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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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sein.
    Aus einer ganz bestimmten Denkweise heraus erklärte sich, dass er seine Lügen, Täuschungen und Tricksereien stets moralisch rechtfertigen konnte. Da Caleb keine allzu große Leuchte war, lief die Rechtfertigung meist auf eine recht schlichte Schlussfolgerung hinaus. Ein Beispiel: Dieser Bursche hat etwas, das ich nicht habe, und das ist nicht in Ordnung. Wenn ich es mir also von ihm nehme - ganz gleich wie habe ich die Sache in Ordnung gebracht.
    Vor elf Jahren hatte sich Miss Oldridge des Verbrechens schuldig gemacht, ihn davon abzuhalten, auch hinsichtlich des Vermögens ihres Vaters Ordnung zu schaffen. Mit der Begründung, er sei unfähig, hatte sie ihn ohne eine Referenz entlassen. Nach diesem Vorfall gab es im Umkreis mehrerer Meilen von Longledge niemanden mehr, der ihn beschäftigen wollte. Er hatte sich anderswo Arbeit suchen müssen.
    Ein weiserer Mann hätte sich dennoch glücklich geschätzt. Miss Oldridge hätte ihn ebenso gut wegen einer langen Liste von Eigentumsdelikten verklagen können. Sie hätte ihn einem Friedensrichter überantworten können, vor dem er sich für falsch geführte Bücher zu verantworten und das mysteriöse Verschwinden von Vieh, Erträgen und Nutzholz zu erklären gehabt hätte. Stattdessen hatte sie nur seinen Ruf geschädigt.
    Doch Caleb war ihr keineswegs dankbar. Er nutzte die Gelegenheit auch nicht für einen Neubeginn. Es war einfacher, über mehr als zehn Jahre einen Groll zu hegen und jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um ihr Unannehmlichkeiten zu bereiten.
    So war er beispielsweise sehr erfreut über das Vorhaben seines Dienstherrn, einen Kanal zu bauen, der durch Miss Oldridges Ländereien verlaufen und ihr somit ein beständiges Ärgernis sein würde.
    Und so kam es, dass Caleb, sobald er von Mr. Carsingtons Unfall gehört hatte, die Gelegenheit beim Schopfe griff und nach dem Gottesdienst das denkbar schlechteste Licht auf Miss Oldridge zu werfen begann. Er setzte eine fromme Miene auf und verkündete, er hoffe, es sei ein Unfall gewesen. Als er gefragt wurde, was er damit meine, wollte Caleb es seinen Zuhörern nur zu gern erklären. Er meine, sagte er, dass manche Leute sich bestimmt fragen würden, was denn beide da oben gemacht hätten - auf dem Hügel und an so einem Tag? Der Herr aus London wisse es sicher nicht besser. Aber was hatte die Dame sich nur dabei gedacht, ihn da hinaufzuführen? Und wo war eigentlich ihr Stallbursche die ganze Zeit gewesen? Warum war er denn nicht da, als es passiert war?
    Binnen weniger Minuten hatten sich derlei Bemerkungen in der Kirchengemeinde verbreitet, wo sie zumeist auf Ungläubigkeit und Ablehnung trafen, zum Beispiel: „Wie kommt der denn auf solche Ideen?“ oder „Dem ist wohl jedes einzelne Wort von Pfarrers Predigt durch eins seiner großen Ohren rein und durch das andere wieder rausgegangen“.
    Aber hier und da stießen seine Worte auf Gleichgesinnte, die ebenfalls nichts lieber taten, als andere schlecht zu machen - am liebsten andere, die hübscher oder wohlhabender oder bessere Menschen waren als sie selbst. Diese Leute beglückte es sehr, sich das Allerschlechteste auszumalen.
    Sie machten sich Calebs Version dessen, was wirklich geschehen war ; zu eigen, schmückten sie nach Belieben aus und gaben sie dergestalt an jedes andere kleingeistige Individuum ihrer Bekanntschaft weiter.
    Bis zum Sonntagnachmittag war das Gerücht auf diese Weise bereits in der Gemeinde angelangt, in der Miss Oldridge lebte.
    Captain Hughes lieferte Mrs. Entwhistle am frühen Nachmittag in Oldridge Hall ab.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte Crewe, der bereits bei Tagesanbruch eingetroffen war, gerade alle Habseligkeiten eingeräumt, die für einen Aufenthalt von wenigen Tagen als unerlässlich erachtet wurden.
    Laut Captain Hughes, der dem Patienten einen kurzen Besuch abgestattet hatte, war diese Grundausstattung „ausreichend, um die Mannschaft eines Schlachtschiffes bis auf den letzten Mann einzukleiden“.
    Aber er musste den Damen gegenüber eingestehen, dass Mr. Carsington sogleich ruhiger gewirkt habe, nachdem sein Kammerdiener alles ordentlich verstaut hatte.
    Als Mirabel ein wenig später das Krankenzimmer betrat, machte ihr Hausgast zudem einen entschieden eleganteren Eindruck. Doch auch der Bericht des Captains hatte sie nicht auf den Anblick vorbereiten können, der sich ihr nun bot.
    Mr. Carsington hatte es sich in einem weich gepolsterten Sessel vor dem Kaminfeuer bequem gemacht. Unter einem seidenen

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