Ein Vampir für alle Fälle
Alcide hatte mir nichts als Ärger eingebracht.
Ich war fast erleichtert, dass diese Ungerechtigkeit endlich eine Art Wut in mir auslöste. Doch da schob mein besseres Ich dem schon wieder einen Riegel vor. Es war nicht Alcides Fehler, dass Debbie Pelt ein mordgieriges Miststück gewesen war, und es war auch nicht Alcides Fehler, dass Patrick Furnan beim Leitwolf-Wettkampf betrogen hatte. Und genauso wenig war Alcide dafür verantwortlich, mit welch eigenwilliger und blutrünstiger Strategie Furnan das Rudel auf sich einzuschwören versuchte. Ich fragte mich, ob dieses Verhalten auch nur ansatzweise typisch für einen Werwolf war, und kam zu dem Schluss: Es war wohl einfach bloß typisch für Patrick Furnan.
Als das Telefon klingelte, sprang ich vor Schreck fast im Dreieck. »Hallo?« Ich war ganz unglücklich darüber, wie ängstlich meine Stimme klang.
»Der Werwolf Herveaux hat mich angerufen«, sagte Eric. »Er hat mir bestätigt, dass er sich mit seinem Leitwolf im Krieg befindet.«
»Und das musstest du dir von Alcide erst bestätigen lassen?«, fragte ich. »Meine Aussage hat dir nicht gereicht?«
»Ich habe nach einer Alternative zu der Theorie gesucht, dass du überfallen wurdest, weil irgendwer Alcide einen Schlag versetzen wollte. Niall hat dir doch sicher gesagt, dass er Feinde hat?«
»Mhm.«
»Ich habe mich gefragt, ob einer dieser Feinde sehr rasch gehandelt hat. Wenn Werwölfe Spione haben, warum dann nicht auch Elfen?«
Ich grübelte einen Moment. »Also hat Niall durch das Treffen beinahe meinen Tod verursacht.«
»Aber er war klug genug, mich zu bitten, dich nach Shreveport und auch wieder nach Hause zu fahren.«
»Also hat er mir das Leben gerettet, nachdem er es zuerst riskiert hat.«
Schweigen.
»Eigentlich«, sagte ich, wieder etwas gefestigter, »hast du mir das Leben gerettet, und dafür bin ich dir dankbar.« Fast erwartete ich schon, dass Eric mich fragen würde, wie dankbar genau ich ihm denn sei, und auf den Kuss zu sprechen käme... doch er sagte immer noch nichts.
Gerade als ich bereit war, irgendeine dumme Bemerkung zu machen, nur um das Schweigen zu brechen, sagte er: »Ich werde mich in diesen Werwolfkrieg nur einmischen, um unsere Interessen zu wahren. Oder um dich zu verteidigen.«
Jetzt fehlten zur Abwechslung mir mal die Worte. »Okay«, hauchte ich.
»Wenn du Ärger kommen siehst, wenn sie dich noch tiefer mit hineinziehen wollen, ruf mich sofort an«, forderte Eric. »Ich glaube, dass der Mörder tatsächlich vom Leitwolf geschickt wurde. Auf jeden Fall war er ein Werwolf.«
»Alcides Leute haben ihn an meiner Beschreibung erkannt. Der Kerl, ein Lucky Sowieso, war erst vor Kurzem von Furnan als Mechaniker angestellt worden.«
»Seltsam, dass er einen solchen Auftrag jemandem erteilt, den er kaum kennt.«
»Und den er auch nie mehr richtig kennenlernen wird.«
Eric lachte kurz auf. »Ich werde mit Niall über diese Sache nicht mehr sprechen. Aber er weiß natürlich, was passiert ist.«
Einen Moment lang spürte ich albernerweise einen kleinen Stich, weil Niall nicht sofort zu mir geeilt war oder mich angerufen und gefragt hatte, ob alles okay sei. Herrje, ich hatte ihn erst einmal gesehen, und schon war ich beleidigt, dass er sich nicht wie ein Kindermädchen um mich kümmerte.
»In Ordnung, Eric, danke.« Nachdem er sich verabschiedet hatte, legte ich auf. Ich hätte ihn noch mal auf mein Geld ansprechen sollen, aber die Energie hatte ich nicht mehr aufgebracht. Und es war ja auch nicht Erics Problem.
Ich war die ganze Zeit furchtbar nervös, während ich mich bettfertig machte, doch es geschah überhaupt nichts, wovor ich hätte Angst haben müssen. Etwa fünfzigmal ermahnte ich mich, dass Amelia das Haus doch mit Magie versiegelt hatte. Das würde wirken, ob sie nun hier war oder nicht.
Und ich hatte ziemlich gute Schlösser an den Türen.
Und ich war todmüde.
Schließlich schlief ich ein. Doch mehr als einmal wachte ich auf und lauschte nach einem Mörder.
Kapitel 8
Am nächsten Morgen erwachte ich mit schweren Lidern. Ich fühlte mich benommen und hatte Kopfschmerzen. Es war wohl das, was man einen Katzenjammer aufgrund von emotionalem Stress nennt. So konnte es nicht weitergehen. Noch so eine Nacht wie diese würde ich nicht durchstehen. Sollte ich Alcide anrufen und ihn fragen, ob er mit seinen ... äh, Soldaten in Feldbetten schlief? Vielleicht würden sie mir ja eine Ecke überlassen? Doch allein schon die Vorstellung, für
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