Ein unverschaemt charmanter Getleman
die man nie persönlich kennengelernt hat. Und doch bin ich mir sicher, dass auch Ihr Name einmal auftauchte. Nun ... was kann es nur gewesen sein?“
Sie nahm wieder auf dem Stuhl neben dem Bett Platz und gab vor, sich den Kopf zu zermartern.
Alistair seufzte. „Bitte bemühen Sie nicht unnötig Ihren Verstand“, ersuchte er sie. „Skandale, die mit meinem Namen verknüpft sind, gibt es zahlreich.“
Sie richtete ihren Blick wieder auf sein Gesicht und neigte den Kopf ein wenig zur Seite, um ihn aufmerksam zu betrachten.
Er war es nicht gewohnt, dass Frauen - dass irgendjemand - ihn so freimütig betrachtete. Er musste feststellen, es auch nicht gewohnt zu sein, dass jemand sich die Mühe machte. Niemand hatte es je für nötig befunden, genauer hinzusehen und sich zu fragen, was hinter der eleganten und charmanten Erscheinung verborgen sein mochte. Und nun fragte Alistair sich, ob es unter der sorgsam vollendeten Oberfläche wohl überhaupt etwas gab, das es wert war, entdeckt zu werden.
„Waren in all die Skandale auch Frauen verwickelt?“, wollte sie wissen.
„Ja, natürlich. Wenngleich ..."
„Wie viele Skandale waren es genau? Oder waren es zu viele, um sie sich in Ihrem geschwächten Zustand zu vergegenwärtigen? Denken Sie bitte daran, dass Sie Ihren Verstand nicht unnötig anstrengen sollen.“
Er rief sich die Liste seines Vaters ins Gedächtnis. „Sieben -nein, genau genommen acht.“
„Genau genommen.“ Ihre Miene war unergründlich.
„In einen Skandal waren zwei Frauen verwickelt. Aber das war auch mein letzter.“
„Demnach haben Sie dem Dasein als Wüstling abgeschworen. "
„Dazu hätte ich zunächst einmal einer sein müssen, was ich jedoch nie war. Aber als ob das etwas zur Sache täte“, fügte er gereizt hinzu. „Der Unterschied zwischen mir und einem Lebemann muss Ihnen als bloße Formsache erscheinen. Sie denken, dass ich eine wahrlich feine Haarspalterei betreibe. Was allerdings nicht heißt, dass Sie überhaupt über derlei Dinge nachdenken sollten oder dass es mir zugestanden hätte, einer Dame gegenüber von meinen Mätressen zu sprechen. Wenn ich nur wüsste, was in mich gefahren war, jemals die Balletttänzerin zu erwähnen! Ich muss völlig von Sinnen gewesen sein, was vielleicht an dieser infernalisch reinen Landluft liegt. Mir ist, als ob ich ganz benommen davon würde.“
„Um Himmels willen, ich wollte Sie nicht derart aufregen!“, versuchte sie, ihn zu beschwichtigen.
„Ich rege mich nicht auf“, log er. Er brannte vor Verlangen und war frustriert. Er durfte das Bett nicht verlassen, war spärlich bekleidet und hatte eine auch nur halbwegs bekleidete Frau in unmittelbarer Reichweite - das galt es zu ertragen, derweil alle übrigen Hausbewohner tief und fest schliefen. Alistair fand, nur ein Heiliger könne unter den gegebenen Umständen gelassen bleiben.
„Dr. Woodfrey meinte, Sie litten an einer Erschöpfung der Nerven“, teilte sie ihm nun mit.
„Der Nerven?“, wiederholte Alistair ungnädig. „Ich habe nicht einmal nennenswerte Nerven. Das können Sie sich von verschiedener Seite bestätigen lassen. Es gibt niemanden, der so unerschütterlich ist wie ich.“ Nach kurzer Bedenkpause fügte er hinzu: „Ich gestehe jedoch, dass ich Sie etwas provozierend finde. Aber ich bin überzeugt davon, dass Sie das mit Absicht machen - oh, natürlich nicht nur. Wahrscheinlich können Sie einfach nicht anders.“ Mit einer ungeduldigen Geste deutete er auf ihr Haar und ihr Kleid. „Es muss angeboren sein - so wie Unmusikalität.“ Er winkte sie verdrießlich fort. „Und nun gehen Sie bitte.“
Sie lächelte.
Oh nein.
Ihr Lächeln schlang sich um sein Herz und drückte es und drohte ihm auch noch den letzten Rest seines Verstandes zu rauben. „Sie belustigen sich darüber“, stellte er vorwurfsvoll fest. Ihr war die Gefahr nicht bewusst. Sie nahm sich in keiner Weise in Acht. Er würde sich für sie beide in Acht nehmen müssen - und das war wirklich zu viel verlangt nach einem solchen Tag und einer solchen Nacht.
„Sie belustigen mich“, berichtigte sie. „Sie sind der amüsanteste Mann, dem ich seit langem begegnet bin.“
Ein weiches Bett... eine warme Frau, die lachend in seinen Armen lag. Alistairs Puls raste.
Sein Blick schweifte suchend im Zimmer umher und fiel schließlich auf das Botanikbuch, das ihr Vater zurückgelassen hatte.
Das wunderbar einschläfernde Buch.
„Nun, Miss Oldridge, wenn Sie sich noch nicht losreißen können“,
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