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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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Kaffee zu ordern. Madeleine hörte Stimmen im Flur. Sie ordnete ihre Frisur und kam sich plötzlich unbeholfen vor. Sie atmete noch einmal tief durch und erkannte dann, dass Poul sie beobachtete. Im ersten Moment wurde sie nervös, aber dann meinte sie zu sehen, dass er sie freundlich anlächelte. Er sah müder aus als bei ihrer letzten Begegnung nach der Beerdigung. In sein Gesicht hatten sich Falten gepflügt. Es sah einem Totenkopf ähnlicher, als sie es in Erinnerung hatte.
    »Als Erstes möchte ich dir für deine Unterstützung in dieser furchtbaren Zeit danken, Poul.«
    »Das ist doch nicht der Rede wert.«
    »Deine Briefe an uns in Dorpat haben uns viel bedeutet. Auch wenn Andreas nur selten in der Lage war, sie selbst zu lesen.«
    Sie sah aus dem Fenster. Es herrschte völlige Dunkelheit. In der kurzen Zeit, die sie für den Weg vom Bahnhof nach Vårstavi benötigt hatte, war der letzte Rest Tageslicht verschwunden.
    »Seine Vorlesungen wurden sehr geschätzt«, fuhr sie fort. »Das habe ich von verschiedenen Seiten gehört, von Kollegen und Schülern. Aber er war ihren Erwartungen nicht gewachsen.«
    »Ich verstehe.«
    »Er war immer sehr darauf bedacht, dass die finanziellen Dinge geregelt wurden. Was Sören Christer betrifft, meine ich. Dir sind vielleicht noch nicht alle Auslagen erstattet worden?«
    »Mach dir keine Gedanken darüber.«
    »Ich sollte wohl nicht klagen, ich durfte glücklich sein. Ja, ehrlich gesagt glücklicher, als man verlangen kann. Irgendwie war es meine Bestimmung, Andreas bei seiner Arbeit zu unterstützen.«
    Sie seufzte. Warum habe ich das gesagt? Sie war gerade erst angekommen und redete schon in einem fort über Andreas.
    »Ah!«, sagte Poul und stand auf. »Da kommt Signhild mit dem Kaffee.
    Sie strich ein paar Falten aus ihrem Rock, richtete sich im Sitzen auf und setzte noch einmal neu an:
    »Poul, entschuldige bitte, dass ich nur von mir rede. Was ist mit Gunhild? Ich hoffe, es geht ihr besser.«
    »Sie liegt leider im Bett. Einen Keks?«
    »Danke.«
    Sie nahm einen Bissen. Der Keks war knochentrocken auf ihrer Zunge. Sie versuchte zu schlucken, musste aber den Kaffee zur Hilfe nehmen, um die trockenen Krümel hinunterschlingen zu können. Vorsichtig legte sie den restlichen Keks in die Serviette und lächelte verlegen. Poul erwiderte ihr Lächeln so freundlich wie zuvor.
    »Hast du etwas von Sören Christer gehört?«
    Poul schüttelte den Kopf.
    »Er weiß bestimmt noch nicht, was passiert ist«, fuhr Madeleine mit resignierter Stimme fort. »Der arme Junge. Ich habe gehofft, dass es ihm in Argentinien gut gehen wird … dass sich die Dinge dort für ihn zum Besseren wenden würden. Aber …«
    »Australien«, sagte Poul. »Sören Christer ist nach Australien gereist.«
    Es wurde still, und Poul füllte ihre Kaffeetassen. Beide tranken einen Schluck. Als Madeleine ihre Tasse abstellte, klapperte sie.
    »Ja, natürlich. Nicht Argentinien. Obwohl das Land auch im Gespräch war, stimmt’s? Australien, so weit von der Heimat entfernt, wie es nur geht. Auf der anderen Seite der Welt …«
    »Richtig«, meinte Poul. »Weiter weg kommt man nicht.«
    »Obwohl es natürlich von Vorteil ist, dass er die Sprache beherrscht.«
    »Selbstverständlich.«
    »Denn Spanisch spricht er ja nicht, oder doch?«
    Poul schüttelte den Kopf.
    Erneutes Schweigen. Sie betrachtete ihn und sah ihn entspannt, mit übereinandergeschlagenen Beinen, dasitzen.
    »Ich möchte dir für deine schöne Rede auf der Beerdigung danken, Poul.«
    »Das ist nett von dir.«
    »Ich frage mich … du hast sie nicht zufällig schriftlich festgehalten? Einer von Andreas’ Schülern stellt ein Buch über ihn und seine Arbeit zusammen. Ich würde ihm die Rede gerne zusammen mit einer Reihe von Zeitungsausschnitten schicken. Sie wollen zu Ehren von Andreas in Dorpat eine Gedenkfeier abhalten.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass du sie bekommst.«
    »Da ist noch etwas, es geht um die Beerdigung. Es war wirklich bedauerlich, dass Mörner, dieser Brudermörder, aufgetaucht ist.«
    Poul schüttelte betreten den Kopf.
    »Ja, ich weiß«, fuhr Madeleine fort. »Ich habe keine Ahnung, wie es dazu kommen konnte.«
    »Ich war sehr erstaunt über seine Anwesenheit.«
    »Andreas hat so viel Energie in seine Arbeit an dem Buch gesteckt. Offenbar hat er dabei engen Kontakt zu diesen Mördern bekommen.«
    »Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass er im Gefängnis eher wohlwollend als scharfsinnig aufgetreten ist.«
    Madeleine hatte

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