Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
Vom Netzwerk:
nichts erinnern.“
    „Du lieber Himmel“, meinte sie, „darauf wäre ich nie im Leben ...“ Sie runzelte die Stirn. „Gedächtnisverlust. Das also meinte Papa ...“ Miss Oldridge verstummte und sah ihn an. „Sie haben Furchtbares durchgemacht. Es wäre nur zu verständlich. Und dann, als Sie gestern in den Briar Brook stürzten ...“
    „Auf meinen Kopf“, ergänzte er trocken.
    „Das muss die Erinnerungen wachgerüttelt haben.“
    „Noch sind es nur Erinnerungsfetzen“, erwiderte er. „Die Schlacht bleibt wie hinter einem Nebel verborgen - ein höllisches Getöse inmitten gewaltiger Rauchschwaden. Vielleicht war es ja wirklich so gewesen. Ab und an lichtet sich der Nebel ein wenig, und ich erlebe einen Moment der Klarheit. Aber nie sind es die entscheidenden Momente, nie jene ...“ Er zögerte. „Nie die Heldentaten, von denen Sie gelesen haben. An die kann ich mich noch immer nicht erinnern. Nur an das, was danach kam ... als der Lärm verstummt war, der Rauch sich verzogen hatte und die Stille wie nicht von dieser Welt zu sein schien. Ich komme wieder zu Bewusstsein, und alles ist dunkel. Ich werde von etwas niedergedrückt. Und da ist dieser unbeschreibliche abscheuliche Gestank.“
    Alistair hielt inne und schloss die Augen. Es war nicht nötig, dass sie das alles erfuhr. Was war nur in ihn gefahren?
    Er hatte bereits zu viel erzählt und war fast daran, noch mehr preiszugeben: seinen Traum, der so wirklich schien, so lebendig und vertraut. Jene endlosen Stunden, die er inmitten des Unrats, unter Toten und Kadavern gefangen verbracht hatte. Wie er glaubte, an dem Gestank ersticken zu müssen.
    „So viele Verwundete“, sagte sie leise. „So viele Tote. Zwei Soldaten sind auf Ihnen gestorben. Überall Tote und Verwundete. Ich habe an Sterbebetten gesessen, aber die Grauen eines Schlachtfeldes kann ich mir kaum vorstellen.“
    Ein Schlachthaus. Ein Höllensumpf. Er hatte geglaubt, dass man ihn nie finden würde, ihn längst aufgegeben hatte. Er wusste auch nicht, wie lange er dort gelegen hatte. Ihm war es vorgekommen, als seien Jahre vergangen, während deren er immer tiefer in den entsetzlichen Pfuhl hinabsank und langsam verweste.
    „Versuchen Sie nicht, es sich vorzustellen“, bat er sie.
    Ihre Blicke trafen sich. „Uns zu Hause“, meinte sie, „wird der Krieg als großartig und ruhmvoll geschildert. Aber ich wüsste nicht, wie er jemals etwas anderes sein sollte als elend und schmutzig, unvorstellbar barbarisch und grausam.“ Er hörte, wie ihr Atem kurz stockte, bevor sie hinzufügte: „Und herzzerreißend.“
    Sie muss dort jemanden verloren haben, der ihr etwas bedeutet hatte, dachte Alistair unwillkürlich. Das würde auch erklären, warum sie sich hier in die Abgeschiedenheit zurückgezogen hatte.
    „Haben Sie einen geliebten Menschen verloren?“, fragte er. „Bei Waterloo?“
    „Einen geliebten Menschen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Es ist der Verlust so vieler junger Leben, der mich zutiefst traurig stimmt.“
    Er beschloss, es dabei zu belassen. „Ja ... verlorene Leben -das ist in der Tat ein hoher Preis“, sagte er. „Aber es ist auch ehrenvoll, so zu kämpfen und zu sterben. Es gibt einem Mann Gelegenheit, etwas wahrhaft Lohnendes zu tun und sich zu beweisen. Und in gewisser Weise ist eine Schlacht großartig. Besonders dann, wenn sie gegen ein solches Ungeheuer wie Napoleon geführt wird. Näher kann man heute den Rittern der Heldensagen nicht mehr kommen, die einst tapfer gegen Drachen und böse Zauberer gekämpft haben.“
    Kaum hatte er das gesagt, bedauerte er seine Worte auch schon. Er klang wie ein kleiner Junge, der von seiner Märchenwelt schwärmte.
    Miss Oldridge betrachtete ihn mit unergründlicher Miene. Er hatte ihr zu viel offenbart. Sogleich wollte er eine geistreiche, ironische Bemerkung machen, doch noch bevor er seinem halb wachen Verstand eine solche abgerungen hatte, kam Miss Oldridge ihm schon zuvor.
    „Wie kompliziert Sie sind“, befand sie. „Kaum bin ich mir sicher, Sie durchschaut zu haben, sagen oder tun Sie etwas, das all meine trefflichen Theorien untergräbt.“
    „Sie haben Theorien über mich?“, bemerkte er leichthin und ergriff die Gelegenheit, die Unterhaltung in eine andere Richtung zu steuern. „Wollen Sie damit andeuten, dass Sie in Ihrem geschäftigen und verantwortungsreichen Leben Zeit haben, sich über mich Gedanken zu machen?“
    „Ich nehme mir die Zeit“, erwiderte sie kühl. „Genauso, wie der Duke of

Weitere Kostenlose Bücher