Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Vampir für alle Fälle

Ein Vampir für alle Fälle

Titel: Ein Vampir für alle Fälle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
Freundin, sondern wie eine Angestellte behandelte. Das tat weh, umso mehr, weil er recht hatte. Zwar war ich nach außen hin höflich geblieben - aber wenn sie diese T-Shirts nicht getragen hätten, hätte ich auch ihre letzten blöden Bemerkungen kommentarlos an mir abprallen lassen. Denn das Merlotte's gehörte nicht mir. Es gehörte Sam. Und wenn die Gäste nicht wiederkamen, hatte er die Folgen zu tragen. Ich indirekt natürlich auch, falls er Kellnerinnen entlassen musste.
    »'tschuldigung«, sagte ich, obwohl es mir nicht leichtfiel, setzte ein Lächeln auf und ging eine unnötige Runde an meinen Tischen machen, eine, die vermutlich die Grenze von aufmerksam zu nervig bereits überschritt. Doch wenn ich jetzt aufs Angestelltenklo oder die Damentoilette für Gäste verschwunden wäre, hätte ich bloß geheult. Es tat einfach so weh, zurechtgewiesen zu werden, und das auch noch zu Recht. Doch am schlimmsten war, dass ich auf meinen Platz verwiesen worden war.
    Als das Merlotte's an diesem Abend schloss, ging ich so rasch und unauffällig wie möglich. Ich musste über meine Gekränktheit hinwegkommen, das wusste ich, aber dann doch lieber allein zu Hause. Ich wollte keine »netten kleinen Gespräche« mit Sam führen - und auch mit keinem anderen, wenn wir schon dabei sind. Meine Kollegin Holly sah mich bereits viel zu neugierig an.
    Also schnappte ich mir meine Handtasche und lief, die Schürze noch umgebunden, auf den Parkplatz. An meinem Auto lehnte jemand. Tray. Aber bevor ich ihn erkannte, erschrak ich gewaltig.
    »Rennen Sie vor irgendwas davon?«, fragte er.
    »Nein, ich renne zu irgendwas hin«, sagte ich. »Was machen Sie denn hier?«
    »Ich fahre auf Ihrem Heimweg hinter Ihnen her«, erwiderte er. »Ist Amelia zu Hause?«
    »Nein, sie ist ausgegangen.«
    »Dann durchsuche ich auf jeden Fall auch Ihr Haus.« Und schon stieg der Riesenkerl in seinen Pick-up und folgte mir auf meinem Weg hinaus zur Hummingbird Road.
    Es gab keinen Grund, der dagegen sprach. Ich fand es sogar richtig gut, dass mich jemand begleitete, jemand, dem ich vertraute.
    Mein Haus stand noch genauso da, wie ich oder vielmehr wie Amelia es verlassen hatte. Die Außenbeleuchtung war automatisch angesprungen, und Amelia hatte sowohl die Lampe auf der hinteren Veranda als auch die über der Spüle in der Küche angelassen. Mit dem Schlüssel in der Hand ging ich auf die Tür zu.
    Tray packte mich mit seiner großen Hand am Arm, als ich gerade den Türknauf drehen wollte.
    »Keiner da.« Ich hatte ja meine eigene Methode, das zu überprüfen. »Und Amelia hat das Haus mit Magie versiegelt.«
    »Bleiben Sie hier, ich sehe mich mal um«, sagte Tray leise. Ich nickte und ließ ihn gewähren. Nach einem kurzen Moment der Stille öffnete er die Tür von innen und sagte, ich könne in die Küche kommen. Ich wollte ihn schon auf seinem Rundgang durch den Rest des Hauses begleiten, doch Tray sagte: »Ich trinke gern 'ne Coke, wenn Sie eine dahaben.«
    Mit diesem Appell an meine Gastfreundschaft lenkte er mich augenblicklich von meinem Vorhaben, ihn zu begleiten, ab. Meine Großmutter hätte mir eins mit der Fliegenklatsche verpasst, wenn ich für Tray nicht sofort eine Coke geholt hätte.
    Als er in die Küche zurückkam und erklärte, es seien keine Eindringlinge im Haus, stand auf dem Tisch bereits ein Glas eisgekühlte Coke, und daneben lag ein Sandwich mit einer Scheibe kaltem Hackbraten. Und eine gefaltete Serviette.
    Wortlos setzte sich Tray, legte sich die Serviette auf den Schoß, aß das Sandwich, trank die Coke. Ich hatte mir auch was zu trinken eingeschenkt und ihm gegenüber Platz genommen.
    »Hab gehört, Ihr Freund ist verschollen«, sagte er, als er sich den Mund mit der Serviette abwischte.
    Ich nickte.
    »Was ist ihm zugestoßen? Was glauben Sie?«
    Ich erklärte ihm die Umstände. »Und seitdem habe ich kein Wort mehr von ihm gehört«, beendete ich die Geschichte, die ich schon fast automatisch abspulen konnte. Vielleicht sollte ich sie mal auf Band aufnehmen?
    »Klingt nicht gut«, war alles, was Tray sagte. Irgendwie gefiel mir seine ruhige, undramatische Art, über ein so heikles Thema zu sprechen. Und nach kurzem, nachdenklichem Schweigen fügte Tray hinzu: »Hoffentlich finden Sie ihn bald.«
    »Danke. Ich wüsste wirklich gern, wie's ihm geht.« Was die reinste Untertreibung war.
    »Also, ich mach mich dann besser mal auf den Weg«, sagte Tray. »Wenn Sie nachts irgendwie nervös werden, rufen Sie mich an. Ich kann

Weitere Kostenlose Bücher