - ganz abgesehen davon, dass er ohnehin nicht auf ihren Rat gehört hätte.
    Stattdessen stimmte sie zu, noch weiter hinaufzusteigen, und er schaffte den Anstieg so gut und war so sehr erfreut und mit sich zufrieden, dass sie ihn noch weiter hinaufführte, als sie beabsichtigt hatte.
    Er hätte sich gleich denken können, meinte er, dass es keines anmutigen Ganges bedurfte, um über ein paar Steine zu steigen oder sie zu umgehen. „Denken Sie nur an Krebse“, sagte er. Mit übertriebenem Humpeln fing er an, sich seitwärts zu bewegen, und eilte so vor ihr den Hang hinauf.
    Mirabel lachte ausgelassen und warf den Kopf zurück. Genau in diesem Augenblick spürte sie die ersten Regentropfen fallen.
    Sie rief nach ihm.
    Er schenkte ihr jedoch keine Beachtung, sondern rannte weiter zwischen den Steinen umher, fast ebenso schnell und gewandt wie ein Krebs. Einen Moment später verfinsterte sich der Himmel, und die Regentropfen nahmen wahrlich sintflutartige Ausmaße an.
    Und gleich darauf sah Mirabel, wie Mr. Carsington ausrutschte und fiel und dann hinab in den Gebirgsbach stürzte. Dort blieb er liegen, fürchterlich reglos und still, bis sie zu ihm gelangte.
    Für einen Augenblick versank alles um ihn herum in Dunkelheit. Als Alistair wieder zu sich kam, wusste er kaum, ob es Tag oder Nacht war oder wo er sich überhaupt befand.
    Aus einem tief hängenden Himmel, der so düster war wie der Rauch eines Kohlenfeuers, peitschte kalter Regen herab. Alistair schloss die Augen und versuchte, an gar nichts zu denken, aber seine Gedanken waren kaum noch aufzuhalten.
    Wie schlimm hatte es ihn getroffen? Wie viele Wunden hatte der Feind ihm beibringen können? Wie lange würde es dauern, bis seine Kräfte ihn ganz

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